campus-web Bewertung: 4/5
   
 

   
 

   
Gestern gab es vom Chef noch neue Kittel als Zeichen der Anerkennung. Jetzt steht die Fabrikhalle leer: die Maschinen nach Asien verschifft, die wackere Frauentruppe verschaukelt. Was tun mit der Abfindung? Eine Pizzeria eröffnen? Einen Nacktkalender herausbringen? "Ach nöö", denkt sich die grobschlächtige Louise (Yolande Moreau, Die fabelhafte Welt der Amélie). "Das reicht für ’nen Profi – lasst uns den Boss abknallen!" Nach kurzer Abstimmung per Handzeichen sind sich alle einig: Der miese Boss muss dran glauben. Doch die Suche nach einem Auftragskiller erweist sich als gar nicht so einfach - bis Louise zufällig Michel (Bouli Lanners, Asterix bei den Olympischen Spielen) begegnet, gerade als diesem versehentlich eine Pistole aus der Jacke fällt. Der abgebrannte Wachmann eines Trailerparks hat zwar keine Ahnung vom Schießen, gibt für die enttäuschten Frauen aber den professionellen Berufsmörder. Und so begeben sich Louise und Michel auf eine kuriose Odyssee, die Jagd nach dem Boss…

Die Regisseure Gustave Kervern und Benoît Delépine sind hierzulande zwar noch nicht so bekannt, in ihrer Heimat Belgien sind sie jedoch für ihren eigenen tiefschwarzen Humor bekannt. Im Rahmen des Filmfests von San Sebastián 2008, bei dem Louise hires a contract killer den Preis für das beste Drehbuch bekam, versprachen sie derjenigen Person einen mitgebrachten Schinken, welche ihnen die beste Frage stellt. Skurrile Auftritte wie diese sind nicht ungewöhnlich für Kervern und Delépine. Und auch ihr neuestes Werk passt nur zu gut zu ihrem schrulligen Ruf. Louise hires a contract killer steckt voll absonderlicher und eigenbrötlerischer Charaktere, die allesamt einen Knall haben. Mannsweib, Ex-Knacki und Analphabetin Louise fängt Tauben mit Mausefallen, Hasen mit Koffern und vergisst schlichtweg, dass das Hochhaus, in dem sie wohnt, eingerissen werden soll. Michel engagiert Todkranke als "Hitmen" und erweist sich selbst als Ex-Kugelstoßerin (ja, KugelstoßerIN) und Hormonopfer. Als besonders absurd erscheint allerdings Nachbar Guy, der einen Nachbau des WolrdTradeCenter-Attentats bastelt, um so diverse Verschwörungstechniken zu testen, und stets behütet unter Regenschirmen läuft, die die Farbe des Untergrunds haben, auf dem er sich bewegt, damit ihn die Satelliten nicht finden können…
Louise hires a contract killer
(Louise-Michel), Frankreich 2008

Verleih: KOOL
Genre: Tragikomödie
Filmlaufzeit: 94 min
Regie: Gustave Kervern & Benoît Delépine
Darsteller: Yolande Moreau, Bouli Lanners, Benoit
Poelvoorde, Mathieu Kassovitz, Albert Dupontel,
Jean-Luc Ormieres
Kinostart: 24.09.2009

Keine Frage: Hier sind eine Menge Lacher garantiert, die mitunter gehörig an den Grenzen des guten Geschmacks kratzen. Aber Halt! Blickt man hinter die Fassade, erscheint Louise hires a contract killer als eine mindestens genauso traurige wie komische Geschichte zur Weltwirtschaftskrise. Voller Wut sehen die Entlassenen nur eine Lösung: Die Verantwortlichen, welche stets viel zu einfach aus dem Schlamassel wieder rauskommen, das sie fabriziert haben, sollen büßen! Und so werden die Unschuldigen zu den "Bösen" und die vormals "Bösen" zu Gejagten. Der Name der Hauptpersonen gehen hierbei zurück auf Louise-Michel (auch Originaltitel des Films), eine französische Autorin und Anarchistin um 1900, die stets für ihre Unabhängigkeit kämpfte. Und so wollen auch die Protagonisten dieses Films ihre Freiheit erlangen. Selbstjustiz in Zeiten der Krise. Beim Sundance Festival 2009 wurde der Film übrigens mit dem Special Jury Prize ausgezeichnet.

Louise hires a contract killer ist eine bizarre Tragikomödie, für die sich der Kinobesuch durchaus lohnt. Allerdings sollte der Zuschauer hart im Nehmen sein (hier geht es schließlich um Auftragsmord, der auch gezeigt wird) und ein Herz für absurden Humor haben.

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