Ich bin dann mal weg! - dieses bekannte Motto spricht immer mehr junge Erwachsene an. Viele entschließen sich nach bestandenem Abitur oder zwischen Bachelor und Master ein Jahr "Pause" zu machen und Erfahrungen im Ausland zu sammeln. Angebote gibt es reichlich. Ob das Freiwillige Soziale Jahr, der Freiwilligendienst "kulturweit" oder das entwicklungspolitische Programm "weltwärts" - die Liste der Wege ins Ausland ist lang. Mich verschlug es nach mehr oder minder aufwendiger Bewerbungsphase schließlich ins ca. 8000 Kilometer entfernte Namibia. Genauer gesagt in die Hauptstadt Windhoek.

Abenteuer Afrika ... ähm, ich meine Namibia!

So oder ähnlich assoziiert Otto Normalverbraucher vielleicht, wenn jemand von einem Auslandsjahr in Namibia erzählt. Denn für viele ist Afrika nach wie vor ein Land, kein Kontinent. Genauso wie Deutschland oder Frankreich. Ein ziemlich abenteuerliches noch dazu, nach all dem, was man in den Medien so hört. Dort auch noch ein Jahr leben und arbeiten? Utopisch!
Doch Afrika ist eben nicht gleich Afrika. Diese Erkenntnis zu gewinnen erfordert jedoch eine gehörige Portion "Hinschauen", wohl gemischt mit einer guten Brise "Unvoreingenommenheit". Namibia besitzt nämlich einige Skurrilitäten, die mit einem "Egotrip ins Elend" nichts zu tun haben. Gerade die Hauptstadt bietet viele Annehmlichkeiten. Im Supermarkt gibt es ein deutsches Regal, im Café nebenan genießt der in Kaki gekleidete Touri gerne mal eine Schwarzwälder Kirschtorte.

"City where the sunlight awaits you"

Allerdings gilt die goldene Regel: alles kann, nichts muss. Wer auf seiner Erkundungsfahrt durch die Hauptstadt, ebenso wie durchs ganze Land nur "den Spuren des Touri's" folgt, gewinnt nur eine positive Erkenntnis: nicht der ganze Kontinent Afrika ist von Hungersnöten und Krieg geprägt. Trotzdem lohnt es sich, im Supermarktregal das Sauerkraut einfach mal Sauerkraut sein zu lassen, um eine andere Kultur kennenzulernen. Etwas anderes anzusehen, anstatt Überbleibsel vom deutschen Kolonialismus wie die Christuskirche oder das Reiterdenkmal. Sprich: abseits der üblichen Wege Interessantes entdecken.
Einen kleinen aber feinen Vorteil hat ein Freiwilliger da gegenüber einem Touristen. Durch die offenen Menschen gewinnt man schnell soziale Kontakte. Ruckzuck fand ich mich auf diversen Grillparties wieder - in Namibia "braai" genannt - und wurde zwischen wildfremden Menschen behandelt, als hätte ich schon immer dazugehört. Bei Bier und einheimischer Musik wird man auch recht schnell wirklich vertraut mit den Leuten. Toll!
Falls der Magen irgendwann meint kein Grillfleisch mehr sehen zu können - was auf den namibischen allerdings ebenso wenig zutrifft wie auf meinen europäischen - bietet Windhoek nicht unbedingt in kulinarischer, aber in anderer Hinsicht Abwechslung: Ausstellungen und Konzerte von namibischen Künstlern beispielsweise. Der Besuch einer der zahlreichen, kleinen Bars im ehemaligen Township Katutura, Shebeens genannt, gehört definitiv zu den "must do's" für jeden Bewohner der Stadt.
Glücklicherweise hat Windhoek eher was vom schwäbischen Kuhkaff, wo jeder jeden kennt, als von einer lärmenden, nie schlafenden Megacity. Wem es dennoch einmal zu viel wird, dem bietet sich die Möglichkeit, die Natur direkt vor der Nase zu erforschen. Denn wer das Ortsschild hinter sich lässt, lässt auch wirklich den Ort hinter sich. Danach heißt es Namibias wohl größtes Kapital zu erkunden: unberührte Landschaft wohin das Auge reicht!

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