Campus-Web Bewertung: 3/5
   
 

   
 

   
Für den New Yorker Harvey Shine (Dustin Hoffman: Kramer gegen Kramer, Rain Man) läuft es gerade nicht so gut. Seine Karriere als Komponist von Werbe-Jingles droht zu scheitern, als er zu der Hochzeit seiner einzigen Tochter Susan (Liane Balaban: Eternal, The Wisher) nach London fliegen muss… und kurz darauf erfährt er, dass diese lieber von ihrem Stiefvater Brian (James Brolin: Catch me if you can, W) zum Traualter geführt werden möchte. Tief gekränkt beschließt Harvey, das Fest vorzeitig zu verlassen. Einen verpassten Flug und mehrere Drinks später trifft er in der Flughafenbar auf Kate (Emma Thompson: Schräger als Fiktion, Sinn und Sinnlichkeit), deren Leben bislang aus einem mühsamen Job, gelegentlichen, beschämenden Blind Dates und endlosen Anrufen ihrer herrischen Mutter Maggie (Eileen Atkins: Gosford Park, The Hours) bestand. Gegenseitige Sympathie und ein gemeinsamer Sinn für Humor lassen Kate und Harvey längst vergessen geglaubte Gefühle wieder neu entdecken. Behutsam wächst eine tiefe Zuneigung, welche das Leben der beiden auf unerwartete Weise beflügelt.

Hollywood verbindet man seit jeher mit Jugend und Schönheit. Aber was macht die Filmmetropole, wenn die finanzkräftigen Kinogänger älter werden und auch die wirklich großen Stars graue Haare bekommen? In den letzten Jahren scheint sich das Kino immer mehr auch mit dem Thema des Alterns zu beschäftigen, denn schließlich ist man heutzutage mit über 50 schon lange nicht mehr als "altersschwach" zu bezeichnen. Die Werbung hat das schon lange begriffen und sich kurzerhand einen eigenen Namen für diese Bevölkerungsgruppe ausgedacht. Die sogenannten "Best Ager" genießen ihren Lebensabend, halten sich fit, bereisen die Welt und ja, warum sollten sie sich nicht auch noch mal verlieben?
Liebe auf den zweiten Blick
(Last Chance Harvey), USA 2009

Verleih: Concorde
Genre: Romantik-Drama
Filmlaufzeit: 93 min
Regie: Joel Hopkins
Darsteller: Dustin Hoffman, Emma Thompson,
Liane Balaban, James Brolin, Eileen Atkins,
Kathy Baker
Kinostart: 16.04.2009


Dieser Frage widmet sich nun Regie-Newcomer Joel Hopkins, der selbst erst Jahrgang 1970 ist, auf recht unterhaltsame Weise. Da Hopkins 2002 mit seinem Erstlingswerk Jump Tomorrow den BAFTA-Award (britischer Filmpreis) in der Kategorie "Most Promising Newcomer" einheimste, überrascht es nicht, dass er für sein neues Projekt zwei preisgekrönte Hauptdarsteller verpflichten konnte: Der junge Regisseur konnte mit Sicherheit gerade bei diesem Thema von der Lebenserfahrung eines Dustin Hoffman (71) und einer Emma Thompson (49) profitieren. Die beiden Hollywood-Urgesteine waren von dem Skript zu Liebe auf den zweiten Blick so begeistert, dass sie kräftig mitmischten und das Projekt so auch für andere bekannte Gesichter interessant machten. Mit James Brolin, Kathy Baker (Edward mit den Scherenhänden) und Eileen Atkins bekommt Hopkins also Rückendeckung von einer Riege routinierter Schauspieler.

Besonders gut sind die leisen und stillen Momente des Films: Wenn sich Harvey und Kate in einer Flughafenbar kennenlernen und ihr Gespräch ganz unromantisch vom Staubsaugerdröhnen der Reinigungskraft begleitet wird, wenn die einsame Kate in einer Runde plaudernder Menschen keinen Anschluss findet, wenn Harvey am Hochzeitstisch seiner Tochter bemerkt, dass er schon lange nicht mehr zur Familie gehört – diese wahrhaftigen Momente des Films wissen Hoffman und Thompson mit wenigen, aber punktierten Gesten und viel Gefühl zu begleiten und so zu besonderen zu machen. Beide Darsteller wurden für ihre Leistung in Liebe auf den zweiten Blick zu Recht für den Golden Globe nominiert, aber ohne die beiden fantastischen Darsteller würde die Geschichte leider nicht zünden. Hier wird nichts gezeigt, was man nicht schon gesehen hätte. Die Grundidee ist nett, aber mehr auch nicht. Zwar lobt Emma Thompson Joel Hopkins Zynismus-freie Herangehensweise, ein bisschen weniger Zartheit hätte die Story allerdings interessanter gemacht. So dümpeln die Charaktere eher ziellos durch eine fade Story, die einem zu allem Übel auch noch ständig irgendwie bekannt vorkommt. Der Film bietet erstklassige Darsteller, aber kann sonst wohl nur durch die wie einem Reiseführer entsprungenen London-Impressionen punkten.

Liebe auf den zweiten Blick mutet an wie ein Sonntagsspaziergang: Beschaulich und ruhig, aber eben auch nicht besonders packend.

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