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Gerade hat Regie-Genie Woody Allen sein neuestes Werk Vicky Christina Barcelona bei den Filmfestspielen in Cannes vorgestellt, wieder mit seiner neuesten Lieblings-Muse Scarlett Johannsen. Auf die musste er in Cassandras Traum verzichten, nach Matchpoint und Scoop der letzte Teil seiner London-Trilogie, der es nun endlich auch in die deutschen Kinos geschafft hat. Während Scoop eine eher leicht inszenierte Krimikomödie war, serviert Allen hier wieder harte Kost und beweist nach dem großartigen Matchpoint erneut, dass er auch ein Händchen für düstere Geschichten hat. Angesiedelt ist die Geschichte in der unteren Working Class Londons. Terry und Ian sind Brüder, die in eher bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen sind. Beide träumen von Reichtum, Erfolg und schönen Frauen. So sehr sich ihre Wunschvorstellungen auf den ersten Blick ähneln, so unterschiedlich sind sie doch bei genauerem Hinsehen. Während Terry auf den großen Gewinn durch Glücksspiele und Wetten hofft, mit denen er sich ein kleines Häuschen und genug Whisky leisten kann, hat Ian höhere Ziele: Er will über den großen Teich und es zu einem superreichen Immobilienmakler in Kalifornien bringen. Doch erst mal hilft er Daddy in seinem kleinen Restaurant. Als er die schöne Schauspielerin Angela kennen lernt, wird die Sehnsucht nach schnellem Ruhm immer größer. Nicht lange kann er ihren hohen (materiellen) Ansprüchen gerecht werden. Doch dann scheinen sich alle Hoffnungen wie von selbst zu erfüllen: Terry gewinnt eine große Summe beim Pokern. Das Glück hält nicht lange an: Wie gewonnen so zerronnen, verspielt er eine weitaus größere Summe und braucht auf einmal 90.000 Pfund, die er windigen Kredithaien schuldet. Nun gibt es nur noch einen Ausweg: Onkel Howard aus Amerika, der es mit Schönheitskliniken zu einem enormen Vermögen gebracht hat. Gern will der den Brüdern helfen, erwartet jedoch eine Gegenleistung. Und die hat es in sich: Ian und Terry sollen einen unangenehm gewordenen, ehemaligen Geschäftspartner Onkel Howards aus dem Weg räumen... Mit Cassandras Traum ist Allen zwar nicht der ganz große Geniestreich wie mit Matchpoint gelungen, dennoch weiß auch sein neuer Film zu fesseln und zu überzeugen. Allen baut die Spannung geschickt auf und zeichnet dabei die Charaktere zweier einfacher Brüder, die vor der Chance ihres Lebens stehen und dafür einen hohen Preis zahlen müssen den ihrer Unschuld. Cassandras Traum (Cassandras Dream, GB 2007 Verleih: Constantin Film Genre: Thrillerdrama Laufzeit: 108 min Regie: Woody Allen Darsteller: Ewan McGregor, Colin Farrell, Tom Wilkinson, Sally Hawkins, Hayley Atwell Kinostart: 05.06.2008 Dabei fährt er ein großartiges Schauspielerensemble auf allen voran Colin Farrell, der den von Alpträumen und Schuldgefühlen geplagten Terry unglaublich tragisch und überzeugend spielt. Seine Mimik spiegelt die innere Zerrissenheit, Selbstzweifel und die Ausweglosigkeit der Situation absolut glaubhaft wieder. Farrell beweist mal wieder, dass er mehr kann, als nur den schnoddrigen Macho zu geben. Ganz das Gegenteil Ewan McGregor sein Ian ist naiv und sorglos, dabei aber ebenso berechnend und kaltblütig. Während Terry seine Skrupel bis zuletzt nicht ausblenden kann, geht Ian eher nüchtern an die Sache heran. Kühl, distanziert und sachlich plant er den Mord bedenkt alle Fakten und möglichen Zwischenfälle. Wenn er von dem Gefallen für Onkel Howard spricht, könnte man meinen, er plane eine Geburtstagsparty. Ergänzt wird das Trio Infernale durch Tom Wilkinson, der als Onkel Howard gewohnt oscarreif agiert. Er mimt den lieben, verzweifelten Onkel, der immer für seine Jungs da war und sie nun um eine ganz kleine Gegenleistung bittet seine unschuldige Fassade bekommt dabei kaum Risse. Seine Bitte äußert er im Regen stehend. Das Wasser von oben scheint die Schuld von ihm abzuwaschen, wie er selbst jede Verantwortung für seine Fehltritte von sich weist. Die Grenzen zwischen Täter und Opfer, Schuld und Unschuld verwischen. Allen zeichnet ein bitterböses Spiel um Liebe, Geld, Macht und Erfolg und wirft allerhand moralische Fragen auf, in deren Mittelpunkt der Kampf um sozialen Aufstieg steht und der Preis, den man bereit ist, dafür zu zahlen. Cassandras Traum ist nicht nur Filmtitel, sondern ein Boot, ein Traum, den sich die Brüder zu Beginn des Films erfüllen und den sie nach einem Siegerhund im Wettrennen benennen. Die mythische Bedeutung Kassandra träumte einst von dem hölzernen Pferd, das Troja zerstörte ist wegweisend für den Film. Leider sind alle Akteure für die unheilvollen Vorzeichen blind, und so steuern sie geradewegs in ein unerwartetes und überraschendes Finale, das verblüfft, erschreckt und fasziniert. Cassandras Traum ist unterhaltsames und anspruchsvolles Kino, dessen durch Vilmos Zsigmonds Kamera hervorragend in Szene gesetzte Bilder von schwerfälligen, bombastischen Klängen des renommierten Komponisten Philip Glass verstärkt werden. Wer den bösen und zynischen Woody Allen mag und einen Sinn für subtile Untertöne hat, der wird angenehm überrascht sein. Alle anderen können sich zumindest an zwei gut aussehenden, überzeugenden Hauptdarstellern erfreuen und auf den nächsten, fröhlichen Allen-Film hoffen.
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