Auch wenn die Eintrittspreise in der Regel bei nicht gerade studentenfreundlichen $18-20 liegen (Ermäßigungen gibt es meist nur für Schüler und Rentner), wollte ich mir die Museumskultur in Toronto nicht entgehen lassen. Als erstes stand die 2008 neu eröffnete Art Gallery of Ontario, die in Toronto jedem nur unter dem Akronym AGO bekannt ist, auf dem Programm. Das AGO ist mit knapp 70.000 Kunstwerken eines der größten Museen des gesamten nordamerikanischen Kontinents und beeindruckt neben Meisterwerken von Rubens, Rodin oder Picasso vor allem durch eine der umfassendsten Sammlungen kanadischer Kunst. Erwähnenswert ist ebenso, dass das Museum auch heute noch an seinem ursprünglichen Standort von 1910 steht und dass auch die benachbarte Villa „The Grange“, immerhin das vierälteste Gebäude Torontos, einen Teil des Museums darstellt.

Eigentlich hatte ich meinen Besuch des AGO bereits für den 14.11.08, den Tag der großen Wiedereröffnung nach ca. vierjähriger Renovierung durch den Stararchitekten Frank Gehry eingeplant. Dieser hatte im Rahmen des Projekts „Transformation AGO“ das AGO nicht nur innen- sondern auch außenarchitektonisch quasi komplett neugestaltet. Nachdem ich jedoch an besagtem Novembertag die riesige Menschenmenge sah, die sich über zwei Blocks an der Dundas Street und der McCaul Street anstaute, verschob ich meinen AGO-Besuch doch lieber auf die Weihnachtsferien.

Beeindruckt war ich natürlich sofort von der Architektur des Gebäudes, welches sich durch seine gläserne, schiffartige Fassade von allen anderen Gebäuden im Umkreis deutlich abhebt. Aber auch die thematische Gestaltung der einzelnen Ausstellungsräume und die Präsentation der Werke waren sehr überzeugend. Ich begann meinen Besuch im Europäischen Flügel des AGO, welcher sich mit Werken von Otto Dix, Robert Motherwell und Käthe Kollwitz primär mit den Kriegen des 20. Jahrhunderts auseinandersetzt. Auf Grund der Kombination von Gemälden, Skulpturen sowie Projektionen entstand dort eine der Thematik würdige beklemmende Atmosphäre. Einen weiteren Teil der „European Zone“ stellt die Thomson Collection of European Art dar, die komplett von Kenneth Thompson, einem 2006 verstorbenen Kunstsammler und damals reichsten Mann Kanadas, gespendet worden war.

Die benachbarte Ausstellung „Works on Paper“ spiegelte unter anderem die Geschichte der Fotografie wider, enthielt aber auch informative und fassbare Beispiele verschiedener Papiersorten, ihrer Herstellung und Eigenarten. Daneben beherbergt der erste Stock des AGO eine Auswahl „Alter Meister“, hauptsächlich aus dem Italien des 17. Jahrhunderts und eine Ausstellung zu „History and Her Story“, welche sich anhand von Skulpturen Rodins und Bildern Picassos der Geschichte der Frau und des weiblichen Körpers widmete. Nach einem kurzen Ausflug zu „The Grange“ und der Besichtigung des skurrilen Joey and Toby Tannenbaum Sculpture Atriums war es nach gut 3 Stunden Zeit für den zweiten Stock. Dort beeindruckte vor allem die Galleria Italia, von der man durch die Glasfassade auf die Dundas Street sehen kann, die Contemporary Art Ausstellung und das riesige Henry Moore Sculpture Centre. Auch die Kunstsammlung der First Nations war trotz ihres relativ kleinen Umfangs einen Besuch wert.

Nach schönen, interessanten, aber auch anstrengend 5 Stunden im AGO gab ich mich geschlagen. Die Stockwerke 4 und 5, die beide Werke zeitgenössischer Kunst beherbergen, werde ich mir für meinen nächsten Besuch aufsparen, vornehmlich während der Ausstellung "Surreal Things. Surrealism and Design", welche ab Mai im AGO gezeigt wird.

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