campus-web Bewertung: 4/5
   
 

   
 

   
"Auf die Nacht, die wir vier niemals vergessen werden." So stehen Stu, Phil, Alan und der zukünftige Bräutigam Doug auf dem Dach eines Hotels in Vegas. Über ihnen der Nachthimmel und unter ihnen die Lichter des Zockerparadieses mit all seinen Verheißungen und falschen Versprechen vom schnellen Geld. Am nächsten Morgen das große Erwachen im Hotelzimmer, und leider: die Nacht komplett vergessen. Was ist passiert? Auf jeden Fall zu viel Alkohol. Der Zustand des Zimmers lässt auf außergewöhnliche Stunden schließen: Gummipuppen in der Badewanne, ein noch schmorendes Sofa, ein Tiger im Bad und ein unbekanntes Baby im Schrank. Die Gesichter gezeichnet, der kriegsversehrte Körper taumelt über das Schlachtfeld. Doch schlimmer ist, dass einer fehlt. Und das ist ausgerechnet Doug, dessen Hochzeit kurz bevor steht und für den das alles veranstaltet wurde. Doch wo fängt man an zu suchen, wenn man sich an nichts erinnert und dann auch noch in Vegas ist?

Mehr sollte an dieser Stelle nicht verraten werden, denn damit würde Hangover gehörig an Spaß einbüßen. Der Film bezieht seinen Reiz eben daraus, dass der Zuschauer ähnlich ahnungslos wie die drei Protagonisten ist. Episodenhaft erzählt, stolpern diese in typischer MacGuffin Manier in aberwitzige Situationen, die sich im Laufe des Films immer weiter hochschrauben und bewusst "Over the Top" inszeniert sind. Dabei gibt es brüllend komische, absurde Momente und überraschende Handlungswendungen.

Der Regisseur Todd Phillips erzählt mit Hangover, ähnlich wie er es 2003 schon mit seinem Film Old School getan hat, von Männern, die sich noch nicht ganz damit abgefunden haben, erwachsen zu sein. Die sich in längst vergangene, unbekümmerte Zeiten des Lebens zurück trinken wollen. Und das Ganze ziemlich versauen. Gleichzeitig wird die Männerfreundschaften als letzte Bastion in einer Welt der Spießigkeit und der notwendigen Konformität gefeiert. Nur unter ihresgleichen können Männer anscheinend sie selbst sein.

Der Zahnarzt Stu (Ed Helms) wird zu Hause von seiner Frau verprügelt, der Lehrer Phil (Bradley Cooper) geht seinem Beruf eher leidenschaftslos nach und Alan (großartig: Zach Galifianakis) ist dick, trägt Vollbart und Herrentaschen. Männliche Archetypen des 21. Jahrhunderts, in einer Welt, die es Männern nicht leicht macht, zwischen ewiger Adoleszenz und dem Erwachsensein mit all seinen Verpflichtungen Platz zu finden. Der Kater (Hangover) als Rebellion.
Hangover
(The Hangover), USA 2009

Verleih: Warner
Genre: Komödie
Filmlaufzeit: 100 min
Regie: Todd Phillips
Darsteller: Bradley Cooper, Ed Helms, Zach
Galifianakis, Heather Graham, Justin Bartha
Kinostart: 23.07.2009


Ein Plus des Films ist die Tatsache, dass er mit relativ unbekannten Gesichtern besetzt wurde. Damit wahren sich die Figuren ihre Glaubwürdigkeit und Identifikationsmöglichkeit. Vor allem Zack Galifianakis bleibt einem in seiner absurden und dabei so brillanten Darstellung von Alan, dem zukünftigen Schwager des Bräutigams, in Erinnerung. Wie leicht hätte diese Figur zum lustigen Dicken verkommen können, der am lautesten rülpsen und furzen kann, doch Galifianakis geht fast zärtlich mit ihr um. Natürlich ist Alan derb und verspult, trägt zu kleine T-Shirts und isst Pizzastücke aus der Sofaritze. Doch eigentlich sucht er nur die Anerkennung der anderen, will dazugehören. Herzzerreißend die Szenen, in denen Alan anfängt Phil, den schönen Anführer, zu kopieren, oder das Lied "Three Best Friends" voller Hingabe schmettert.

„Hangover ist ein wahnsinnig komischer Film, der sich bewusst politisch unkorrekt gibt und zwischen all den glatten, familienfreundlichen Blockbustern die Überraschung des Kinosommers ist. Bei dem Erfolg logisch, dass ein Sequel bereits in Planung ist. Prost!

Artikel drucken