Seit Jahrzehnten wird über die Deutsche Bahn geschimpft: zu teuer, zu spät, zu unfreundlich. Kinder mit Cellos werden im Dunkeln aus dem Zug geschmissen, Menschen erleiden reihenweise Beinah-Hitzeschläge – die Horrorstorys über die Bahn häufen sich. Über keine andere Sache, bis auf das Wetter, kann man sich so schön und konstant aufregen.

Endlich Konkurrenz

Regelmäßig fahre ich zu meinen Eltern an die Ostsee. Die einzige finanzierbare Möglichkeit bisher war die Mitfahrgelegenheit. Mindestens fünf Stunden Fahrt plus optionale zwei bis drei Stunden extra aufgrund von Staus, Baustellen und Pinkelpausen. Umso begeisterter war ich zu hören, dass ab dem 23. Juli eine Bahnkonkurrenz, der Hamburg-Köln-Express, abgekürzt HKX, startet. 20 Euro in der Basic-Klasse von Köln nach Hamburg in 4 Stunden. Günstiger fährt man in Zeiten der monumentalen Benzinpreise selbst mit der Mitfahrgelegenheit nicht. Am 24. Juli, einen Tag nach der Jungfernfahrt, warte ich gespannt am Kölner HBF auf den HKX. Der einfahrende Zug ist ein Zug der Rheingoldreihe, einer Luxuswagenreihe aus den 60er Jahren. Die ursprüngliche Absicht, aufgekaufte Züge der OBB einzusetzen, konnte nicht rechtzeitig realisiert werden und so setzt der HKX übergangsweise die edlen Luxuszüge ein.

Smartphones und Studentenpreise

Als ich mein Abteil betrete, bin ich überrascht. ‚Ist das hier wirklich die Basic-Klasse?‘, frage ich. Die anderen zwei Insassen meines Abteils nicken beeindruckt. Mein Sitzplatz befindet sich in einem Sechserabteil im schicken Retrostil. Beinfreiheit und gemütliche Sitze inklusive. So viel Komfort muss man erst einmal verdauen. Kurz darauf kommt der –Achtung!- gut gelaunte Schaffner vorbei und kontrolliert unsere Tickets. Ihn stört es auch nicht, dass die Hälfte des Abteils das Ticket nicht in ausgedruckter Form, sondern nur auf dem Smartphone vorliegen hat. Er scannte die Codes lässig mit seinem Smartphone, wünschte uns einen angenehmen Tag und begab sich zum nächsten Abteil. Apropos Smartphone: Der Altersdurchschnitt der Zuginsassen lag bei etwa Mitte 20. Im HKX trifft man anscheinend die Leute, die man ansonsten in der Mitfahrgelegenheit kennengelernt hätte. Nur eben nicht aufeinandersitzend zu dritt auf der Rückbank eines Cabrios. Auch die Servicechefin, die uns zusammen mit dem Aktionär Michael Schabas in unserem Abteil besucht, um mit uns ein Pläuschchen zu halten, hatte nicht mit so vielen jungen Leuten gerechnet. Und doch schienen sie vorbereitet zu sein, sogar die Speisekarte ist auf einen bestimmten Personenkreis zugeschnitten. Neben Gemüsesticks, Vollkornsandwiches und Biomüsliriegeln findet man Kaffee und Bier zu Preisen, die jedem Studentenbistro Konkurrenz machen würden.

Realistische Zukunftsaussichten?

Es ist offensichtlich, dass die HKX GmbH einen deutlichen Kontrast zu der DB herstellen will - vernünftige Preise, freundliches Personal und eine flexible Arbeitsweise. Wenn man beispielsweise spontan fahren will, ist es kein Problem das Ticket auch an Bord zu kaufen. Aber kann es wirklich sein, dass mit diesen Preisen eine Bahnlinie zu halten ist? Wenn dem HKX das gelingt, ist es ein deutliches Signal an die DB, dass sie nicht ewig an ihrem konstant en Wechselspiel aus Preiserhöhung und Qualitätsverminderung festhalten können und dass man gegen Konkurrenz auch konstruktiver vorgehen kann, als sie wegzuklagen. Es ist auf jeden Fall ein erster Schritt, der hoffentlich zur weiteren Auflockerung des Monopols der DB beiträgt.

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