campus-web Bewertung: 4/5
   
 

   
 

   
Die 11jährige Coraline fühlt sich allein. Sie muss ihre Freunde verlassen, um von Michigan nach Oregon zu ziehen, ihre Eltern sind zu sehr mit ihrem neuen Job beschäftigt, um sich um das Mädchen zu kümmern und auch das gruselige "Pink Appartement", in dem die Familie nun wohnt, scheint mit seinen merkwürdigen Bewohnern mehr als gewöhnungsbedürftig zu sein: Hier trifft Coraline auf die schrulligen alten Theaterschauspielerinnen Miss Forcible und Miss Spink sowie Mr. Bobinsky, der ein Mäuseorchester aufbauen will. Doch diese Mitbewohner sind nichts gegen das, was sich hinter der verschlossenen Tür in Coralines Wohnung verbirgt. Dort entdeckt sie eine andere Welt - die fast genauso aussieht wie ihre eigene. Zunächst gefällt es dem Mädchen dort auch ganz gut. Ihre "andere Mutter" kocht viel besser als ihr Vater und kümmert sich aufmerksam um sie. Allerdings wundert sich Coraline mehr und mehr über diese scheinbar perfekte Austauschwelt. Nicht nur, dass ihre Bewohner Knöpfe statt Augen besitzen - Coraline merkt schnell, dass sich hinter ihrer Freundlichkeit etwas Grässliches verbirgt. Nichts ist so, wie es scheint. Coraline muss ihren ganzen Mut und Verstand zusammennehmen, um das Böse mit den Knopfaugen zu bekämpfen und den Fluch zu brechen, der auf diesem Haus liegt.

Nach Die Sternenwanderer kommt nun die zweite Adaption einer Erzählung von Neil Gaiman in die Kinos. Coraline wurde 2002 veröffentlicht – auf dem Höhepunkt der "Harry Potter"-Manie in den USA. Aber es war auch das erste Jahr, in dem J.K. Rowling die Deadline verpasste, so dass Gaimans Roman eine enorme Medienaufmerksamkeit zuteil wurde. Die ausgehungerte Kinderbuch-Leserschaft sehnte sich nach fantastischen Geschichten. So dauerte es nicht lange und Coraline tauchte auf der "New York Times" -Bestseller-Liste auf.
Als Drehbuchautor und Regisseur Henry Selick das Manuskript zu Coraline in die Hände bekam, war er von der skurrilen Geschichte um das mutige und fantasievolle Mädchen begeistert.

Doch wie kann man ein derart außergewöhnliches Märchen angemessen verfilmen? Schon bei Tim Burtons Nighmare before Christmas und James und der Riesenpfirsich nutzte Selick eindrucksvoll die sogenannte Stop-Motion-Technik, bei der Puppen innerhalb eines Bühnenbildes in kleinen Schritten von Bild zu Bild verändert werden, damit sie sich im fertigen Film flüssig bewegen. Bei Coraline wollte er allerdings noch einen drauf setzen und drehte in 3D, denn die Szenen in der Parallelwelt sollten besonders zur Geltung kommen. Jeder Gegenstand innerhalb des Films ist handgefertigt – jedes kleine Blatt, jedes Haar. So kann man fast nicht glauben, wie plastisch die Charaktere auf der Leinwand erscheinen und durch die eindrucksvolle Szenerie spazieren. In ausgesuchten Kinos wird der Film wohl auch in Deutschland als 3-D-Werk zu bewundern sein und Glück hat jener, der sich diesen Augenschmaus tatsächlich in voller Pracht anschauen kann.
Coraline, USA 2009
Verleih: Universal
Genre: Animation / Fantasy
Filmlaufzeit: 100 min
Regie: Henry Selick
Darsteller: Dakota Fanning (Coraline), Teri Hatcher (Coralines
Mutter), Ian McShane (Mr. Bobo), Jennifer Saunders (Miss Forcible),
John Hodgman (Coralines Vater), Dawn French (Miss Spink)
Kinostart: 30.07.2009

Synchronisiert werden die Animations€figuren im englischen Original übrigens unter Anderem von Dakota Fanning (Coraline; Krieg der Welten) und "Desperate Housewife Teri" Hatcher (Coralines Mutter / die "andere" Mutter).

Coraline gelingt es besonders durch seine liebevoll gezeichneten, aber ungefähr genauso absonderlichen Charaktere, den Zuschauer in eine bunte Welt voll Fantasie und Komik abtauchen zu lassen: Ob die exzentrischen Altschauspielerinnen Miss Forcible und Miss Spink, die eine Horde Irish Setter halten und diese noch nach deren Tod ausgestopft in Engelskostümen im Regal aufbewahren, oder der russische Zirkusdirektor Mr. Bobinsky, der auf dem Dach des Pink Appartement balanciert, wenn er nicht gerade mit seinen Mäusen spricht. Und ihre Spiegelbilder in der Anderswelt treiben diese Marotten sogar noch auf die Spitze. Sie alle sind Teil einer kuriosen Fabel à la "Alice im Wunderland" für jede Altersgruppe. Es gibt komische Momente, aber auch grausige. Die vormals perfekte "andere Mutter" verfällt mehr und mehr und zeigt schlussendlich ihr wahres Gesicht gegen das jeder Disney-Bösewicht ein braves Lämmchen ist.

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