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Ganz egal, wo man hingeht, überall muss man eine Nummer ziehen, um an die Reihe zu kommen. Ob man beim Bäcker, im Supermarkt an der Käsetheke, auf der Post oder in einem Büro ist, ohne Nummer scheint nichts zu gehen. Und wenn man mal keine Nummer ziehen muss, dann gibt es ab und an Schilder, die einen darauf hinweisen, dass man sich in eine Reihe stellen muss und nicht vordrängeln darf! Da fällt es nicht schwer, sich vorzustellen, was passieren würde, wenn ein solches Schild nicht vorhanden wäre! Aber auch mit Nummern ist das Chaos vielerorts groß. Auf der Post ist es zum Beispiel schon ein kleiner Gewaltakt nur herauszufinden, welche Nummer man ziehen muss, da der Nummernabgabeapparat Ziffern für ungefähr 20 verschiedene Kundenwünsche bereithält. Aber auch trotz Nummern kommt es das ein oder andere Mal zu mittelschweren Wutausbrüchen, wenn zum Beispiel ein Postkunde lauthals seinem Unmut über die Reihenfolge der aufgerufenen Nummer Luft macht. Auch alleine zu wissen, in welches Amt man für ein bestimmtes Dokument gehen muss, ist keinesfalls einfach. Ich brauche eine Aufenthaltsbescheinigung, die es angeblich in der Polizeistation, der Questura, geben soll. Zweimal bin ich dort. Beim ersten Mal wird mir gesagt, dass ich dort falscher gar nicht sein könnte, weil ich doch ein EU-Bürger bin und ich bekomme den sehr vorsichtigen Tipp, dass ich vielleicht ins Ausländeramt gehen könnte. Ich erkundige mich daher sicherheitshalber noch einmal bei der Italienischen Botschaft in Berlin, die mir sagt, dass ich wirklich zur Questura muss. Aber auch beim zweiten Mal dort wird mir gesagt, dass ich das gewünschte Dokument bestimmt irgendwo anders bekomme, nur eben nicht hier. Wieder werde ich zum Ausländeramt geschickt, das, wie sich später rausstellte, nur für Einwanderer ist, die nicht aus der EU kommen und so langsam fange ich selber an zu glauben, dass ich kein EU-Bürger bin… Aus lauter Verzweiflung laufe ich dann mit einer Freundin einfach zum Einwohnermeldeamt, um wenigstens irgendeine Bescheinigung vorzeigen zu können. Da wir von den langen Wartezeiten gehört haben, sind wir um kurz vor 7 Uhr morgens dort, um überhaupt noch an die Reihe zu kommen. Eine russische Frau, die schon seit 6 Uhr hier ist, steht als Erste in der Schlange und lässt uns unsere Namen auf eine Liste schreiben. Ich bin Nummer 11. Um halb 9 macht das Amt auf. Solange stehen wir im kalten Wind und frieren. Der Hunger und die Kälte treiben uns kurz in die Bar nebenan für ein Croissant und einen Cappuccino. Aber bloß nicht zu weit weg gehen, damit unsere Namen nicht aus der Liste gestrichen werden! Um kurz vor halb 9 steckt eine Beamtin ihren Kopf aus der Eingangstür und schaut sich die Länge der Schlange an. Dann sagt sie, dass hier an der Tür eigentlich ein Zettel hängen sollte. Panik kommt auf, dass das Amt vielleicht heute geschlossen ist. Aber der Zettel teilt uns nur mit, dass es heute nur bis halb 12 geöffnet ist und die Frau erklärt jetzt schon sichtlich genervt, dass sie also heute nur circa 10 Leute abfertigen können. Ich bin Nummer 11. Um halb 9 öffnet ein Mann die Eingangstür und liest nacheinander die Namen der Liste vor, damit in genau dieser Reihenfolge Nummern gezogen werden können. Obwohl ich eigentlich keine Nummer mehr kriegen sollte, darf ich nun doch noch zwei weitere Stunden im Warteraum des Einwohnermeldeamts sitzen. Und wie durch ein Wunder bin ich doch noch dran! Die unfreundliche Frau am Schalter schafft es, mich in 5 Minuten abzufertigen. Dann erklärt sie mir noch, dass mich irgendwann zu einem unbestimmten Zeitpunkt, an dem ich in eigenem Interesse besser zu Hause sein sollte, ein Polizist besuchen kommt, um zu kontrollieren, ob ich auch wirklich in der angegebenen Adresse wohne. Ich verlasse das Amt um kurz nach 11. Normalerweise steht man als angehender Student der Universität von Florenz, der sich im Studentensekretariat einschreiben möchte, ähnlich lange an wie beim Einwohnermeldeamt. Auch hier gibt es Listen, in die man sich schon am Vorabend eintragen kann, die dann aber leider oftmals am nächsten Morgen nicht mehr dort sind. Da wir mit unserem Studiengang jedoch eine kleine Ausnahmerolle einnehmen, haben wir Glück und bekommen einen Termin zum gemeinsamen Einschreiben mit einem Dozenten, der unser Betreuer an der Uni Florenz ist. Der Termin ist an einem Mittwoch im Oktober um halb 12 Uhr mittags. Kurz vor halb 12 stehen alle 19 Mitglieder unseres Studiengangs mit allen wichtigen Dokumenten ausgerüstet vor dem Raum, in dem die Besprechung eigentlich stattfinden sollte. Mit einer Stunde Verspätung erscheint dann auch unser Betreuer, der uns einen Stapel von Formularen in die Hände drückt und dann in ratlose Gesichter blickt. Eigentlich sind wir uns alle recht sicher, dass wir schon ganz gut italienisch verstehen und sprechen können, die meisten von uns haben ja vor dem Studium immerhin schon einige Zeit in Italien gelebt, aber leider entpuppt sich das Einschreibungsformular für uns als unausfüllbar. Der Dozent muss uns das gesamte Formular auf „normales“ Italienisch übersetzen, weil wir in Behördenitalienisch leider noch nicht fit genug sind. Was wir da alles genau angekreuzt haben, ist uns nicht wirklich klar. Wir dürfen das Formular mit nach Hause nehmen, um uns alles noch einmal in Ruhe durchzulesen, aber das entpuppt sich als sinnlos. Als wir es ein paar Tage später abgeben, hoffen wir einfach, dass alles richtig ausgefüllt ist. Und es scheint, als hätten wir Glück: Ungefähr zwei Wochen später teilt uns unser betreuender Dozent mit, dass wir uns unsere Studentenausweise in seiner nächsten Sprechstunde abholen können. Zu dieser Sprechstunde erscheint unser er dann nur noch eine Dreiviertelstunde zu spät und jetzt werden 19 Studenten einzeln zu einem persönlichen Beratungsgespräch in sein Zimmer gerufen. Ich stehe weit hinten in der Schlange und warte auch hier nochmals circa zwei Stunden. Aber die Warterei hat sich gelohnt. Seit zwei Monaten bin ich richtig eingeschrieben und beim Einwohnermeldeamt bin ich auch korrekt angemeldet. Leider hat mich seitdem aber noch niemand nach meiner Matrikelnummer oder meinem Wohnsitz gefragt, weder in der Uni oder anderswo…
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