Die Loreley
Der Rhein verengt sich. Auf Kilometer 555 ragt ein rauer Felsen 132 Meter in die Höhe und stört den Flussverlauf. Der Kapitän muss sich jetzt konzentrieren, damit die Loreley nicht auch diesem Schiff zum Verhängnis wird. Die Goethe fährt zu Berg, also gegen den Strom. Ein Signalsystem am Ufer des Flusses, die sogenannte Wahrschau, zeigt ihm an, was aus der Gegenrichtung kommt. „Bei Unklarheiten funke ich das betreffende Schiff an: Schiff zu Tal auf Höhe St. Goar, wie fahren sie? So geht das dann.“ Von der schönen Meerjungfrau, die verführerisch auf ihrem Felsen sitzt und ihr goldenes Haar kämmt ist weit und breit nichts zu sehen. Anstelle ihres legendären Gesangs ertönt aus den Lautsprechern etwas blechern Heinrich Heines vertontes Gedicht von der Loreley.

An den Flussufern zieht in kurzen Abständen ein Städtchen nach dem anderen vorbei. St. Goar und St. Goarshausen liegen längst in weiter Ferne. Stattdessen nähert sich der Dampfer dem Ort Kaub, der wie eigentlich alle Städte seine eigene Festung zu bieten hat. Viel aufregender ist allerdings eine kleine Insel mitten im Fluss. Auf ihr steht, ein breiter in sich gedrungener Turm mit vielen Erkern und Ausgucken. Behände paddeln einige Kanufahrer zu der kleinen Rheininsel. Die Goethe fährt langsam an der ehemaligen Zollstation mit dem Namen „Pfalz“ vorbei und erreicht schließlich das mittelalterliche Städtchen Bacharach. Hier verlassen viele Passagiere das Dampfschiff fürs Erste, um zwischen den alten Fachwerkhäusern zu Mittag zu essen und die oberhalb gelegene Burg Stahleck zu besichtigen. Der kurze aber steile Anstieg lohnt sich. Die freie Sicht auf das Rheintal ist atemberaubend. Zur anderen Seite klettern die Weinstöcke in ordentlichen Reihen den Berg hinauf. Ein Weg windet sich zwischen den Pflanzen den Hügel hinauf. Mitten in dem gepflegten Anbaugebiet steht ein hoher Turm, der zu einer Seite offen ist und ein rotes Treppenhaus preisgibt. „Hier haben die Feuerwehrmänner damals ihre Schläuche zum Trocknen aufgehängt“, erklärt die Gastwirtin.


Innenhof der Burg Stahleck
Gerade noch begeistert von der romantischen Aussicht auf die Hänge, verschlägt es den Besuchern beim Betreten der uralten Burg den Atem. Verwinkelte Gänge, mit Meter dicken Wänden führen auf einen großen und Licht durchfluteten Platz. Zwischen dem festen Mauerwerk bahnen sich rote Holzbalken und helle Fassaden den Weg. Von einer großen Terrasse aus, kann man herabsehen auf das tiefer gelegene Örtchen. Burgfried, Zinnen und Schießscharten sind vorhanden. Nur Ritter gibt es hier heute nicht mehr. Die Burg ist inzwischen eine Jugendherberge.

Die Nostalgie-Strecke den Rhein hinunter reicht bis Rüdesheim. Zu weit für den heutigen Tag. Mit der „Loreley“ geht es deshalb nur noch bis Assmannshausen. Auf dieser Strecke taucht eine Burg nach der anderen aus den Schatten der Felsen auf: Schloss Fürstenberg, Burg Hohneck, Burg Sooneck und viele mehr. Danach wird wieder umgestiegen. Das Time-Management ist perfekt. Eine Minute vor der Goethe, die sich inzwischen auf dem Rückweg befindet, dockt die Loreley an. Wieder auf dem Dampfer, beginnt das Schaufelrad sich von neuem zu bewegen. Eine Umdrehung, dann die Zweite. Unzählige Liter durchwälztes Wasser später legt die Goethe wieder in Boppard an. In der untergehenden Sonne schlendern neben vielen anderen Passagieren zwei zufriedene Journalisten von Bord.


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