Campus-Web Bewertung: 4/5
   
 

   
 

   
Roger Ferris (Leonardo DiCaprio) lebt gefährlich. Als Top-Agent der CIA ist er auf halsbrecherischer Mission im Nahen Osten unterwegs. Eine neue Terrorgruppe versetzt gerade die westlilche Welt mit verheerenden Bombenanschlägen in Angst und Schrecken. Nun soll er den Hintermännern auf die Schliche kommen. So pendelt Roger zwischen dem Irak und Jordanien hin und her und verbündet sich mit dem charismatischen, aber dubiosen Chef des jordanischen Geheimdienstes Hani Salaam (Marc Strong). Für den ist Vertrauen oberstes Gebot, doch dabei hat er nicht mit Ed Hoffman (Russell Crowe) gerechnet, Rogers Vorgesetzten, der am anderen Ende der Leitung die Fäden in der Hand hält und im Namen der nationalen Sicherheit so manches Risiko eingeht.

Roger, seinen "Buddy" am Boden, hat er dank modernster technischer Spielereien dabei stets im Blick. Auch wenn er ihn dabei nicht immer nach seiner Pfeife tanzen lassen kann, diktiert Hoffman ihm mit gefährlicher Arroganz seine Anweisungen per Telefon und zieht zur Rettung der Zivilisation auch mal zweifelhafte Aktionen im Alleingang durch.

Spionagegeschichten sind einfach nicht aus der Filmwelt wegzudenken. Was wäre Hollywood ohne James Bond, Jason Bourne und Co.? Meistens stehen Unterhaltung und Spannung im Vordergrund, aktuelle politische Bezüge müssen da schon mal zurück treten. Ridley Scott ist mit Der Mann, der niemals lebte das Risiko eingegangen, eine verworrene und komplexe Geschichte um Schein und Sein zu erzählen, an deren Ende niemand als strahlender Held hervorgeht. Jeder hat Blut an den Händen kleben und Schuld auf sich geladen.
Der Mann der niemals lebte
(Body of lies), USA 2008

Verleih: Warner
Genre: Politthriller
Filmlaufzeit: 128 min
Regie: Ridley Scott
Darsteller: Leonardo DiCaprio, Russell Crowe,
Mark Strong, Golshifteh Farahani, Oscar Isaac
Kinostart: 20.11.2008


Anders als in Scotts umstrittenen Black Hawk Down, der vor Patriotismus nur so triefte, hält der Regie-Profi sich hier mit Wertungen zurück und läßt die Bilder für sich sprechen. Dabei geht er nicht gerade zimperlich vor - einige Szenen sind hart an der Schmerzgrenze und kaum zu ertragen. Da kommen schnell böse Erinnerungen an Guantanamo oder Enthauptungen vor laufender Kamera hoch. Scott liegt den Finger in die blutende Wunde Amerikas. Der Kampf gegen den Terror hat mittlerweile ungeahnte Ausmaße angenommen, eine Ende ist nicht in Sicht und es wird wohl kaum eine Seite als Sieger daraus hervorgehen.

Der Mann der niemals lebte ist ein wichtiger, wenn auch unbequemer Film, der mit seinen verwaschenen, schmutzigen Bildern noch realistischer wirkt. Scott konnte mit Leonardo DiCaprio, Russell Crowe und Marc Strong ein hochkarätiges Schauspielerensemble gewinnen, die ihren Teil zum Gelingen beitragen. Besonders Marc Strong als Chef des jordanischen Geheimdienstes überzeugt mit kühler Eleganz und betörender Aura, der sich kaum jemand entziehen kann. Russell Crowe spielt den überehrgeizigen CIA-Bürotäter glaubhaft fies, unsympathisch und voller ignorantem Zynismus, dass man schon vom Zusehen Wutanfälle bekommt. DiCaprio arbeitet weiter daran, sein Image vom "Romantic Hero" abzustreifen und zeigt sich wie schon in The Departed oder Blood Diamond von seiner harten und mitunter auch bösen Seite.

Technisch ist Der Mann der niemals lebte exzellent inszeniert und umgesetzt. Scott weiß, was er tut und mit welchen Effekten er die richtige Wirkung beim Publikum erzielen kann. Mit schnellen, harten Schnitten und einer Kameraführung mit Hang zu vielen Nahaufnahmen verwirrt er den Zuschauer ebenso wie seinen Protagonisten. "Täusche jeden - vertraue niemandem." Wer nicht genau aufpaßt, wird schnell den Überblick verlieren. In diesem Spy Game weiß niemand mehr, auf welcher Seite er eigentlich steht und welche Entscheidung die richtige ist. Und das Verwirrspiel geht weiter. Im Film und im wahren Leben.

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