Campus-Web Bewertung: 4/5
   
Eine Gruppe Jugendlicher beschließt, anstatt den Tag in der Schule zu verbringen, im Wald abzuhängen und mit einem "geliehenen" Moped durchs Gehölz zu brettern. Doch mit dem gemütlichen Zeittotschlagen ist plötzlich Schluss, als zwei der Teenies einen unbekannten Spaziergänger anfahren und die Flucht ergreifen, ohne dem Mann zu helfen. Wenige Zeit später gesellt sich der Mann zu der Gruppe, offensichtlich ein obdachloser Wegelagerer, der angeblich seinen Hund "Jesus" sucht. Als Wiedergutmachung für den vorangegangenen Mopedcrash helfen die Jugendlichen dem Mann bereitwillig bei der Suche. Zuerst scheint der Fremde ein freundlicher, etwas kauziger, Zeitgenosse zu sein. Er bringt die Kids zum Lachen, bespannt mit den Jungs zusammen ein Pärchen beim Sex im Auto und verteidigt sie gegen zwei gemeine Skater-Prolls. Doch als der Mann plötzlich einen der Jungen mit Schlägen und Tritten attackiert und dann auch noch seine (Luft-)Pistole rausholt, ist der Spaß plötzlich vorbei. Was folgt, ist eine extreme Härteprobe für die jungen Menschen und ein jähes Ende ihrer jugendlichen Unbeschwertheit.

Summer Scars ist der zweite Film, den ich mir nach dem grandiosen Midnight Meat Train im Rahmen des Fantasy Filmfestes im Kölner Cindedom angeschaut habe. Hierbei handelt es sich um den neuen Film des britischen Regisseurs Julian Richards, der bereits mit Darklands und dem vieldiskutierten Serienkiller-Streifen The Last Horror Movie auf sich aufmerksam machen konnte. Im Vergleich zum letztgenannten macht Summer Scars zunächst einen recht harmlosen Eindruck. Richards lässt sich Zeit, um seine jugendlichen Protagonisten vorzustellen und beim Zuschauer die nötige Sympathie ihnen gegenüber hervorzurufen. Als der ominöse Unbekannte auftaucht, ist ziemlich schnell klar, dass man diesem Psychotiker nicht trauen kann, während die Teenies in ihrer jugendlichen Naivität ein wenig länger, ja zu lange brauchen, um die Gefahr zu erkennen, die ihnen droht. Die Kids haben den Fehler begangen, vor dem Eltern immer warnen: "Sprich nicht mit Fremden".
Summer Scars, GB 2007
Verleih: profilicfilmsd
Genre: Thriller-Drama
Filmlaufzeit: 75 min
Regie: Julian Richards
Darsteller: Kevin Howarth, Claran Joyce,
Darren Evans, Amy Harvey, Jonathan Jones
Deutscher Kinostart: nicht bekannt


Dass Eltern manchmal auch Recht haben können, müssen die Jugendlichen nun auf schmerzhafte Weise erfahren und sie werden sich auch eigenständig aus dieser Situation wieder herausmanövrieren müssen. Da geht sie hin, die kindliche Unbeschwertheit, die der erwachsene Zuschauer schon lange hinter sich gelassen hat, weil er schon hundertmal in den Medien von pädophilen Straftätern gehört hat und weiß, wozu Menschen fähig sein können. Man erkennt in dem Mann sehr bald den Archetyp eines bedrohlichen Perversen, die Jugendlichen in dem Film allerdings akzeptieren den deutlich älteren Mann zuerst bereitwillig als Gruppenmitglied, bevor er sich ihnen schließlich offenbart. Aus diesem Wissensvorsprung des erwachsenen Zuschauers schöpft der Film seine Spannung, die bis zum Ende kontinuierlich ansteigt, bis die Situation eskaliert und ein Todesopfer fordert. Dieser Sommer hinterlässt Narben!

Obwohl der Film in der freien Natur spielt, wirkt er größtenteils nahezu kammerspielartig, da die Handlung fast ausschließlich an einem begrenzten Ort stattfindet, den zu verlassen der fremde Mann den Kids noch verboten hat. Trotz des reduzierten Handlungsraumes kommt keine Langeweile auf. Das ist vor allem den Schauspielern zu verdanken, gerade die größtenteils unbekannten Jungdarsteller spielen absolut überzeugend und glaubwürdig. Außerdem sind die Darsteller wirklich noch Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren und nicht wie in anderen Teenie-Filmen bereits Mitte zwanzig. Kevin Howarth spielt seine Rolle als psychotischer Obdachloser ebenfalls mit einer enormen Eindringlichkeit, die seiner Performance als Serienkiller in The Last Horror Movie in nichts nachsteht. Neben den talentierten Darstellern verleiht der HD-Look des Films der Geschichte die nötige Authentizität. Der Film basiert übrigens auf einer wahren Begebenheit.

Summer Scars ist ein gelungener Thriller, der bevorzugt Eltern von jugendlichen Kindern als Warnung dienen sollte. Diejenigen, die von Julian Richards einen ähnlich herben Schocker wie The Last Horror Movie erwartet haben, könnten allerdings enttäuscht werden - graphische Gewaltexzesse sucht man in diesem Film vergebens, dafür ist er darstellerisch topbesetzt und ein Musterbeispiel gekonnten Spannungsaufbaus. Warum der Film beim FFF in Köln relativ schlecht besucht war - vielleicht gerade mal 100 Leute verfolgten den Film betroffen schweigend - kann ich mir nicht erklären. Der Film hat ein größeres Publikum definitiv verdient.

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