Die Romantische Straße endet am Fuß der Alpen mit jenen Bauten, welche für viele den Inbegriff von Romantik darstellen: Ludwigs Märchenschlössern Neuschwanstein und Hohenschwangau.

80% der Reisen entlang der Romantischen Straße werden heute von deutschen Touristen unternommen. Ursprünglich entwickelt wurde das Touristikkonzept der Reiseroute jedoch für amerikanische Reisende, welche auch heute noch die zweitstärkste Gruppe der ausländischen Reisenden auf der Romantischen Straße stellen, zahlenmäßig übertroffen nur von chinesischen Reisenden. Die Route ist ein Nachkriegsprodukt. Ganz bewusst wurde in der Wiederaufbauzeit die Route von Würzburg nach Füssen gewählt und vermarktet um Deutschland von einer anderen Seite zu zeigen und Deutschlandtouristen einen neuen, besseren, idyllischeren Eindruck des ehemaligen Feindstaates mit nach Hause nehmen zu lassen. Das Konzept wirkt fort, denn tatsächlich sind es heute oft ältere Amerikaner, welche die Strecke bereisen - viele von ihnen kehren zum ersten Mal nach dem Krieg zurück.

Reiseanbieter entlang der Romantischen Straße werben mit der Friedfertigkeit und harmlosen Idylle der Gegend. Der Dreiklang "Natur, Kultur und Gastlichkeit" ist das Markenzeichen der Region.

Dagmar Buch wollte die beworbene Gastlichkeit der Region und ihre Wirkung auf serviceverwöhnte amerikanische Pauschalreisende testen und begleitete im Rahmen ihrer Dissertation an der Uni Bielefeld amerikanische Pauschalreisegruppen entlang der Romantischen Straße. Auf der ITB 2003 präsentierte sie ihre Ergebnisse, denn zwischen grünen Wäldern, eindrucksvollen Ritterburgen und Ludwigs Schlössern traten immer wieder Flecken der vielbeklagten Servicewüste Deutschland auf. Zu ihrem Erstaunen machte Dagmar Buch jedoch die Erfahrung, dass viele reisende Amerikaner Abstriche an der "touristischen Software" (Service) gerne in Kauf nahmen um die "Hardware" (idyllische Landschaft, schöne Hotels) genießen zu können. Mit Gelassenheit begegneten die Reisenden unkooperativen Kellnern, fehlenden englischen Speisekarten und langen Wartezeiten und befanden am Ende ihrer Reise den Kurzurlaub trotzdem einstimmig für sehr gelungen.

Das gefragte Produkt romantisches Deutschland, welches auf ewig dazu beitragen wird, das Deutschlandbild im Ausland auf dem Bayernbild der Deutschen festzuschreiben, scheint für amerikanische Pauschaltouristen, wie sie Dagmar Buch begleitete, immer noch gekoppelt zu sein an das ebenso alte Bild des effizienten aber unfreundlichen deutschen Arbeiters. Für Dagmar Buch die Erklärung, weshalb die von ihr begleiteten Reisenden zwar mit dem Service unzufrieden waren, die Reise aber trotzdem als durchweg gelungen bezeichnen konnten: ihre hohen Erwartungen an Romantik und Idylle und ihre niedrigen Erwatungen bezüglich der Servicequalität waren bestätigt worden, die Erwartungserfüllung also insgesamt hoch.

Buchs Ergebnisse wären angetan, eine eher traurige Bilanz der deutschen Reisebranche zu vermitteln, wäre da nicht der Verdacht, dass ein gelungener Urlaub eben nicht nur die Verkettung vollendeter Serviceleistungen ist und das Wissen, dass eine Mass im Hofbräuhaus schon manchen Deutschlandreisenden darüber hinweggetröstet hat, dass kostenloses Tafelwasser auf jedem Tisch in Deutschland eben nicht selbstverständlich ist.

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