Für Jahrzehnte waren große Teile Zentralasiens hinter dem eisernen Vorhang für Reisende aus dem Westen unerreichbar. Doch auch heute liegt die Region abseits der Touristenrouten und stellt selbst für erfahrene Backpacker eine Herausforderung dar.

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Zentralasien ist für viele eine völlig unbekannte Region mit endlosen kargen Steppen, Nomaden und in jüngerer Zeit einer wachsenden Gefahr als Brutstätte des internationalen Terrorismus. Selbst geographisch ist die Region zwischen Europa und Asien schwer zu fassen. Grob umfasst sie alle "stan-Staaten" zwischen Kaspischem Meer und Mongolei und von den endlosen Weiten Sibiriens bis zum südlichen Hindukusch.
Im Norden liegt Kasachstan, das als neunt größtes Land der Erde eine umfangreichere Landmasse bedeckt, als alle anderen Staaten Zentralasiens zusammen. An Kasachstan angrenzend im Westen Turkmenistan, das als einer der geheimnisvollsten Staaten der Region gilt und starke Verflechtungen zum Iran hat. Wesentlich bekannter sein östlicher Nachbar Usbekistan, das durch die alten Handelsstädte Taschkent, Samarkant und Buchara entlang der Seidenstrasse schon eher das Ziel organisierter Reisen ist. Besonders faszinieren für Bergsteiger und Wanderer sind die beiden Hochgebirgsrepubliken Kirgistan und Tadschikistan, die im Durchschnitt deutlich über 1000 Meter über dem Meeresspiegel liegen und dramatische Höhenzüge des Tien-Shan und Pamir Gebirges aufweisen. Fast ausschließlich negative Schlagzeilen prägen zur Zeit das Bild Afghanistans, das von der Lonely Planet Redaktion unter den derzeitigen Bedingungen touristisch beleuchtet wird.
Trotz des großen Umfangs von sechs behandelten Staaten in einem Band, gelingt es der Lonely Planet Redaktion, den Leser mit zahlreichen Hintergrundinformationen zu versorgen. So findet sich neben dem eigentlichen touristischen Teil zu jedem Land eine Einführung mit Informationen zu Geschichte, Kultur, Kunst, Religion und Lebensgewohnheiten der Menschen. Typisch für den Lonely Planet ist die Dichte an gegebenen Adressen und Ansprechpartnern, sowie empfohlenen Hotels, Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten. Hier ist der Verlag sicherlich unangefochten. Innenstadtpläne und Übersichtskarten ergänzen den redaktionellen Teil sinnvoll und helfen bei einer ersten Orientierung. Tipps zu Verkehrsmitteln, Visa-Bestimmungen und vielen anderen Punkten wurden im Anhang zusammengefasst, wo der Leser auch eine kleine Einführung in einiger der zentralasiatischen Sprachen findet.
So verschieden die Landschaftsformen in dieser riesigen Region sind, so groß ist auch der Unterschied in der Bereisbarkeit einzelner Gebiete. Almaty im Südosten Kasachstans ist eine sehr westlich geprägte Stadt, wo praktisch alles erhältlich ist. Wenige hundert Kilometer außerhalb sehen die Verhältnisse jedoch schon ganz anders aus. Viel extremer natürlich die Situation in Afghanistan, wo man sich genau überlegen sollte, ob eine Reise ohne zu große Lebensgefahr durchführbar ist. Doch auch andere Staaten Zentralasiens sind alles andere als liberal, demokratisch und einfach zu bereisen. Der Autor des Kapitels über das autoritär Regierte und weitgehend abgeschottete Turkmenistan beispielsweise, möchte zu seiner Sicherheit und der seiner Informanten anonym bleiben, was bei einem Reiseführer sicherlich einmalig ist.
Vor Ort in Kasachstan und Kirgisien getestet, wirkt der Lonely Planet "Central Asia" gut recherchiert und auf dem neusten Stand. Gegenüber der Vorgängerausgabe wurden vor allem die Hotelpreise und andere Kosten angepasst, die in den letzten Jahren eine sehr unerfreuliche Steigerung erfahren haben. Bei einer so riesigen Region wie Zentralasien liefert der Lonely Planet vor allem "hard facts" und wichtige Informationen. Will man eine Region näher kennenlernen, ist es ratsam auch einen detaillierteren Zweitreiseführer, beispielsweise aus dem Trescher-Verlag, heranzuziehen. Eins ist sicher: Zentralasien ist eine besondere Herausforderung für Touristen und Backpacker. Um sie zu meistern, ist und bleibt der Lonely Planet wohl unverzichtbar.
"Central Asia" von Bradly Mayhew, Paul Clammer und Michael Kohn ist im Sommer diesen Jahres im Lonely Planet Verlag erschienen. Der rund 500 Seiten starke Reiseführer (ISBN 1-86450-296-7) ist für 29.99 $ im Handel erhältlich.