campus-web Bewertung: 4/5
   
 

   
 

   
Walter Vale ist ein mürrischer Einzelgänger und ein Unsympath, wie er im Buche steht. Seine Lehrtätigkeit an der Uni ist längst zur Routine geworden, seinen Studenten und seiner Arbeit schenkt er nur noch wenig Aufmerksamkeit. Der Versuch, im Musizieren etwas Lebensfreude zu finden, ist gerade an der 5. Klavierlehrerin gescheitert. Der Witwer möchte einfach nur seine Ruhe, da kommt ihm ein beruflicher Ausflug ins laute New York nicht gerade gelegen. In seiner New Yorker Wohnung erwartet ihn eine Überraschung: Er findet ein junges Pärchen vor. Tarek aus dem Sudan und Zainab aus Senegal haben dort Unterschlupf gefunden.

Walter entdeckt auf einmal sowas wie Mitgefühl iin sich und gewährt den illegalen Einwanderern weiter Unterschlupf. Der lebensfrohe, unbeschwerte Tarek fasziniert ihn mit seiner Einstellung, seiner Musik und schon bald sitzt der sonst so stille und zurückhaltende Professor Vale mitten im Park und trommelt, bis die Finger schmerzen.

Doch schon bald wird die vorübergehende Idylle zerstört: durch einen unglücklichen Vorfall wird Tarek als illegaler Einwanderer entdeckt und findet sich schon bald in Abschiebehaft wieder. Walter setzt alle Hebel in Bewegung, um seinem neuen Freund zu helfen. Und ganz nebenbei entwickeln sich dabei ganz zarte Bande zu Tareks Mutter, die nach New York gereist ist, um ihrem Sohn zu helfen.

Ein Sommer in New York
(The Visitor), USA 2007

Verleih: Pandastorm Pictures
Genre: Drama
Filmlaufzeit: 103 min
Regie/Drehbuch: Tom McCarthy
Darsteller: Richard Jenkins, Hiam Abbass,
Haaz Sleiman, Danai Gurira
Kinostart: 14.01.2010


Ein Sommer in New York erzählt seine Geschichte in ruhigen, unaufgeregten Bildern ohne hektische Schnitte oder visuelle Effekte, die von der Geschichte ablenken könnten. Autor und Regisseur Tom McCarthy widmet sich in Ein Sommer in New York voll und ganz seinen wenigen Figuren, die alle ein Schicksal haben - jede Figur hat eine eigene Geschichte, die im Verlauf des Films zusammenfinden und wieder getrennt werden. Im Mittelpunkt steht Walter - der vor dem Leben resigniert, obwohl er alles hat. Erst die Begegnung mit Menschen, die täglich um ihre Existenz kämpfen müssen und dennoch ihre Lebensfreude nicht verloren haben, weckt ihn aus seinem Dornröschenschlaf. Der Zufall führt ein paar Menschen zusammen, öffnet ihnen die Augen füreinander, gibt ihnen Halt. Mit subtilen Mitteln zeichnet McCarthy das Bild eines New Yorks, das sich nach dem 11. September verändert hat und plädiert für Toleranz und etwas mehr Menschlichkeit, die so oft vor der Bürokratie oder gar Gleichgültigkeit resignieren muss.

Ein Sommer in New York stochert in offenen Wunden. In Zeiten, wo die Terrorangst allgegenwärtig ist, paranoide Züge annimmt, sich gegen bestimmte Randgruppen richtet und zu Pauschalisierungen führt, blickt man nur selten auf die "andere Seite" und vergißt nur allzuschnell die Einzelschicksale, die dahinter stehen. McCarthy gelingt es mit seinem sanften Drama, auch ohne erhobenen Zeigefinger die Mißstände einer überzogenen Einwanderungspolitik aufzudecken. Da verzeiht man kleinere dramaturgische Ungereimtheiten gern.

Wer sich auf die ungewöhnlich ruhige und unspektakuläre Erzählweise McCarthys einlassen kann, wird mit gut gezeichneten Charakteren und einer berührenden kleinen Geschichte belohnt, die trotz aller Widrigkeiten immer wieder kleine Glücksmomente für ihre Figuren bereit hält und bis zum Schluss nicht in Hoffnungslosigkeit versinkt.



Weitere Informationen auf der offiziellen Homepage oder bei Facebook

Artikel drucken