Wer kitschigen Weihnachtsschmuck und die weihnachtliche Lichterpracht liebt, der wird im Dezember in Florenz auf seine Kosten kommen!
Man fühlt sich ein bisschen, als wäre man in den USA, wenn man an einem Abend im Dezember durch die Straßen von Florenz spaziert. Richtet man seine Aufmerksamkeit ab von der italienischen Architektur, sieht man sich in eine Flut von Lichtern getaucht, die sich durch die Straßen und kleinen Gassen der Innenstadt zieht. Je näher man dem Dom und damit dem Stadtzentrum kommt, desto dichter aneinander hängen die Lichterketten und desto größer leuchten die Schriften, auf denen den Passanten ein „Frohes Fest“ gewünscht wird. Es sind kaum noch Touristen in der Stadt, alles ist weniger hektisch.
Auf den Plätzen stehen riesige echte Tannenbäume, die mit weiß-gelb leuchtenden Lichterketten geschmückt sind. In den Wohnzimmern kleine Plastik-Weihnachtsbäume, die man ab Ende Oktober in den großen Supermarktketten im Gemüseregal findet. In den meisten italienischen Familien wird dieser schon Anfang Dezember aufgestellt und geschmückt, nicht erst, wie in Deutschland, kurz vor Weihnachten. Als ich davon erzähle, dass ich als Kind den geschmückten Weihnachtsbaum immer erst an Heiligabend gesehen habe, stoße ich auf Erstaunen: So hat man doch gar nichts von der schönen Stimmung, wenn der Baum nur für so kurze Zeit aufgestellt wird! Die italienische Kunsttanne, wird mit allem behängt, was zur Verfügung steht: Bunte Kugeln, Papierschlagen, Lametta, Holzfiguren, Engel und Lichterketten, die in verschiedenen Farben blinken und eine diskoähnliche Atmosphäre erzeugen. Unter dem Baum findet man fast überall eine Krippe mit der heiligen Familie, denn um die geht es ja an Weihnachten, was in Deutschland wohl immer mehr in Vergessenheit gerät.
Auch was die Geschenke betrifft, erlebt man andere Sitten. Wenn man jemanden beschenken möchte, den man an den Weihnachtsfeiertagen nicht sieht, muss man davon ausgehen, dass er das Geschenk sofort öffnen wird, wenn man es ihm übergibt, ganz egal wo er sich gerade aufhält. Die Geschenke, die ich von italienischen Freunden bekommen habe und die ich eigentlich bis zum 24. Dezember unter meinen deutschen Tannenbaum legen wollte, musste ich schon vor Weihnachten aufmachen. So hab ich zwar am Heiligen Abend weniger auszupacken, aber ich bekomme den ganzen Dezember Geschenke und kann die Freude darüber sofort zeigen und sehen, ob meine Geschenke auch Freude auslösen.
Auch was das Essen betrifft, gibt es auch hier viele kleine Weihnachtstraditionen. Besonders beliebt sind Panettone und Pandoro. Dabei handelt es sich um relativ große Kuchen, die ganz weich sind und sehr lecker schmecken! Der Panettone ist vergleichbar mit dem deutschen Christstollen, nur ist er viel weicher und hat keine Marzipan in der Mitte und der Pandoro ist viel süßer und ohne kandierte Fruchtstücke. Wer italienisch Weihnachten feiern möchte, sollte also nicht darauf verzichten diese beiden Köstlichkeiten zu probieren! Den dazu passenden Glühwein sollte man sich dann allerdings aus Deutschland mitbringen, es gibt ihn hier nämlich leider nur auf dem deutschen Weihnachtsmarkt zu kaufen, der jedes Jahr für zwei Wochen in Florenz aufgebaut wird.
Mit meiner WG wollte ich die Schönheit der deutschen Tradition eines Adventskalenders teilen und platzierte also ein besonders schönes Exemplar in unserer Küche, mit der Erklärung, dass wir dann jeden Tag bis zum 24. Dezember ein Türchen öffnen können. Als ich am nächsten Morgen in die Küche komme, sitzen meine beiden italienischen Mitbewohner mit schuldbewussten Mienen am Küchentisch. Alle Türchen sind geöffnet und leer gegessen. Lorenzo erklärt mir, dass das doch eine doofe Idee von uns Deutschen ist, und dass es das Warten keinesfalls erleichtert: „Das ist doch Folter, wenn man die ganze Zeit so viel Schokolade vor der Nase hat und sie nicht essen darf!“
Also wartete unsere WG dann doch ohne tägliche Schokoladenration auf ganz italienische Art und Weise auf den 24. Dezember, an dem Babbo Natale, was soviel bedeutet wie „Papa Weihnachten“, mit Geschenken zu uns kommt. |