Jeder Schüler kennt ihn: den Reclam-Verlag. Die einfarbigen, kleinformatigen Bücher haben jeden im Deutsch- oder Englischunterricht begleitet. Doch seit kurzer Zeit gibt es im Sortiment eine neue Reihe zu entdecken. 100 Seiten für 100 Minuten nennt sie sich und erläutert je ein bestimmtes Thema auf – wie soll es anders sein – insgesamt 100 Seiten. Ovid, Astrophysik, Sex oder Asterix – die kompakten Ausgaben decken alle Themenbereiche ab. Nun ist ein weiteres Werk erschienen, 100 Seiten über die Fernsehserie Gilmore Girls. Ein herbstlich oranger Buchumschlag, ein kleines Ahornblatt als Verzierung und fast zwei Dutzend Assoziationen mit der Kultserie bestimmen das Cover. Luke’s Diner, Dragonfly Inn, Junkfood, Kirk und Yale sind nur einige der Begriffe, die auf dem Deckblatt zu entdecken sind. Auf den ersten Blick sieht das Buch sehr ansprechend aus und lässt individuelle Erinnerungen an die Serie hervortreten. Doch kann es auch inhaltlich überzeugen?

Eine Liebeserklärung

Karla Paul - Gilmore Gilrs. 100 Seiten
Verlag: Reclam
Erschienen: November 2016
Genre: Sachbuch
ISBN: 978-3-15-020445-0
Bindung: Brochiert
Preis: 10,00 €
Dass die Autorin Karla Paul die Gilmore Girls liebt, ist nicht zu übersehen. Gleich auf den ersten Seiten erklärt sie ihren persönlichen Bezug zur Serie und hält ihre Meinung nicht zurück. Sie schmückt ihre Ausführungen mit besonderen Zitaten und gesammelten Anekdoten zum Dreh, wodurch der Text kurzzeitig einen Hauch von Sachlichkeit erhält. Dabei bleibt es allerdings auch. Egal, um welches Thema es geht – die Charaktere, Stars Hollow, die Liebe oder Anspielungen innerhalb der Serie, immer bewertet die Autorin und zwingt dem Leser ihre eigene Meinung auf. Aufgepeppt werden die Erläuterungen durch kleine Skizzen. Der Stammbaum der Gilmores oder der Stadtplan von Stars Hollow sind nur zwei Beispiele dafür. Trotz allem wird sehr deutlich, welche Charaktere Pauls Unterstützung bekommen und welche sie deutlich ablehnt. Das stört beim Lesen, denn als Fan der Serie hat man sich natürlich längst seine eigene Meinung über die Figuren und ihre Taten gebildet. Auch die längeren inhaltlichen Exkursionen über Amerikas Verhältnis zu Sex oder über Online-Dating-Plattformen sind hier an der falschen Stelle und behindern den Lesefluss.

Kein Buch für Fans

Gilmore Girls. 100 Seiten ist zur Hälfte Inhalt und Beschreibung der Serie, zur anderen Hälfte die Meinung der Autorin. Liebhaber der Bewohner Stars Hollows kennen sich mit dem ersten Teil bestens aus, auf den zweiten Teil kann weitestgehend verzichtet werden. Es gibt zu viele persönliche Anekdoten und zu wenig Hintergrunddetails. Die Ausführungen bleiben an der Oberfläche, auf die außergewöhnliche Mutter-Tochter-Beziehung zwischen Lorelai und Rory wird beispielsweise nur kurz eingegangen. Dafür gibt es eine Auflistung von über 300 Büchern, die im Laufe der Serie von Rory erwähnt oder gelesen werden. Ob das wirklich nötig ist? Den Platz hätte die Autorin gut mit interessanten, weniger bekannten Informationen füllen können. Wirklich neue Erkenntnisse bietet Gilmore Girls. 100 Seiten nicht. Für den Einstieg in die Serie kann es recht informativ sein, doch bei eingefleischten Fans weckt es höchstens das Bedürfnis, erneut ein paar Folgen der Kultserie zu schauen.



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