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Die italienische Esskultur ist speziell. Der Kaffee ist klein und stark, die Pizza wird mit der Schere geschnitten und ein Haushalt ohne Parmesankäse existiert nicht. Speziell ist auch der Umgang mit dem Essen. Der ganze italienische Tag dreht sich um nichts anderes. Es beginnt schon früh morgens beim Frühstück, bei dem man als Deutscher von seinen italienischen Mitbewohnern sehr skeptisch beäugt wird, sollte man sich trauen zum Beispiel ein Brot mit Käse zu essen, sprich etwas nicht-süßes! Hier gibt es zum Kaffee biscotti - Kekse. Und das am frühen Morgen. Marmelade ist selten und steht im Supermarkt in Mini-Päckchen wohl nur für die Touristen. Entsprechend gigantische Dimensionen erzielt die Größe des Keksregals. Beim Mittag- und Abendessen geht es weniger süß zu, dafür gibt es für mich vorher ungewohnt riesige Mengen. Zweimal am Tag ein warmes Gericht zu essen, das aus jeweils drei Gängen besteht, ist Standard. Wenn man das nicht gewohnt ist und sich abends nach einer Scheibe Brot mit Käse sehnt, der wird schnell verdächtigt werden, Essstörungen zu haben. Erklärungsversuche meinerseits, dass man in Deutschland nun mal nur einmal am Tag etwas Warmes isst und dann auch in weniger großen Mengen, sind gescheitert. Bislang konnte sich kein Italiener vorstellen, wie man mit so wenig Essen überleben kann. In solchen Situationen wird gerne das ultimative Argument aufgefahren. Es richtet sich gegen alle, die nichts mehr essen wollen oder können, und ist in 99 Prozent der Fälle von durchschlagender Wirkung: „Das ist ein Rezept von meiner Oma!“ (in Variation auch gerne von Mama, Tante oder Uroma!) Wenn dieser Satz gefallen ist, gibt es quasi keine Möglichkeit mehr, nichts oder nicht weiter zu essen. Aber nicht nur das Essen an sich, auch das Reden übers Essen nimmt einen wichtigen Teil des italienischen Tages ein. Wenn ich von der Uni nach Hause komme, wird immer zuerst nach dem Essen gefragt: „Hast du schon gegessen? Kochen wir was zusammen?“ Auch als ich nach den Weihnachtsferien aus Deutschland wiedergekommen bin, wurde ich nicht gefragt, wie ich Weihnachten verbracht oder was ich geschenkt bekommen habe sondern: „Was habt ihr gegessen? Und am zweiten Weihnachtstag? Und Silvester?“ Wie schaffen es die Italiener also so viel zu essen und warum gibt es trotzdem wirklich kaum dicke Italiener? Eigentlich müsste jeder von ihnen Übergrößen tragen dank der Menge an Kohlehydraten, die sie täglich zu sich nehmen. Die aktuelle Vermutung, warum dies nicht der Fall ist, basiert auf Kaffee. Nach jedem Essen wird der Espresso getrunken, ein besonders kleiner Schluck, dafür aber ein besonders starker, der angeblich neben seiner Funktion des Wachhaltens auch noch die Verdauung anregt und Italien so vor Übergewicht bewahrt. Und zum Abendessen? Manche der Studenten, die schon ihr ganzes Leben in Florenz verbringen und gut und gerne auf das von amerikanischen Touristen bestimmte Nachtleben der Stadt verzichten können, treffen sich abends mit Vorliebe mit dem ganzen Freundeskreis bei einem von ihnen zu Hause zum Essen, statt in Bars oder Diskos auszugehen. Dabei wird über Stunden hinweg gekocht, Wein getrunken und anschließend noch viel länger gegessen. Am Anfang unterlag ich noch der Illusion, dass wir später, nach dem Essen, noch ausgehen würden, diese wurde mir jedoch sehr schnell wieder genommen. Eine andere Möglichkeit zum Sattessen bietet der sogenannte aperitivo, bei dem es theoretisch nur darum geht, vor dem eigentlichen Essen einen Appetitanreger in Form eines Cocktails zu sich zu nehmen. Da dabei aber auch immer ein keines Buffet aufgebaut ist, wird dies von Studenten auch gerne mal zum kompletten Abendessen umfunktioniert. Und zum Nachtisch? Gelato! Eis geht immer! Ob in einer kleinen Familieneisdiele oder im riesigen buntbeleuchteten Eisladen: Eis wird in allen Variationen angeboten und keine Sorte fehlt: Von den allseits bekannten „normalen“ Eissorten Schokolade, Vanille und Erdbeere bis hin zu Kreationen wie Kinderschokoladeneis, Lioneis, Tiramisueis oder Peperoni-Schokoladeneis. Eine wichtige Lektion für das Zusammenleben mit Italienern: Die Einladung auf ein Eis darf niemals abgelehnt werden! Selbst dann nicht, wenn das Rezept nicht von Oma ist.
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