Campus-Web Bewertung: 3,5/5
   
 

   
 

   
Abitur machen, Medizin studieren und früh einen guten Mann heiraten? Die junge Türkin Ayse (Semra Turan) kann den wohlmeinenden Plänen ihrer Eltern wenig abgewinnen. Während ihr älterer Bruder Ali (Nima Nabipour) die Tochter eines in Kopenhagen angesehenen Türken heiratet und der Familie den sozialen Aufstieg ermöglicht, fühlt sie eine unbändige Aggression in sich. Am liebsten würde sie alles kurz und klein schlagen. Gegen das Verbot ihres Vaters trainiert sie in einem Kung-Fu-Club und schreibt den KarateKid-Mythos fort, der in fernöstlichem Gewand den amerikanischen Traum erzählt: alles kannst Du schaffen, wenn Du nur an Dich glaubst.

Doch ganz so einfach ist es nicht mit dem Glauben. Beständig unter Zeitdruck, rennt sie orientierungslos zwischen ihren zwei Welten hin und her: hier Alis Hochzeit und tonnenweise gesellschaftliche Erwartungen, dort meditative Selbstfindung und die pflichtgemäß versteinerte Mine ihres chinesischen Kung-Fu-Trainers (Xian Gao). Der säkulare mitteleuropäische Schauplatz, wo junge Däninnen mit ihr ungezwungen über Sex reden wollen, gerät in diesem Gegenüber der Kulturen hintersinnigerweise zur tristen Kulisse. Auf die Dauer aber geht Ayse für ihr Doppelleben die Puste aus, der Eklat ist vorprogrammiert.
Fightgirl Ayse, Dänemark 2007
Verleih: Maxximum
Genre: Drama
Filmlaufzeit: 100 min
Regie: Natasha Arthy
Darsteller: Semra Turan, Cyron Melville,
Nima Nabipour, Sadi Tekelioglu
Kinostart: 01.01.2009


Doch bis dahin lässt sich die Spannung prima in der Kung-Fu-Welt abreagieren. Frei und ungebändigt springen die Jugendlichen über Kopenhagens Häuserdächer und degradieren die harte Wirklichkeit zum bloßen Jump´n-Run-Game. Die ungeniert importierte Matrix-Ästhetik der Kampfszenen markiert eine märchenhafte Befreiung von den Fesseln der Realität. Beides liegt hier nämlich nah beieinander: für Ayses kämpferischen Augeaufschlag sind Hunde- und Tigerblick nur einen Katzensprung weit entfernt.

In Ayses Trainingseinheiten mit dem feschen Emil (Cyron Melville) schleicht sich durch stille Nahaufnahmen eine seltsam keusche Erotik hinein. Zu jedem Zeitpunkt bewahrt Regisseurin Natasha Arthy den Respekt vor den Figuren und ihren Kulturen. Die überzeugende Charakterzeichnung erlaubt ihr, das sensible Thema "Migrationshintergrund" frei von Klischees und sozialer Naivität auszudeuten. Dazu trägt nicht zuletzt die enorme Leistung der Schauspieler bei, von denen übrigens die Wenigsten professionell tätig sind. Umso mehr reiben sich aber der mitleidige Kamerablick aufs "Fightgirl" einerseits und ihr ständiges Männer-Vermöbeln andererseits. Auch die Material-Arts Musik mit türkischem Einschlag begibt sich gerne mal auf die Gratwanderung von Pop und Kitsch.

Alles in allem ist Fightgirl Ayse ein nachdenklicher, erfreulich belehrungsfreier Film übers Erwachsenwerden. Vielleicht der tausendste seiner Art – aber sicher nicht der Schlechteste.

Zum Kinostart von Fightgirl Ayse verlosen wir Kinotickets. Hier gehts zum Gewinnspiel.

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