Campus-Web Bewertung: 3/5
   
 

   
 

   
Welches Kind und vielleicht auch der eine oder andere Erwachsene, der sich seine Phantasie bewahrte, hat sich das nicht schon mal gewünscht: In die märchenhaften literarischen Welten zu tauchen, die man so liebt. Eine naive Vorstellung und gefährlich obendrein. Märchen- und Fantasywelten werden nicht nur von freundlichen Wesen bevölkert. Und was, wenn einige dieser Kreaturen den Weg in unsere Welt finden würden? Gestalten aus 1000 und einer Nacht, Alice im Wunderland und Der Zauberer von Oz.

Dazu bedarf es aber einer Kleinigkeit: Menschen mit der außergewöhnlichen Begabung diese Wesen in unsere Existenzebene zu "befördern". So genannte "Silberzungen". Diese Menschen haben die Fähigkeit, Kraft ihrer Stimme Fantasiefiguren aus den Büchern in unsere Welt zu bringen. Sie müssen nur laut aus den Büchern vorlesen. Mortimer "Mo" Folchart (Brendan Fraser) ist einer dieser Menschen. Nur weiß er nichts davon. Als er eines Tages seiner kleinen Tochter Maggie (Eliza Hope Bennett) aus dem Buch Tintenherz vorliest, passiert es: Der Schurke Capricorn (Andy Serkis) und einige seiner Spießgesellen landen in unserer Welt.

Es gibt aber ein ungeschriebenes Gesetz: Die Balance muss erhalten bleiben. Wann immer etwas bei uns ankommt, verschwindet etwas oder jemand im Buch, aus dem vorgelesen wurde. Dieses Schicksal trifft Mo´s Frau Resa (Sienna Guillory). Neun Jahre später forscht Mo immer noch nach einem Weg, seine Frau wieder zurückzuholen. Auf der ganzen Welt sucht er nach einem Exemplar des inzwischen äußerst seltenen Buches Tintenherz. Und jemand anderes sucht nach ihm: Der Gaukler "Staubfinger" (Paul Bettany) wurde ebenfalls aus dem Buch gezogen und möchte gerne wieder zurück. Bösewicht Capricorn hat es sich inzwischen in der neuen Heimat gemütlich gemacht. Diese Welt mit ihren technischen Möglichkeiten gefällt ihm sehr. In den Alpen hat er sich ein kleines Schurkenimperium aufgebaut, und für jemanden mit Mo´s Fähigkeiten hätte er durchaus Verwendung. Wenn dieser nicht freiwillig mitmacht, kann man ein wenig nachhelfen. Seine Tochter Maggie wäre da ein ideales Druckmittel.
Tintenherz (Inkheart), D, GB, USA 2008
Verleih: Warner
Genre: Fantasy
Filmlaufzeit: 106 min
Regie: Iain Softley
Darsteller: Brendan Fraser, Andy Serkis,
Eliza Bennett, Paul Bettany, Helen Mirren
Kinostart: 11.12.2008


Cornelia Funkes Bestseller Tintenherz versucht sich neben Klassikern wie C. S. Lewis Die Chroniken von Narnia und J. K. Rowlings Welterfolg Harry Potter eigenständig zu positionieren. Die verwendeten Motive aber wirken nicht wirklich neu. Irgendwie hat man vieles bereits irgendwo anders gesehen. Besonders die Figur des Staubfingers sorgt gleich für zwei Deja-Vus: optisch angesiedelt zwischen Heath Ledgers Joker-Interpretation und Aragorn. Dennoch stört das alles nicht wirklich, und zu den stärkeren Seiten der Inszenierung gehören beispielsweise der entspannt-unaufgeregte Erzählstil, ein familiengerechter Plot und die Story, welche optimal auf eine jüngere Zielgruppe zugeschnitten wurde. Natürlich gibt es auch das eine oder andere außergewöhnliche fantastische Moment – inklusive eines visuell sehr ansehnlichen Endgegners, der ein bisschen an den Balrog aus Herr der Ringe erinnert.

Brendan Fraser hält sich schauspielerisch überwiegend zurück und lässt der Story den Vortritt. Wobei der ältere Zuschauer durchaus vermissen könnte, das Fraser mal richtig loslegt und die Bösen ordentlich vermöbelt. Man kennt ihn halt als verwegenen Abenteuerrecken aus den Mumien-Sequels, und den braven Papa nimmt man ihm wegen seiner bärigen Ausstrahlung zwar durchaus ab, vermisst aber als Erwachsener ein bisschen Pepp. Andy Serkis gibt brillant den Bösewicht, wenn auch nicht ganz so bravourös abstoßend, wie in seiner Rolle als Grima Schlangenzunge im Herrn der Ringe. Die Kleinen sollen sich ja nicht zu sehr gruseln. Summa summarum hapert es zwar etwas an der Plausibilität und die einzelnen Logikwendungen sollten nicht ernstlich hinterfragt werden, aber der Streifen kann für den Familienabend durchaus empfohlen werden, wenn die Kleinen nicht schon zu groß sind.

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