Nachdem mit dem Halbfinalspiel am Dienstag in Dortmund die letzte Begegnung der Fußball-WM in Nordrhein-Westfalen stattgefunden hat, ziehen Touristiker in NRW ein erstes Fazit.
Alle sind sich einig: Die WM war ein Volltreffer! Das gigantische Sportevent war beste Werbung für die Städte und Regionen in NRW. An den Spieltagen waren die Hotels in den Spielstädten ausgebucht. Hunderttausende Fußballbegeisterte kamen jeweils zu den Public-Viewing-Plätzen und sprengten alle Erwartungen.
Bundesweit hatte die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) schon zur "Halbzeit" vermeldet, dass die internationalen Gäste der Fußball-WM zu "Deutschland-Fans" geworden seien. Nach einer Umfrage von TNS Infratest unter knapp 1.300 Gästen aus aller Welt in den WM-Städten Berlin, Dortmund, Hamburg, Köln und München konnten mit der WM neue Kundengruppen erschlossen werden; 90 Prozent wollen Deutschland als Reiseland weiterempfehlen. Drei Viertel der Befragten sind eigens für die WM nach Deutschland gekommen und fast die Hälfte (43 Prozent) der Umfrageteilnehmer reiste zum ersten Mal nach Deutschland. 16 Prozent kombinierten das WM-Erlebnis mit einem Deutschland-Urlaub. Statt der bundesweit prognostizierten einen Million sind nach ersten Schätzungen derDZT doppelt so viele Übernachtungsgäste gekommen.
Auch in Nordrhein-Westfalen, dem mit drei WM-Städten am stärksten vertretenen Bundesland, wurden die ohnehin schon sehr positiven Erwartungen noch übertroffen. Zwar liegen erst wenige konkrete Zahlen vor,für Christine Harrell vom Nordrhein-Westfalen Tourismus e.V. ist aber schon klar: "Die Welt zu Gast bei Freunden" - der offizielle Slogan sei inden letzten Wochen zwischen Rhein und Ruhr mit Leben gefüllt worden. "Wir hoffen, dass daraus Freunde fürs Leben werden", erklärte Harrell heute in Köln, "schließlich hat sich unser Land von seiner besten Seite gezeigt, eine unglaubliche Fülle an Kultur präsentiert und unseren Gästen aus aller Welt ihren Aufenthalt mehr als angenehm gemacht".
Köln feierte die WM fast wie im Karneval und zeigte seine sprichwörtliche rheinische Ausgelassenheit. Auch für Josef Sommer, den Geschäftsführer der KölnTourismus GmbH, war das Sportereignis ein voller Erfolg. Neben vollen Betten in den Hotels kann Köln bis auf den letzten Platz gefüllte Biergärten und Altstadt-Kneipen vorweisen. Einzigartige, emotionsgeladene Bilder der Domstadt gingen um die Welt. "'Viva Colonia' kennt und singt man nun rund um den Globus", freut sich der Tourismuschef. Rechnete man vorab in Köln mit einer Steigerung der Gästezahlen von zehn Prozent in den Monaten Juni und Juli, so geht man heute von einer bis zu 20-prozentigen Zunahme aus. Am Spieltag England-Schweden war Köln sogar komplett ausgebucht. Allein 80.000 Engländer konnten gezählt werden, weshalb schnell zusätzliche Camping-Areas und eine Public Viewing-Fläche eingerichtet wurden. Bis zu 300.000 Tagesgäste konnten jeweils zu den Top-Begegnungen in der Innenstadt gezählt werden. Die brasilianischen Fans machten Köln ebenso populär wie die Tatsache, dass gleich drei afrikanische Mannschaften in der Domstadt aufliefen. Dadurch konnte Köln, das gerade in Südamerika und Afrika "bisher noch ein relativ weißer Fleck auf der Landkarte" war, seinen Bekanntheitsgrad um ein Vielfaches steigern, freut sich Josef Sommer.
Freude auch im Revier: In Dortmund betrug die Belegung in den Hotels an den Spieltagen und am Vortag 100 Prozent, eine immer noch gute Belegung gab es zwischen den Spieltagen. Mehr als 47.000 Buchungen aus 95 Ländern gingen bei DORTMUNDtourismus für die Unterkünfte in Dortmund und Umgebung ein. Über 120 Rahmenprogramme für Fans und VIPs wurden erstellt, fünf Tourist-Informationsstellen gleichzeitig betrieben. "Vor einer solchen Herausforderung standen die Dortmunder Tourismuswerber in ihrer über 100-jährigen Geschichte noch nie", erklärte DORTMUNDtourismus-Geschäftsführer Matthias Rothermund. "Unglaublich die Euphorie unserer Fans - wir Westfalen sind die Brasilianer Europas" so derDortmunder WM-Organisator Gerd Kolbe. Er will die Freude und Freundlichkeit in die nächsten Jahre hinüber retten: "Schon nächstes Jahr können wir uns wieder beweisen, bei der Handball-WM in Dortmund". Für Udo Mager, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Dortmund steht vor allem der "enorme internationale Imagegewinn, den die Stadt durch die WM erfahren hat", im Vordergrund. Er hofft auf neue Investoren, schließlich habe die WM viele Gäste nach Dortmund gelockt, die die Stadt bis dahin noch nicht kannten: "Das hilft, Klischees abzubauen".
Auch in Gelsenkirchen wurden alle Erwartungen übertroffen, die Hotels waren an den Spieltagen ausgebucht, bei den Camps mussten kurzfristig die Kapazitäten erweitert werden. Allein für englische Fans wurden 800 zusätzliche Plätze angeboten. Gut besucht war auch das Mobilcamp mit 350 Stellplätzen. Die anfangs vorhandenen 20.000 Public-Viewing-Plätze wurden zuerst um 10.000 im ehrwürdigen Glückaufstadion und schließlich noch mal um 80.000 weitere in der Trabrennbahn Nienhausenbusch erweitert."Nach dem Spiel ist vor dem Spiel" - auf diese alte Fußballer-Weisheit verweist Christine Harrell: Schließlich habe NRW auch nach Abschluss der WM für Fußballfans aus aller Welt jede Menge zu bieten: neben der unglaublichen Fußballbegeisterung, die auch bei Bundesligaspielen zu spüren ist, natürlich auch die Deutsche Fußballroute NRW, ein weltweit einmaliges Highlight. Und in nächster Zeit stehen weitere internationale Top-Events bevor: Bei der Fußball-WM der Menschen mit Behinderung (26. August bis 19. September), der Hockey-WM der Herren (Mönchengladbach, 6. bis 17. September), den Weltreiterspielen (Aachen, 22. August bis 3. September), der Kanu-WM (Duisburg, 8. bis 12. August 2007) sowie der Handball-WM (19. Januar bis 4. Februar 2007) kann das Sportland NRW wie kein anderes Bundesland weiter punkten. Insbesondere, da sich vor und während der WM eine enorme Fußball-Begeisterung quer durch alle Gesellschaftsschichten etabliert hat. "Davon wird das Tourismus- und Fußballland NRW nachhaltig profitieren", prognostiziert Christine Harrell.
Das gilt auch aus wirtschaftlicher Sicht: "Internationale Groß-Events wie die Fußball WM oder auch der Weltjugendtag im vergangenen Jahr sind von außerordentlich großer Bedeutung für die Tourismuswirtschaft. Denn sie erzeugen eine positive mediale Aufmerksamkeit, die sich anders kaum oder nur mit gigantischen Werbeetats erreichen ließe", erklärt Christine Harrell.
Autor: Michael Friedrichs / NRW Tourismus e.V (Foto: photocase.de) / 06.07.2006 | Artikel drucken |