Buchcover der Autobiographie einer Hijra
   
 

"Es gibt mehr Geschlechter als männlich/ weiblich"
   
Jüngst lief in den Kinos die britische Komödie The Best Exotic Marigold Hotel erfolgreich an. In dem romantischen und zotigen Drama wollen sieben Rentner ihr Lebensende in einem Altenheim im sonnigen Indien verbringen. Die günstige Unterkunft entpuppt sich als fremd und gewöhnungsbedürftig. Die wenig vertraute Kultur wirft die Rentner aus ihren gewohnten Bahnen. Oberflächlich und klischeehaft spielt der Film beiläufig auf tatsächliche Probleme in Indien an, wie die dort üblichen Zwangsverheiratungen und die Diskriminierung von Homosexualität. Dies nimmt campus-web zum Anlass, um diesen realen Problemen in einem Themenschwerpunkt nachzugehen.

Eine andere Kultur

Fragen der Ernährung, des Klimas, der Gesundheitsversorgung werden in der Öffentlichkeit als besonders drängend für Indien wahrgenommen. Doch auch Frauenrechte sind zu einem nicht mehr wegzudenkenden Bestandteil entwicklungspolitischer Überlegungen geworden. Die Veränderungen der vergangenen Jahre hinsichtlich des Umgangs mit LBSTs (Lesben, Bisexuellen, Schwulen und Transsexuellen) in unserer eigenen Kultur ist enorm. Ähnlich wie die Frage nach den Rechten der Frauen in anderen Kulturen stellt sich nun auch die Frage hinsichtlich der Rechte und der gesellschaftlichen Position von LBSTs. Indien ist in diesem Zusammenhang besonders interessant. In den islamischen und in nahezu allen afrikanischen Ländern werden LBSTs sehr stark abgelehnt, verfolgt und sogar mit dem Tod bedroht. In manchen Regionen Indiens gibt es jedoch traditionell seit Jahrhunderten einen gewissen wertschätzenden Umgang mit anderen Geschlechtsidentitäten.

Zwischen Akzeptanz und Diskriminierung

Mann-zu-Frau-Transsexuelle erfahren so eine gesellschaftliche Einordnung als ein drittes Geschlecht, welches den Gruppen der so genannten Hijras oder jener der so genannten Kotis zugeordnet wird. Sie übernehmen soziale Funktionen in der Gesellschaft. Auch wenn bei Hijras oder Kotis im europäischen Sinne keinesfalls eine angemessene Integration in die Gesellschaft gewährleistet ist, sind dies im Vergleich zu vielen anderen Ländern doch Ansätze, die das Interesse vom campus web an einer Analyse der gegenwärtigen Lage dieser Menschen wecken:

In welcher Weise hat sich die gesellschaftliche Haltung gegenüber LBSTs in den vergangenen Jahren verändert? Wirken traditionelle Sichtweisen auf Hijras oder Kotis eher stigmatisierend oder bieten sie eine Chance auf einen indischen Weg eines menschlicheren Umgangs mit Transsexualität? Welche Unterschiede gibt es bei der gesellschaftlichen Bewertung von Mann-zu-Frau-Transsexuellen und Frau-zu-Mann-Transsexuellen? Welche Unterschiede gibt es bei der gesellschaftlichen Bewertung von schwulen und lesbischen Lebensweisen? Ist unser LBST-Konzept übertragbar und in welcher Weise müsste es modifiziert werden?

Teil 1 - "Sex wider der natürlichen Ordnung"

Teil 2 - Das dritte Geschlecht

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