Bewertung: 2/5



   
 

   
 

   
Zur Zeit der Edo-Dynastie wird die achtjährige Higurashi an ein namhaftes Bordell verkauft und zur Konkubine erzogen. Doch selbst Demütigungen und körperliche Züchtigungen können den starken Willen des Mädchens nicht brechen; ihr Wunsch nach Freiheit bleibt, ebenso ihr Liebreiz, der unter den neidischen Augen der anderen Prostituierten zu berauschender Schönheit heranreift. Mit allen Mitteln kämpft sie sich durch die strenge Hierarchie des Bordells und wird schließlich zur oiran, der ranghöchsten Konkubine, die sich ihre Kunden nach Gutdünken wählen darf. Sie wird zur Ausbilderin und zum umgarnten Mittelpunkt des Rotlichtviertels, denn nur ein Blick von ihr genügt, um die Männer ihrer Sinne zu berauben. Vergöttert von den Freiern, gehasst von den Frauen, verteidigt sie ihre Position mit Härte und Kälte. Erst als sie sich in einen Kunden verliebt, beginnt ihre Fassade zu bröckeln und sie muss erkennen, dass es auch in der Welt der käuflichen Zuneigung nichts Erfüllenderes gibt als die wahre Liebe, aber auch nichts Schmerzvolleres.

Regisseurin Mika Ninagawa erzählt mit der Leidenschaft einer Nachrichtenschreiberin die Geschichte von Verlust, Enttäuschung und Hingabe. Mitunter kühl gestylt und dann wieder knallbunt wie ein MTV Spot flimmert der Film streckenweise ermüdend über den Bildschirm. Untermalt mit fremd anmutenden Tönen, die von E-Gitarren über Tangorhythmen bis hin zu Swingmusik reichen, teilweise so unpassend wie ein Handyklingelton. Nach anfänglichen Stirnrunzeln erkennt man eine Absicht dahinter - ob sie gefällt, bleibt dem Zuschauer überlassen.
Trotz der deutlichen Pop-Art erlangt der Film in manchen Passagen eine fast erdrückende Dichte. Immer dann, wenn die Kamera durch die winzigen Räume und engen Flure des Bordells fährt, fühlt man sich an ein Kammerspiel erinnert und spürt förmlich die Enge der Gefangenschaft, in der sich die Frauen befinden. Unterstrichen wird dieser Effekt durch die eigentlich kreative Idee, viele der Szenen durch ein Aquarium zu filmen oder ein erschreckend enges Goldfischglas in die Räume der oiran zu platzieren. Allerdings hat nach der achten Aufnahme der Goldfische auch der letzte Zuschauer diese Metapher begriffen, die sich leider genauso abnutzt wie der lasziv erotische Blick der Protagonistin.

Der Film zeigt ästhetische mal schwüle, dann wieder kühl distanzierte Bilder und präsentiert in jeder Einstellung eine zugegebenermaßen bildschöne Anna Tsuchiya, die allerdings unentschlossen zwischen zerbrechlicher Jadepuppe und lüsternem Vamp hin und her schwankt.
Mika Ninagawa rückt ihre Darstellerin in den Mittelpunkt wie eine kalte, aber oberflächliche Stilikone (es ist unverkennbar welchem Beruf Anna Tsuchia normalerweise nachgeht: sie ist Modell!), einen Popstar, von allen bewundernd umringt, wie eine Puppe in bunte, auffallende Gewänder gehüllt, die aber unnahbar und flach bleibt wie ein Abziehbild. Und genau so wirkt der ganze Film. Er ist kein Werk über die Schrecken der Prostitution, soll er auch nicht sein. Er verharrt an der schalen Sinnlichkeit der Oberfläche, lässt keine falschen Sentimentalitäten aufkommen, keine Anteilnahme. Eine Anspielung auf die heutige Zeit? Da wirken pseudophilosophsiche Phrasen wie „It’s hell being in love, it’s hell being loved“ oder „Cry and you lose, love and you lose“ so unpassend wie Shakespearezitate auf RTL2.

Stattdessen erzählt Sakuran die alltäglichste Geschichte der Welt: die Geschichte einer Liebe. Und wie banal dieses Thema ist, zeigt spätestens die obligatorische, abgenutzte Balkonszene, über der ein riesiger Halbmond thront und die Szenerie in fahles Licht taucht. Unklar aber bleibt der Grund für diese Hingabe. Kaum Berührungen, kaum Gespräche finden statt, die „Liebenden“ sind fast nie alleine in einem Raum. Selbst das (zugegeben nicht) überraschende Happy End wirkt völlig irreal und das Paar steht so unbeholfen und nichtssagend in einem Regen aus Kirschblüten, dass man sich an zwei präpubertäre Teenager erinnert fühlt. Wieder gewollte Oberflächlichkeit? Möglich. Wenn ja, schade! Denn leid tun einem da eigentlich nur die Fische...

Wahrscheinlich erreicht der Film genau das, was er will, es bleibt nur die Frage, ob das auch dem Zuschauer gefällt. Denn neu ist nichts an dieser Geschichte - und auch das Farbenspiel, für das japanische Filme berühmt sind, gab es schon beeindruckender, so auch die Kostüme und die Landschaftsaufnahmen.
Wer sich gerne an einer knalligen aber undurchdringlichen Eisschicht entlang tastet, sollte sich den Film ansehen. Wer jedoch lieber in Gefühlen badet und mitgerissen werden möchte, sollte die Finger davon lassen.

Artikel drucken