campus-web Bewertung: 3/5
   
 

   
 

   
Der (filmische) Weg dorthin ist steinig – und zwar nicht nur für die Protagonisten, sondern auch für die Zuschauer. Wie schwierig es ist, die Komplexität eines Romans mit zahlreichen Handlungssträngen auf der Leinwand zu einer Einheit zu bringen, sah man schon in Harry Potter und der Orden des Phönix, und so droht auch das sechste Abenteuer in der Menge der Plots zu versinken. Für Potter-Anfänger ist es nahezu unmöglich, den roten Faden zu entdecken und ihn nicht wieder zu verlieren. Wahre Potter-Fans erwartet wieder eine bombastische Inszenierung mit aufwendigen Sets, beeindruckenden Spezialeffekten und vielen kleinen und großen Ideen, die von Kreativität und Liebe zum Detail zeugen.

Harry, Hermine und Ron stecken mitten in der Pubertät und entdecken ihr Interesse für das andere Geschlecht. Doch bei all dem Liebeswirrwarr verunsicherter Teenager lässt sich die Macht des dunklen Lords nicht mehr leugnen: Die bösen Mächte haben die "normale" Welt erreicht, der "dunkle Lord" ist allgegenwärtig und schickt seine Todesser aus, die Angst und Schrecken unter den Muggles verbreiten. Die Last auf Harrys Schultern wird immer größer, die Bedrohung offensichtlicher – es ist nicht mehr lang bis zum finalen Kampf. Das sechste Schuljahr in Hogwarts wird aufregend für die Zauberlehrlinge. Sie sind längst keine Kinder mehr und müssen sich größeren Aufgaben stellen – und größeren Gefühlen. Während Ron sich als gefeierter Star des Gryffindor-Quidditch-Teams mit den Avancen der allzu aufdringlichen Lavender Brown rumschlagen muss und Hermine mit ihrer Eifersucht kämpft, entdeckt Harry ein Buch des geheimnisvollen Halbblutprinzen – ein Buch voller Geheimnisse, das den jungen Zauberer nicht mehr los lässt. Der unausweichliche Kampf gegen Voldemort rückt währenddessen immer näher. Schulleiter Albus Dumbledore wird seinen Schützling nicht davor bewahren können. So lässt er Harry ins Denkarium blicken und langsam offenbart sich das Geheimnis Voldemorts. Doch ein Puzzleteil fehlt. Des Rätsels Lösung scheint bei Horace Slughorn zu liegen – dem extravaganten, undurchsichtigen Zaubertränkeprofessor, der mehr zu wissen scheint, als er zugibt.
Harry Potter und der Halbblutprinz
(Harry Potter and the halfblood prince), GB/USA 2009

Verleih: Warner
Genre: Fantasy
Filmlaufzeit: 153 min
Regie: David Yates
Darsteller: Daniel Radcliffe, Rupert Grint,
Emma Watson, Jim Broadbent, Michael Gambon,
Alan Rickman, Helena Bonham Carter
Kinostart: 16.07.2009


Harry Potter und der Halbblutprinz setzt die Reihe seiner Vorgänger souverän fort und ist eine recht passable Umsetzung des Romans, die natürlich nicht annähernd alle Details der Vorlage berücksichtigen kann. So wirken die einzelnen Handlungsstränge dann auch etwas lieblos aneinandergereiht. Da kracht eine Brücke zusammen, die Weasley-Zwillinge machen Reibach mit ihrem Zauberei-Laden, Harry wird zum Streber im Zaubertränke mixen und entdeckt gleichzeitig seine Gefühle für Ginney Weasley. Ganz nebenbei führt Draco Malfoy Böses im Schilde und Dumbledore, dessen Kräfte sichtlich schwinden, hat ganz eigene Pläne mit Harry. Der Film bietet alles, was großes Kino braucht: Liebe, Eifersucht, Magie, Lachen und Weinen, Gutes und Böses, große Spezialeffekte und tolle Sets. Das gibt jede Menge Schauwerte, doch als Einheit will der Film einfach nicht funktionieren. Zu sehr springt er zwischen den einzelnen Plots hin und her, will sich nicht so recht für ein Hauptaugenmerk entscheiden. Erst gegen Ende entsteht echte Spannung, wenn der Fokus auf Dumbledore und Harry liegt, die mit einer Horde von Gollums zu kämpfen haben. Lag der Vergleich mit Peter Jacksons meisterhaften Herr der Ringe-Trilogie schon länger nahe, so lassen sich optische Parallelen diesmal nicht mehr leugnen: Dumbledore erinnert immer wieder an Gandalf, Harry möchte man am liebsten den Ring anstecken, damit er ihn zum Schicksalsberg bringt und die im Finale auftauchenden Kreaturen scheinen Klone von Gollum zu sein.

Harry Potter und der Halbblutprinz ist der nötige Zwischenschritt vor dem alles entscheidenden Kampf zwischen Gut und Böse, ist dabei aber nicht mehr als eine überbrückende Klammer geworden. Und so beginnt das Warten auf das Finale, das wohl in zwei Happen serviert werden soll. Bleibt zu hoffen, dass hier der Spagat besser gelingt, hunderte von Buchseiten in spannende, straffe Filmminuten zu verpacken. Dazu gehört wohl keine Zauberei.

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