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Gewöhnlich sehe ich keine Videos auf Nachrichtenportalen, aber heute morgen habe ich es schlaftrunkend doch getan und war gelinde ausgedrückt überrascht. Denn selten habe ich einen derart mangelhaften Bericht über einen Ersteindruck eines Produktes gesehen. Eigentlich wäre ich auch darüber weggegangen und hätte mich dabei über die zehn verschwendeten Minuten geärgert. Aber ich kann es nicht. Prädikat: Besonders wertvoll Süddeutsche.de hat auch schon kritischer über das iPad berichtet, aber in diesem Video findet sich davon nichts. Stolz erklärt der Besitzer, dass er das erste, in New York erstandene iPad erworben hat, was damit "ein Unikat" sei und deshalb besonders wertvoll. In Zeiten industrialisierter Massenproduktion füllten sich nach dieser Feststellung meine Augen mit Fassungslosigkeit. Vielleicht wollte der Rezensent hier nur anmerken, dass auch er tage- oder wochenlang vor dem Store in der Fifth Avenue campiert habe. Aber sicher ist, dass das iPad kein Unikat ist, auch nicht limitiert hergestellt wird. Es ist einfach nur ein Produkt. Nach einer Minute stellte er fest, dass die Verpackung sich glatt und schön anfühle und einfach zu öffnen sei. Gottseidank, schießt mir durch den Kopf. 15% der Videozeit sind vorbei, ohne bisher nennenswertes Erfahren zu haben. Doch halt, endlich bekommt man es zu sehen. Es ist... ein großer Bildschirm, nach Aussage des Rezensenten kompakt und doch nicht ganz leicht. "Das Logo ist schwarz hinten und ein bisschen gummiert". Ich muss mich korrigieren, es ist bisher ein großer Bildschirm mit schwarzem Logo auf der Rückseite. Wie mangelhafte Ausstattung zum Feature wird 3:22. Der Lieferumfang kommt zur Sprache. Neben zwei Applelogos zum Aufkleben gibt es ein Apple (iPod)kabel mit USB und den Netzadapter. Der aber, da in den USA gekauft, auch nur den dortigen Steckernormen folgt. "Da braucht man also noch einen Adapter". Aber das sei ja das schöne an Apple, man könne den abmachen und einen deutschen Anschluss anstecken. Man müsse also keinen neuen Netzstecker kaufen. Der Selbstwiderspruch seiner Aussage bleibt dem Rezensenten verborgen. Im Lieferumfang ist tatsächlich nur die amerikanische Norm, den Adapter müsste er tatsächlich kaufen, falls er nicht andere Appleprodukte hat. Denn, anders als bei jedem gewöhnlichen größeren elektronischen Produkt, das man heute erwirbt, wird er nicht mitgeliefert. Bei Apple muss er gekauft werden. Lebenslange produktübergreifende Kundenbindung. Die Verpackung wird bemäkelt, man sei bessere gewohnt, vom iPhone etwa, aber am Ende sei es ja doch nur eine Schachtel. Ob Verpackungsdesign Kaufentscheidung sein sollte, bleibt dahingestellt. Es geht los mit der Produktverbindung 5.15. Das Produkt wird aktiviert, ein weiteres Mal fällt die schwere des Pads auf. Und dann die Überraschung, man solle sich doch bitte mit iTunes verbinden, bevor gearbeitet werden könne. Nun muss ich anmerken: ich habe keinen Mac und hege, trotz aller Vorteile, die die Kiste haben mag, eine gewisse Aversion gegen Apple. Das liegt nicht an den raffinierten und sehr durchdachten Produkten, sondern an der Art der Kundenbindung und Bevormundung des Konsumenten. Man erwirbt ein Produkt. Was man damit aber machen kann, das wird von Apple diktiert. Welche Applikationen man darauf laufen lassen lässt, das entscheidet Apple. Dies ist der Höhepunkt proprietärer Software. Aber darauf möchte ich nicht weiter eingehen, denn es führte zu weit weg. Der Punkt ist: ich habe kein iTunes, und eine CD dafür war im Lieferumfang nicht enthalten. Für Besitzer eines Macs ist das kein Problem, für mich bedeutet es nachinstallieren von Software, deren Verhalten ich persönlich für fragwürdig halte. Auch das iPad möchte also, dass die Applerechte bestätigt werden über einen anderen PC. Damit ist das iPad kein eigenständiges Produkt mehr, sondern... ja was eigentlich? Dazu gleich mehr. Erst einmal zurück zum Thema. Denn während sich der Touchscreen aktiviert, erklärt der Rezensent uns, dass das berühmte Hintergrundbild "von einem Fotografen von Apple gekauft worden ist", und zwar als Bildschirmhintergrund. Die Irrelevanz dieser Informationen kann ich gar nicht deutlich genug hervorheben. Benutzung Wir sind inzwischen bei Minute sechs des ersten Eindrucks. Das Gerät ist an und sieht aus wie ein großes iPhone. Es verhält sich auch genauso. Und es sind noch keine Apps hinterlegt, die muss man noch kaufen. Dass die teurer sind als "gewöhnliche", wird nicht erwähnt. Bei der Vorführung der Kalenderfunktion müht sich der Rezensent ab, mit Fingerziehen die Seiten zu blättern, was nicht funktioniert. Stattdessen hat er auf winzige Flecken am Bildschirmrand zu drücken. Kritik dazu? Fehlanzeige: "Das ist sehr nett". Schlussendlich bemäkelt er doch die Rückseite, die zum Schwitzen der Hände führt. Apple hat an Anschlüssen eine Standardklinkenbuchse mitgeliefert. Der sei frei, so der Sprecher, man könne also alle normalen Kopfhörer einstecken und nicht einen Spezialappleanschluss, "den man dann teuer kaufen muss". Warum hat Apple das getan? Wir erfahren es nicht. Dass es keine brauchbaren Anschlüsse neben einem USB gibt? Der Bericht bleibt unkritisch. Der Mangel eines Kartenlesers? Wird nicht erwähnt. Aber es gäbe ja tonnenweise Zubehör, das man kaufen könne. In der letzten Minute erfahren wir, dass es die 16 GB Version ist, ohne weitere Informationen über den Typ der Festplatte (HD / SSD). Und dass es kein UMTS hat, sondern nur WiFi. Die einzige Kritik des Beitrags bleibt der schwitzige Hintergrund und die relative Schwere dieses hochwertigen Produkts. Der Hype um nichts Neues Meine Kritik geht hier nicht auf die Mangelhaftigkeit des iPads ein: Es beherrscht kein Multitasking, es kann kein Flash, weshalb Surfen zur Qual werden dürfte und sowieso nur mit Wlan funktioniert. Webcam, Standard bei jedem Netbook? Fehlanzeige. Man kann damit nicht telefonieren, wer über UMTS surfen möchte, zahlt zusätzlich und monatlich. Es ist im Endeffekt ein kastriertes iPhone gemischt mit dem iPod nur mit größerem Bildschirm, auf dem man mit den Fingern tatschen kann. Ein Lifestyleprodukt, zum Filmegucken und Musikhören. Es ist kein Computer ohne Tastatur. Es ist ein großer, schwerer Bildschirm mit schwitziger Rückseite. Und dazu löst der Screen nicht wirklich hoch auf bezogen auf die Größe, weshalb E-Books besser auf anderen Geräten zu lesen sind. Meine Kritik geht eher dahin, dass ein zehnminütiger, an sich hochwertiger Beitrag derart unkritisch mit einem Produkt umgeht. Er passt zu dem ganzen Hype, der um dieses Ding gemacht worden ist. Es wurde über alle Kanäle deutscher Presselandschaft als Revolution verkauft, als etwas noch nie Dagewesenes. Diese Marketingstrategie Apples ist keine wirkliche Neuerung, sondern Erfolgsmodell. Auch dieser 10minütige Ersteindruck ist dem Hype geschuldet. Für das Produkt selber gilt: Weder sind solche Tablett-PCs neu, noch sind es es die Möglichkeiten, Dinge damit zu tun. Das iPad tut es hier auf Appleart: schön, geschmeidig, energiesparend, ganz nett, weitgehend durchdacht, verbunden mit den Appleeinschränkungen. Angefangen beim Multitasking, sicherlich aus Ressourcengründen, bis zu den proprietären Programmrestriktionen aus finanziellen Motiven. Denn es kann nur genutzt werden, was Apple auch zulässt, installiert (und gekauft) über iTunes oder den Appstore, die Schnittstellen des Apfeluniversums mit seinen Produktgalaxien. Die Webcam ist im übrigen nachrüstbar. Das Schreibprogramm kostet 10 Dollar. Daran verdient Apple, und das iPad hilft dabei.
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