Irgendjemand muss wohl die weißen Daunenfedern ins Gehäuse der Lautsprecherbox gesteckt haben – jedenfalls wirbeln und tanzen sie jetzt auf faszinierende Weise im Rhythmus der starken Bassschläge kongruent zur Leichtigkeit von Feists Musik. Es macht Spaß, die Federn beim Hören der Musik zu beobachten, weil vielleicht genau dies ist, was den besonderen Reiz von Leslie Feists Musik ausmacht…

Bei ihrem zweiten Kölner Auftritt in diesem Jahr weiß die Künstlerin, die sich früher noch "Bitch Lap Lap" nannte, erneut ihr Publikum in den Bann zu ziehen. Leise beginnt die Kanadierin ihren Auftritt, wenn sie zum Song "Undiscovered First" aus ihrem letzten Album "Metals" ansetzt. Im Refrain wird der Song lauter. Der schlanken, 1,60 großen Künstlerin fällt ihr langes Haar ins Gesicht. Sie wirft es schüttelnd in die Luft. Sie schließt ihre Augen und ihre sanfte Stimme bebt. Der laszive Gesang ist hoch und hell und zugleich immer kraftvoll. Das zerbrechliche Timbre lotet in feinen Nuancen eine ganze Bandbreite von Emotionen aus. Songs wie "How Come You Never Go There" behandeln sehnsuchtsvolles Begehren und andere wie "The Bad In Each Other" beschreiben poetisch Wut, Traurigkeit und Einsamkeit.

Leichtigkeit des Seins

Begleitetet wird Feist von einer dreiköpfigen Band und hippiesken Backgroundsängerinnen aus der amerikanischen Folk-Truppe "Mountain Man". Diese drei Damen bereichern das Konzert nicht nur bei den chorischen Refrains. Sie bringen auch dezente, tänzerische Einlagen, hauen selbstbewusst auf Standtrommeln und rascheln mit Schellenkränzen. Die angenehm anzuschauende Dynamik der Bühnenperformance hat dabei etwas Spontanes. Feist wird regelmäßig eine neue Gitarre aus der Requisite gereicht. Sie gesellt sich bei einem der Songs zum Frauenchor. Bei einem anderen Titel steht sie kurze Zeit mit dem Rücken zum Publikum und lächelt ihren Keyboarder verschwörerisch an. Videoprojektionen im Hintergrund der Bühne zeigen verfremdet einzelne Bandmitglieder, die vorderen Reihen im Publikum oder die Künstlerin selber beim Auftritt. Da viele Zuschauer auch Fotos oder Videos machen, bekommt das Konzert etwas Multimediales: So sieht man die 36-jährige Künstlerin einmal auf den Handydisplays der Zuschauer vor sich, dann noch live auf der Bühne und zugleich im Bühnenhintergrund projiziert.

How my heart behaves

Feist verzichtet auf viele frühere Pophits aus den ebenfalls erfolgreichen Alben "Let It Die" (2004) und "The Reminder" (2007). Auch die Erfolgssingle "1234" wird nicht gespielt. Ihren Hit "My Moon My Man" inszeniert die Indie-Rock-Sängerin hingegen als krachenden Acid-Rock. Ein weiterer Höhepunkt ist auch das rhythmische "I Feel It All". Neun von den siebzehn Songs, die Feist am Konzertabend im großen Freiluft-Areal spielt, sind aus ihrem Album "Metals" von 2011.

Leider erzählt Feist wenig. Mitunter hätte man gerne mehr über die Hintergründe für ihre Inspiration zu den grandiosen Songs auf "Metals" gewünscht. Trotzdem betören ihr lässiger Auftritt und ihre zarte und dabei archaische Stimme. Bei vielen Songs fordert Feist das Publikum auf, mit einzustimmen. Sie leitet das Publikum an und gibt vor, in welcher Tonhöhe die Konzertbesucher bei "Comfort Me", "Sea Lion" oder "Graveyard" einsetzen sollen. Mit samtenen Kolorit übersingt sie dann die vielen Stimmen der etwa 2000 Konzertbesucher. Als letzte Zugabe spielt Feist schließlich "Intuition" aus "The Reminder". Auch dieser Text erzählt poetisch von wertvollen Begegnungen: "And it’s impossible to tell/ How important someone was/ And what you might have missed out on/ And how he might have changed it all/ And how you might have changed it all for him/ Did I did I miss out on you?" Am Ende möchte das Publikum die Sängerin gar nicht mehr gehen lassen. "We love you, Feist!", ruft jemand aus voller Kehle. Feist verbeugt sich verlegen und gerührt und verabschiedet sich mit einer Kusshand.

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