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"So 'ne kleine Frau / Und so 'ne große Stadt / Und so 'ne gute Bluse / Die kaum noch Farbe hat / Doch so 'ne fahle Sehnsucht / Schmerzt in ihrer Brust". Was "Silly"-Frontfrau Anna Loos in Bernd Böhlichs neuem Film Der Mond und andere Liebhaber über die Bühne schreit, beschreibt in wenigen Zeilen die Lage der Hauptfigur Hanna, gespielt von der Sozialdrama-erprobten Katharina Thalbach. Das kleine Energiebündel erlebt eine Vielzahl von Schicksalsschlägen, doch verhält sie sich dabei wie ein Stehaufmännchen: "Streich die Wände bunt / und mal dir 'n feuerroten Mund / schrei deine Wut hinaus / leck dir die Wunden aus". Wenige Minuten Konzertszene erzählen einen ganzen Film. Hanna und ihre jüngere Kollegin Dani (Fritzi Haberland) verlieren ihren Job, als ihre alte Kosmetikbude nicht bloß geschlossen, sondern auch gleich in die Luft gesprengt wird. Verlassen stehen sie vor den Trümmern ihrer beruflichen Existenz in der Hand bloß eine Kiste "Silverlady", Hannahs liebstes Parfum. Die Mittfünfzigerin bleibt optimistisch, tummelt sich auf virtuellen Partnerbörsen, amüsiert sich beim Konzert und kommt dabei gleich dem Bandgitarristen näher. Schließlich gewinnt sie sogar einen Urlaub in der Türkei. Mit ihrer Tochter Karla (Sarah Blaßkiewitz) reist Hanna für eine Woche in den Süden; auch hier kann weder der Regenguss am Swimmingpool noch der rüde Sexualtrieb einer Hotelbekanntschaft ihre Laune trüben. Erst zurück im deutschen Alltag bricht die starke Frau zusammen: Nachdem Hanna ihr den Wagenschlüssel vorenthält, stirbt Tochter Karla im Auto einer Freundin. Ihre Energie scheint gebrochen. Hanna wirkt apathisch, auch ein Selbstmordversuch bleibt nicht aus bis Straßenhändler Gansar (Birol Ünel, bekannt aus Fatih Akins Gegen die Wand) ihr neue Hoffnung auf Liebe gibt. Doch das Happy End bleibt aus: Hanna heiratet einen Mann, der ihrem Temperament nicht ebenbürtig ist und Gansar bleibt bei Frau und Kindern. Wie auch Bernd Böhlichs letzter Kinofilm zeigt Der Mond und andere Liebhaber die Tristesse des ostdeutschen Arbeitermilieus. Während Du bist nicht allein (2007) durch die Unbeholfenheit seiner Figuren und den schlichten Zauber nächtlicher Blicke vom Plattenbau-Balkon besticht, verliert sich Böhlichs neuer Film in dem Versuch, Märchen und Sozialdrama zu vereinen. Der Mond und andere Liebhaber, D 2008 Verleih: Concorde Genre: Sozialdrama Laufzeit: 101 min Regie: Bernd Böhlich Darsteller: Katharina Thalbach, Fritzi Haberlandt, Steffen Scheumann, Birol Ünel, Andreas Schmidt, Sarah Blaskiewitz Kinostart: 24.07.2008 Zu oberflächlich sind die Charaktere angelegt: Hanna reitet auf einer ungebrochenen Gefühlswelle, es bleibt kein Raum zum Innehalten. Selbst der Tod ihrer Tochter wirft sie nur kurzzeitig aus der Bahn. Ihr rot lachender Lippenstift kontrastiert zu stark mit dem ständigen Gemisch aus Grau und Regen, sei es im Urlaub, bei der Hochzeit oder beim Bootsausflug. Thalbachs theatrales Spiel fügt sich nicht in die Realkulisse ein. Auch den männlichen Protagonisten ist nicht mehr Tiefe vergönnt: Ehemann Knuti (Steffen Scheumann), verblasst in Langeweile und Gansar bleibt zu geheimnisvoll, als dass seine Begeisterung für das durchgedrehte Energiebündel verständlich würde. Überdies bietet Der Mond und andere Liebhaber nur wenig Raum für eigene Rückschlüsse. Dass Hanna ihre Kollegin vor dem neuen Freund (gespielt von Andreas Schmidt) warnt, ist für den Filmzuschauer überflüssig zu offensichtlich sind ihre Knabenhaftigkeit und seine Homosexualität. Ebenso aufdringlich inszeniert ist Hannas Versuch, sich nach Karlas Tod wieder gesellschaftlichen Normen anzupassen. Es bedarf keines Versprechens am Grab der Tochter um zu verstehen, warum sie den blassen Knuti heiratet. Zu viele Wolken trüben das Märchen, doch zu unecht sind auf der anderen Seite die Figuren, um ein wirkliches Gesellschaftsdrama zu erzählen. Die Anknüpfung an Du bist nicht allein schlägt fehl: während Thalbach hier als anpackende Mutter und Ehefrau brilliert, erfordert die Rolle des gealterten Vamps in Der Mond und andere Liebhaber nicht bloß eine neue Interpretation, sondern auch einen anderen Frauentypus. Der Zuschauer bleibt irritiert über die Besetzung, auch wenn der Regisseur ihn noch so bewusst am Händchen greift und geradlinig durch den Film führt.
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