Campus-Web Bewertung: 4,5/5
   
 

Milks Langzeit-Lover Scott
   
 

Milks Berater Clive Jones (Emile Hirsch)
   
"Mein Name ist Harvey Milk und ich will euch rekrutieren." Tausende folgten diesem Aufruf des ersten schwulen Stadtrats von San Francisco, der sich in den 70er Jahren mutig dem konservativen Amerika entgegenstellte und für die Gleichberechtigung Homosexueller und anderer Randgruppen kämpfte. Seinem Lebenswerk setzt Gus Van Sant mit seinem Biopic Milk nun auch ein filmisches Denkmal. Und wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Obermacho Sean Penn als schwuler Aktivist zu Höchstform auflaufen würde?

Der Film beginnt am Vorabend von Milks 40. Geburtstag. Er fühlt sich alt und einsam, sucht nach Gesellschaft und trifft in der New Yorker U-Bahn zufällig auf die Liebe seines Lebens: Scott Smith. Schon bald wird es den beiden im Big Apple zu eng. Gemeinsam gehen sie nach San Francisco, um dort einen Foto-Shop zu eröffnen, der schon bald zum Treffpunkt der Schwulenszene. Trotz Anfeindungen und Vorurteilen gelingt es Milk, sich im eher konservativem Viertel "Castro" zu behaupten, doch gewaltsame Übergriffe und Diskriminierungen von Schwulen gehören immer noch zur Tagesordnung. Milk beginnt, sich zu wehren und tritt an die Öffentlichkeit. Nach zwei erfolglosen Kandidaturen schafft er es Ende 1977 als erster bekennender Homosexueller in den Stadtrat und kämpft weiter für die Gleichberechtigung aller. Ein besonderer Dorn im Auge ist ihm die von Senator John Briggs verfaßte Proposition 6, die vorsieht, homosexuelle Lehrer und deren Sympathisanten aus dem Dienst zu entlassen. Doch der Erfolg hat auch Schattenseiten: Die Liebe zu Scott zerbricht und Stadtrad Dan White wird zu Milks erbittertem Feind. Am 27. November erschießt White Milk, den er für seinen verlorenen Stadtrat-Posten verantwortlich macht. Tausende gehen in der Nacht auf die Straße und setzen Milk somit ein weiteres Denkmal.
Milk, USA 2008
Verleih: Constantin
Genre: Biopic/Politdrama
Filmlaufzeit: 128 min
Regie: Gus Van Sant
Darsteller: Sean Penn, Emile Hirsch, Josh Brolin,
Diego Luna, James Franco, Alison Pill
Kinostart: 19.02.2009


Biopics sind so eine Sache - meistens beginnen sie strahlend und enden im Verfall des Protagonisten. Und da das Leben nicht immer die spannendsten Geschichten schreibt, kämpfen Dramaturgie und Authentizität auch schon mal gegeneinander an. Doch die Story von Harvey Milk ist so kunterbunt wie ein Regenbogen, voller schräger Figuren, berührend, herzerwärmend, spannend und schockierend. Sean Penn überzeugt von der ersten Minute an. Wie er James Franco alias Scott Smith mit verliebten Augen anstarrt, ihn umwirbt und zu verführen versucht, wirkt echt und ehrlich, ja fast schon etwas aufdringlich. Penn hat sich spätestens mit seiner Oscar-prämierten Leistung in Clint Eastwoods Mystic River als einer der besten Charakterschauspieler etabliert und zeigt in Milk einmal mehr, dass er seine Rollen lebt und sie voll und ganz ausfüllen kann. Ihm zur Seite stehen so begnadete Jungmimen wie Emile Hirsch (Into the Wild) oder James Franco (Spiderman, Tristan und Isolde), die in ihren schrägen Hippie-Outfits kaum wieder zu erkennen sind.

Regisseur Gus Van Sant ist es gelungen, ein authentisches Bild der 70er Jahre zu zeichnen. Die Settings sind quietschebunt und entführen den Zuschauer in die Zeit der Flower Power. Super-8-Bilder und Original-Schlagzeilen der damaligen Zeit geben dem Film zeitweise dokumentarischen Charakter. Nicht zuletzt ist es einer außergewöhnlichen Kameraarbeit und zum Teil ungewöhnlichen Montagen zu verdanken, dass Milk ein ganz besonderer cineastischer Leckerbissen geworden ist.

Die politische Botschaft des Films ist auch heute noch aktuell und so ist Harvey Milk zu einer zeitlosen Ikone des Kampfes gegen Diskriminierung und für Gerechtigkeit geworden.

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