Die Zuschauer sind von Roland Emmerich ja so einiges gewohnt: eine riesige Invasion von fiesen Außerirdischen („Independence Day“), eine ebenfalls riesige Monsterechse („Godzilla“) oder eine plötzlich hereinbrechende – und natürlich riesige – Eiszeit („The Day after Tomorrow“). Tausende, nein Millionen von Statisten und mindestens zehnmal so viele Dollar für Special Effects forderte der Meister der Megalomanie für seine Filme. Für das Drehbuch blieb in den seltensten Fällen etwas übrig, so dass die Story von Emmerichs bisherigen Blockbustern das einzige Element war, das nicht mit dem Adjektiv „riesig“ beschrieben werden konnte. Nun legt der Vorzeige-Schwabe mit seinem Steinzeit-Epos „10.000 B.C.“ nach und setzt neue Maßstäbe – vor allem bei der Qualität der Story.

Der Inhalt des Films lässt sich leicht zusammenfassen: in irgendeinem eisigen Hochland verlieben sich der Außenseiter D’Leh (Steven Strait) und das Findelkind Evolet (Camilla Belle) ineinander. Als diese von vierbeinigen Dämonen (sprich: berittenen Sklavenhändlern) entführt wird, macht sich der Jäger mit seinen Freunden und der spirituellen Unterstützung der Stammesältesten auf, um sie zu retten. Die Gefährten trotzen Kälte, Hunger, überdimensionierten Hühner-Dinos und Säbelzahntigern, rotten eine Armee zusammen und ziehen damit gegen ein Volk, dass an einem schönen Fluss mitten in der Wüste ein paar Pyramiden errichten lässt und dafür jede Menge Sklaven braucht. D’Leh hat nur eine Chance: er muss den „Auserwählten“ stürzen, der als Gott die Macht im Reich ausübt.

Tja, und das war’s schon. Mehr passiert in den zwei Stunden nicht, die man im Kino sitzt und noch nicht einmal richtig lachen kann, weil die Geschehnisse auf der Leinwand eher zum Weinen einladen. Die Dialoge wirken zumindest in der deutschen Synchronisation dermaßen hölzern, dass man sich an die Aufführung einer Mittelstufenklasse erinnert fühlt, die Charaktere sind eindimensional und unfähig, den Zuschauer mitfiebern zu lassen. Am schlimmsten sind jedoch die zahllosen Idiotien, die sich in das Drehbuch eingeschlichen haben oder die einfach mit voller Absicht reingeschrieben wurden, in der Hoffnung, der Zuschauer bemerkt sie nicht. Da kraxeln Mammuts durch das Hochgebirge hin zu einem Tal, das sowohl Sklavenjäger als auch die „Helden“ des Films nur über einen tief verschneiten Pass betreten oder verlassen können, nur um dort das karge Grass zu fressen. Im Dschungel am Fuße des Gebirges (ja, Klimazonen wechseln schnell) jagen große Laufvögel die ahnungslosen Menschen und sehen dabei wie gerupftes Geflügel aus. Unweigerlich kommen die Gefährten dann zu einem Wüstenvolk, das Ackerbau betreibt und zufällig Jahre zuvor den Vater von D’Leh bei sich aufgenommen hat, was natürlich einen seit Jahren schwärenden Konflikt in dem jungen Jäger anfacht. Und die Pyramidenbauer, die eh etwa 7.000 Jahre zu früh aktiv sind, gehören entweder einer Rasse von Aliens an oder kommen von Atlantis, sind aber auf jeden Fall die Vorfahren von Erich von Däniken und dem Regisseur von „Stargate“. Ach ja, und sie werden trotz ihrer überlegenden Kultur und ihren hervorragenden Eisen-Waffen (auch hier klingelt ein Anachronismus an die Tür) von der aufgebrachten Armee und den Sklaven vernichtet. Das kommt doch bekannt vor.

Aber gut, jetzt mag der ein oder andere einwerfen, dass ich ja zu Beginn sagte: „Das sind wir von Emmerich so gewohnt. Dafür hat er immer coole Special Effects.“ Gilt aber leider bei 10.000 B.C. nicht, obwohl er wieder Karen Goulekas engagierte, die schon „Godzilla“ und das Eis in „The Day after Tomorrow“ zum Leben erweckt hatte. Zwar sehen Mammuts, Riesenhähnchen und Säbelzahntiger optisch sehr gut aus, dafür bewegen sie sich aber, als hätte das zuständige Team Techniken aus den 70er Jahren angewandt. Wenn Mammuts und Tiger rennen und springen, denkt man an vieles, aber nicht an echte Raubkatzen und Zottelviecher. Eher an fehlerhafte Computermodelle. Traurig, aber wahr – die ganze zusätzliche Rechenleistung seit dem letzten Mega-Blockbuster können auch nicht alles retten.

In einem Interview bei Spiegel Online antwortete Emmerich auf die Frage, ob er noch Angst vor einem Flop habe, dass der die natürlich habe und dass ein Flop irgendwann kommen werde. „Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.“ Die Ungewissheit ist nun vorbei: mit „10.000 B.C.“ legt Emmerich den mit Abstand schlechtesten Film seiner bisherigen Karriere vor. Kantig, langweilig, ohne originelle Ideen und auch ohne den leicht humoristischen Touch von „Independence Day“ lässt sich das Machwerk nur mit sehr viel gutem Willen ertragen. Begeisterte Zuschauer lassen sich so nicht gewinnen. Und das ist auch so sicher wie das Amen in der Kirche.
Campus-Web Bewertung: 1/5




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