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Was ist ein besserer Film für ein Horror- und Splatter-Filmfestival als einer über ein Horror- und Splatter-Filmfestival? Das Fantasy Filmfest sicherte sich dieses Jahr folgerichtig die Weltpremiere des Episodenfilms "Chillerama". Vor der Grundidee muss man den Hut ziehen: Die Rahmenhandlung zeigt die letzte Nacht eines Autokinos, das sich auf Horror spezialisiert hat. Nach dem dritten Streifen bekommen die Zuschauer ihre Schocks dann in lebensechtem 3D eine Zombie-Attacke sucht das Kino heim. Man stelle sich das "Grindhouse" von Tarantino und Rodriguez die beiden Filme "Death Proof" und "Planet Terror", garniert mit fiktiven Horror-Trailern als Parodie vor. Und wie schon bei "Grindhouse" muss man sich hier die Frage stellen wenn man schlechte Filme perfekt nachahmt, wie gut kann das Ergebnis sein? Die Liebe zum Kino steckt "Chillerama" auf jeden Fall in den Knochen. Die Hauptfiguren der Rahmenhandlung sind echte Film-Nerds sowohl drei Jugendliche als auch der Kinobetreiber werfen mit Filmzitaten (hauptsächlich aus "Krieg der Sterne") um sich, letzterer steht sogar im ständigen Dialog mit Orson Welles als Poster. Um "Magie" sei es dem guten Orson immer gegangen, offen bleibt jedoch, wie der Meisterregisseur es mit dem Trash hielt. Doch bleiben wir bei der Magie: Sowohl der Hauptfilm als auch die einzelnen Episoden können anfangs durch ihren jeweiligen Stil begeistern, die vier Regisseure kennen sich in ihrem Fach aus. "Wadzilla", das erste Filmchen, spielt mangels Budget mit künstlichen Hintergründen, "I Was A Teenage Wearbear" wird plötzlich zum kitschigen Rock'n'Roll-Musical. Und auch der 30er-Monsterhorror von "The Diary Of Anne Frankenstein", in dem Hitler ein Frankenstein-Monster auf die Welt ansetzen will, lockt jenseits seiner geschmacklichen Vergehen die Lacher hervor. Chillerama, USA 2011 Der große Nachteil der Kurzfilme: Allesamt gehen sie zu lang. Das liebevolle Spiel mit Ausstattung und Plot-Klischees, die komödiantische Übertreibung der fähigen Schauspieler schnell hat man kapiert, wie die jeweilige Parodie funktioniert. Was dann noch übrigbleibt, sind viel zu lange Szenen, in denen das Godzilla-Spermium aus "Wadzilla" Verwüstung anrichtet und die Akteure zweideutige Sprüche klopfen, die x-te Musical-Nummer des sexuell verwirrten Jungen, der sich zu den Sadomaso-"Werbären" hingezogen fühlt, und ein Hitler, dessen Dämlichkeit irgendwann auch ein alter Hut ist. Besonders schade, wie schnell sich eine lustige Idee abnutzt: Die "Frankenstein"-Episode wird komplett deutschsprachig gespielt und mit Untertiteln versehen nur der Hitler-Darsteller kann kein deutsch und redet Kauderwelsch, die Untertitel laufen trotzdem korrekt weiter. Das funktioniert anfangs richtig gut, wird dann zur Gewohnheit und stört schließlich schon fast.Verleih: Image Entertainment Genre: Trash Darsteller: Sean Paul Lockhart, Anton Troy, Gabrielle West Regie: Adam Rifkin/Tim Sullivan/Adam Green/Joe Lynch Kino-/DVD-Start: noch unbekannt Ohne Hirn, ohne Magen, fast ohne Brüste Auch die Hauptgeschichte fühlt sich in seiner Trash-und-Filmliebhaberei-Nische ein wenig zu sicher. Ein Spaß ist "Chillerama" natürlich trotzdem, sofern man Hirn und Magen an der Tür abgibt. Richtig genießen lassen sich die Höhepunkte nur ohne diese beiden Organe. Neben einem Humor, der den Zuschauer gerade durch seine gewitzte Plattheit mitreisst, ist der Ekel natürlich das zweite große Argument des Films. Die Geschichte vom "Teenage Wearbear" und die "Frankenstein"-Mär sind vergleichsweise harmlos wenn hier was passiert, dann mit offensichtlich schlechten Effekten. "Wadzilla" will dagegen mit der naturgegebenen Schleimigkeit seines Monsters schocken. Die Untoten des Hauptfilms haben schließlich keine Hemmungen mehr und splattern sich im Rahmen einer Sexorgie durch das Autokino. Klingt nicht geschmacklos genug? Ausgelöst wurde die Zombie-Transformation dadurch, dass ein Kino-Angestellter noch vor dem Vorspann die Leiche seiner Frau schänden wollte, diese ihm dann jedoch ganz das untote Monster den Schniedel abbiss und blauen Schleim weitergab, der dann im Popcorn landete. Und über den vierten Kurzfilm haben wir ja noch gar geredet eine Fäkal-Orgie, bei der dann dankenswerter Weise der Projektor durchbrennt... Aber lenken wir das Augenmerk noch mal auf die schönen Seiten des Lebens. Wie man vielleicht schon zwischen den Zeilen erkannt hat: Oft geht es um Sex. Der Hintergrund: Trashfilm war immer auch "Exploitation-Film", der die niederen Gelüste der Zuschauer ausnutzen wollte, meist durch halbnackte Damen. Im Vergleich zum etwas ernsteren "Grindhouse" darf "Chillerama" sich viel stärker mit Sex besudeln, denn: es ist ja alles nur ein pubertärer Spaß. Masturbation, Oralsex, Sperma allesamt die Garantie für hemmungslose Lacher. Dazu nimmt man noch die schwulen Jungs aus der Werbär-Parodie, die sich mit blanken Hintern oder im Lederharnisch anhimmeln. Die große Hürde der amerikanischen Prüderie wird dagegen doch nur im Straucheln genommen: nackte Brüste sieht man erst kurz vor Schluss des Films, drei der vier Regisseure trauen sich offensichtlich nicht, neben den zahlreichen Sex-Witzchen auch mal blank zu ziehen. Soviel "Familientauglichkeit" muss trotz Ekel, Splatter, Gewalt und anderen Geschmacklosigkeiten also doch noch erhalten bleiben. Fazit: Es gibt kein Fazit. Wer Geschmacklosigkeit vergöttert und sich ohne Rücksicht auf Verluste amüsieren will, könnte hier glücklich werden. Wer Trashfilm und das Kino an sich liebt, wird viel unterhaltsames sehen, sich manchmal aber auch schwer tun. Und wer sich wegen plötzlicher Übelkeit schon in einem früheren Absatz verabschiedet hat nun, der liest das hier auch nicht mehr. Es sei also jedem selbst überlassen, ob er sich "Chillerama" antut oder nicht. Aber man soll nicht behaupten, man sei nicht gewarnt worden... Offizielle Homepage Fantasy Filmfest
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