Seit nunmehr sechs Jahren verfolgt das Kinopublikum den Lebens- und Leidensweg der amnesischen Tötungsmaschine Jason Bourne und bekommt im September 2007 mit dem dritten und finalen Teil der Thriller-Trilogie ein Genre-Meisterwerk vor die Nase gesetzt, das der ausgeklügelten Story einen mehr als würdigen Schlusspunkt setzt.

„Das Bourne Ultimatum“ vollzieht eine gekonnte Gratwanderung zwischen hochkarätigem Actionfilm und intelligentem Suspense-Thriller in Hitchcock-Tradition, an dem der Meister persönlich seine helle Freude gehabt hätte. Wie einst Cary Grant in „North By Northwest“ wird der Protagonist in ein ihm komplett unbekanntes Szenario geworfen. Jason Bourne weiß nicht wer er ist, was er getan hat und warum die halbe Welt ihm nach dem Leben trachtet. Nur eines findet er relativ schnell raus: er ist recht sicher im Umgang mit tödlichen Waffe aller Art, hat ein relativ stark ausgeprägtes Talent für Mord- und Totschlag und ist überdurchschnittlich häufig in Verfolgungen mit tödlichem Ausgang involviert.

Diese prekäre Ausgangsituation funktioniert sowohl cineastisch, als auch psychologisch unheimlich gut, zumal der Zuschauer ebenfalls über die Hintergründe der Ereignisse im Dunkeln gelassen wird und mit Bourne zusammen auf einen brisanten Selbstfindungstrip geht. Und diese Reise zum Ich hat es wirklich in sich. Gleich nach den ersten Szenen weiß man, dass hier geklotzt und nicht gekleckert wird. Wo sich andere Filme noch mit langatmigen Charakter- und Plotaufbau herumschlagen, geht „Das Bourne Ultimatum“ gleich in die Vollen und legt mit der 20-minütigen Bahnhof-Verfolgungsjagd einen Einstieg hin, der so manch groß angelegten Final-Showdown anderer Thriller wie einen Bestandteil des ZDF Kinderferienprogramms aussehen lässt. Mit wackeliger Kamera und hektischen Schnitten wird der Zuschauer in die Hetzjagd hineinkatapultiert, die Hände in die Armlehne gekrallt, den Angstschweiß permanent von der Stirn wischend. Was für ein Anfang! Aber das dicke Ende kommt noch: Das „Bourne Ultimatum“ hat sein Pulver noch längst nicht verschossen. Der Film schafft es tatsächlich den Spannungspegel fast zwei Stunden lang im roten Bereich und den Zuschauer im Paranoia-Schwitzkasten zu halten. Regisseur Paul Greengrass reiht waghalsige Verfolgungsjagden zu Fuß, per Auto und Motorrad an schick choreographierte Prügeleien, vollzieht binnen weniger Minuten Location-Hoppings über mehrere Kontinente und lässt dem Kinogänger zwischen den schweißtreibenden Katz-und-Maus-Spielchen kaum Zeit zum Durchatmen. Ganz so wie man sich das Leben des Staatsfeinds Nr. 1 nun mal vorstellt.

Einen besonderen Pluspunkt kann der Film außerdem durch seine für einen Hollywood-Film sehr unkonventionelle Herangehensweise sammeln. Angefangen mit den auf der ganzen Welt verstreuten Schauplätzen und dem weitestgehenden Verzicht auf die üblichen Blockbuster-Abonnement-Drehorte in den US-Metropolen, legt Greengrass seinen Fokus nicht auf die durchaus vorhandenen Actionsequenzen oder Special Effects sondern betont ausdrücklich die psychologische Komponente. Durch die mitunter schwindelerregende Kameraführung und die vielen durch den cleveren Einsatz dramaturgischer Mittel bewusst realistisch gehaltenen Action-Sequenzen (zum Beispiel die ausbleibende Hintergrund-Musik während der wilden Keilerei zwischen Bourne und dem auf ihn angesetzten Killer in Marokko) fühlt sich der Zuschauer fast in die Handlung involviert und würde am liebsten selbst die Fäuste mitschwingen und Herrn Bourne auf seinem Vergangenheitsbewältigungsprogramm persönlich den Weg freimöbeln. Die Freunde der explodierenden Haushälften müssen aber keineswegs um ihr Amüsement fürchten. Diverse Autoverfolgungsjagden, Schießereien und Stunts werden auch die Destruktionsästheten mehr als zufrieden stellen. Wie gesagt: klotzen, nicht kleckern.

Die hochkarätige Schauspielerriege setzt dem Film dann auch noch in nomineller Hinsicht das Sahnehäubchen auf. Matt Damon liefert mit seiner Darstellung des gejagten Amnesie-Patienten eine sehr solide Leistung ab. Seine Figur Jason Bourne weist zwar alle Attribute auf um als aalglatter Superheld smart lächelnd alle Fieslinge vom Antlitz dieser Welt zu fegen, verzichtet aber glücklicherweise auf derartige Anwandlungen und erscheint als geläuterter Sympath mit Ecken und Kanten im Körper eines Elite-Killers, der sich auf der verzweifelten Suche nach seiner Vergangenheit eine blutige Schneise durch drei Kontinente schlägt – natürlich aus reiner Notwehr. Die Nebenrollen sind mit Julia Stiles, Joan Allen, Albert Finney und - man höre und staune - Daniel Brühl mit seinen ersten 30 Hollywood-Sekunden ebenfalls hervorragend besetzt.

Das Bourne Ultimatum ist das fulminante Finale für eine Trilogie, die in den Annalen des Thriller-Genres wohl jetzt schon einen exponierten Platz sicher hat und neue Maßstäbe in Sachen Spannungsaufbau und Inszenierung setzt. Endlich wird der überfällige Beweis angetreten, dass die Schlüsselwörter Hollywood, Action und Mainstream nicht zwangsläufig mit sinnentleerter Story, angehäuften Plattitüden und peinlichem Gestus assoziiert werden müssen. Sowohl Actionfans, als auch Liebhaber klassischer Thriller werden bestens unterhalten und von der ersten bis zur letzten Minute bei der Stange gehalten. Sicherlich eines der Kinohighlights 2007.

Der Film startet am 6. September 2007 in den deutschen Kinos.

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