Tourismus kann großen finanziellen Reichtum bringen – oft genug erreicht das Geld jedoch nicht die Bevölkerung. Ein kleiner Kreis von "big players" verdient, eine westliche Parallelgesellschaft residiert in paradiesischen Anlagen und die einheimische Bevölkerung lebt weiterhin in großer Armut. Nachhaltiger, das heißt sozial- und umweltverträglicher Tourismus, ist deshalb ein Ziel aller Organisationen, die in verantwortungsvollem Tourismus eine Möglichkeit der Armutsbekämpfung sehen.

Oberste Prämisse dieser Programme ist es, die einheimische Bevölkerung in den Tourismus zu involvieren. Das ST-EP Programm der World Tourism Organisation (WTO) – einer kleinen Organisation der UNO – das Mitte 2005 in Kraft treten soll, hält Punkte fest, die zur Armutsbekämpfung durch den Tourismus beitragen sollen. Darunter die Involvierung der armen Bevölkerung in touristischen Unternehmen durch Service- und Zulieferdienste, die Vergabe von Kleinstkrediten zur Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen und die Einrichtung einer Tourismussteuer, die der armen Bevölkerung zugute kommen soll.

Äthiopien ist eines der Länder, die mit Programmen wie ST-EP ihrer Wirtschaft auf die Beine helfen wollen. Bislang ruht die äthiopische Wirtschaft im Wesentlichen auf dem Export von Kaffee – ein unsicheres Geschäft, welches das Land nicht ernähren kann. Das äthiopische Bruttoinlandsprodukt beträgt lediglich 5 Prozent des Deutschen, obwohl das Land dreimal so groß ist und 78 Prozent der Bevölkerungsgröße erreicht. Lalibela, ein christlicher Wallfahrtsort, an dem Kaiser Lalibela im 12. Jahrhundert 11 Kirchen in den Felsen schlagen ließ, soll den Ausgangspunkt für den Ausbau einer touristischen Infrastruktur bilden. Damit die Bevölkerung direkte Beteiligung findet, sollen Touristen in Dörfern untergebracht werden, wo sie am täglichen Leben teilnehmen.

Solche touristischen Projekte, in denen Touristen mitten hinein in das Alltagsleben der Bevölkerung geworfen werden, sind weltweit sehr erfolgreich. Richtig organisiert ermöglichen sie einen sozialverträglichen Tourismus, von dem einheimische Bevölkerung und Touristen gleichermaßen profitieren, indem gegenseitige Vorurteile abgebaut und intensive Eindrücke gewonnen werden können.

Auf der Internationalen Reisemesse ITB in Berlin werden in jedem Jahr Tourismusprojekte mit dem TODO! Preis für sozialverträglichen Tourismus ausgezeichnet. 2005 waren es drei. Die Staatssekretärin des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Uschi Eid, hob in ihrer Laudatio hervor, dass es für Entwicklungshilfe und Tourismushilfe gleichermaßen wichtig sei, dass sich "die Menschen vor Ort auf dem Fahrersitz befinden".

Der TODO! soll Mut machen, ambitionierte und ungewöhnliche Projekte zu verwirklichen, welche die einheimische Bevölkerung mit einbeziehen. Sadick Magwiza, Park-Manager des Chumbe Island Coral Parks, der auf der ITB einen Preis entgegen nehmen konnte, erklärte, er habe früher die Bereitschaft westlicher Touristen, für einen Urlaub fernab der Zivilisation Geld auszugeben, kaum nachvollziehen können: "I say to myself – no TV, no radio, and people pay you money to stay here? It’s like staying at home!"

Nicht "staying at home" aber "feeling at home" ist ein wichtiges Schlagwort auch in Bezug auf die zwei anderen Preisträger des TODO! In beiden Projekten leben Touristen in einem Dorf, werden Teil des Dorfalltags und übernehmen Aufgaben – im Haushalt der Familie, im Kindergarten oder auf den Feldern. Die Finca Sonador in Costa Rica ist ein kleines Dorf, dass aus einem ehemaligen Flüchtlingsprojekt heraus entstanden ist und will mit einem geringen Tagespreis von sieben US$ vor allem junge Touristen ansprechen, die Costa Rica wegen seines grünen Images anziehend finden. Die Finca Esperanza Verde im Bergland von Zentralnicaragua, verfolgt ähnliche Ziele. In San Ramón leben die Touristen mit der Bevölkerung und arbeiten wenn sie wollen – zum Beispiel auf der Schmetterlingsfarm.

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