Was denkt sich Mark Whitacre (Matt Damon, Ocean’s 11, Good Will Hunting) nur dabei? In dem gigantischen Agrarkonzern Archer Daniels Midland (ADM) hatte er eine glänzende Karriere vor sich - 1992 verrät er plötzlich seinen Arbeitgeber ans FBI: Weil es um multinationale illegale Preisabsprachen geht, sieht er sich bereits als aufrechten Einzelkämpfer, der am Ende mit einer Beförderung belohnt wird. Doch zunächst braucht das FBI handfeste Beweise - Whitacre ist sofort bereit, mit dem in seinem Aktenkoffer versteckten Rekorder Gespräche aufzuzeichnen: Er kommt sich dabei wie ein Geheimagent vor. Leider findet das FBI bald heraus, dass dieser Hauptzeuge seine eigenen Unterschlagungen in der Firma tunlichst verschwiegen hat. Weil Whitacre seine Aussagen immer wieder ändert, sind die zuständigen Agenten (Scott Bakula, American Beauty, Joel McHale, Spiderman 2) völlig frustriert, denn damit steht das gesamte Verfahren gegen ADM auf dem Spiel - inzwischen lässt sich nicht mehr auseinanderhalten, wann Whitacre die Wahrheit sagt und wann seine Fantasie mit ihm durchgeht.

Die Verfilmung der auf wahren Begebenheiten beruhenden Geschichte von Mark Whitacre hätte wohl in jedem Genre angesiedelt werden können. Industriespionagefilm, Krimikracher, Thriller oder auch Drama. Der Oscar-prämierte Starregisseur Steven Soderbergh (Traffic – Macht des Kartells, Ocean’s 11-13) hingegen strickt aus der unglaublichen Geschichte eine schwarze Komödie. Was am Anhieb vielleicht nicht zusammenpasst, wird schon in den ersten Filmminuten passend gemacht:

Trotz einiger Längen und anfangs sehr verworrenerer Story (Achtung! Aufpassen!), steckt dieser Film voller witziger Ideen: Zum einen ist da die schrecklich-schöne 90er-Jahre-Optik inklusive schreiender Krawatten (alle tragen abfallende Streifen; Whitacre selbst als Außenseiter, der er nun mal ist, ein wildes Fleckenmuster). Der Soundtrack tut sein Übriges: Selbst die dramatischsten Szenen dieser eigentlich im Kern auch sehr ernsten Geschichte werden begleitet von einer Art stets fröhlichen Fahrstuhlmusik. Im Rahmen dieser Untermalung erscheint Whitacre wie einer klassischen Screwballkomödie entsprungen. Einen weiteren Clou des Films und gleichzeitig den roten Faden der Story bilden Whitacres Monologe. Der Zuschauer befindet sich somit quasi "im Kopf des Lügenbarons"und wird durch die perfekt getimten Infohäppchen sowie die daraus resultierenden Wendungen der Geschehnisse aber stets aufs Neue überrascht.

Neben Steven Soderbergh als erstklassigem Regisseur sei auch George Clooney zu nennen, der u.a. als Executive Producer bei diesem Projekt mitwirkte. Sein „Buddy“ Matt Damon überzeugt schauspielerisch als übergewichtiger Gauner Whitacre (Erleichterung für alle Fans, welche die Paparazzo-Fotos des Frühjahrs gesehen habe – Damon hat für eine Rolle zugenommen). Damons jungenhafter Charme wird durch Schnurrbart und Wohlstandsbauch lediglich verdeckt. Auch Scott Bacula und Joel McHale als leicht vertrottelte überambitionierte FBI-Agenten sorgen für einige Schmunzler. Ansonsten ist der Film gespickt mit mehr oder weniger bekannten Comedy-Darstellern: Melanie Lynskey – sonst als Stalkerin Rose in der US-Serie Two and a half men zu sehen – spielt Whitacres loyale aber hochgradig naive Frau Ginger. Der deutsche Ludger Pistor (Balko) taucht überraschend als Whitacres Schweizer Geschäftspartner auf und scheint somit in Hollywood spätestens seit seinen Auftritten in Casino Royale und Inglourious Basterds als sicherer Kandidat für kleine aber feine Cameo-Auftritte mit deutschem Akzent zu gelten.
Der Informant!
(The Informant!), USA, 2009

Verleih: Warner Bros.
Genre: Kriminalfilm/Komödie
Filmlaufzeit: 108 Minuten
Regie: Steven Soderbergh
Darsteller: Matt Damon, Scott Bakula, Joel McHale, Mike O'Malley, Andrew Daly, Melanie Lynskey
Kinostart: 5.11.2009


Insgesamt ist Der Informant! eine gelungene Farce. Der Zuschauer muss am Anfang ganz genau aufpassen und darf sich bloß nicht von Nebenmann oder -frau ablenken lassen, sonst wird die Story vermehrt unübersichtlich. Gelingt es ihm aber, sich zu konzentrieren, sind einige Lacher garantiert und die wirklich unfassbar skurrile aber wahre Geschichte beschert bestimmt einen amüsanten Kinoabend.

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