Worum geht es im Kern? Eine „App“ ist ein kleines Programm, dass auf dem Handy benutzt werden kann. Im Apple Store gibt es hunderttausende dieser kostenlosen oder -pflichtigen Anwendungen mit mehr oder weniger sinnvollen Funktionen.

Begründung der ARD
Die Tagesschau Applikation würde den Livestream dem Gerät anpassen. Als Motiv nennt die ARD für diese Pläne, dass die iPhone-Nutzer auch unterwegs mit seriösen Nachrichten versorgt werden könnten. Damit zeigt sich die ARD fortschrittlich, was neue Technologien und Vermittlungswege angeht.

Die Reaktion der Verleger
Diese Pläne riefen einen Sturm der Empörung hervor. Damit greife die ARD ungehemmt mit Gebührenmitteln in einen kommerziellen Wettbewerb ein, urteilte RTL-Medienchef Tobias Schmid Auch der Axel-Springer-Verlag sah darin eine „eine nicht tolerierbare Marktverzerrung“.

Dabei hat gerade das Flaggschiff des Springer Verlags, die „Bild“ erst vor kurzem selber eine „App“ für das iPhone auf den Markt gebracht, und auch „Die Welt“ ist bereits nachgezogen. Die beiden kostenpflichtigen Programme bringen die Printausgaben mit einigen Zusatzfunktionen auf das Handy. So sind beim BILD Programm unter anderem auch die Regionalausgaben verfügbar.

Eine Frage des Geldes
Es geht dabei ums Geld. Denn bereits jetzt die Tagesschau als normaler Stream aus dem Internet verfügbar. Die iPhone App würde das Abrufen Deutschlands wichtigster Nachrichtensendung nur vereinfachen. Einen wirklichen Mehrinhalt bietet das Programm (wahrscheinlich) nicht.

Für die Verleger ist dies dennoch ein Graus. Denn dies ist ein weiterer Schritt zu einer Verbreitung von „Nachrichten für Umsonst“ im Netz. Bereits seit geraumer Zeit versucht gerade der Springer-Verlag, neue Konzepte gegen die sogenannte „Kostenlosmentalität“ bei Onlineauftritten zu entwickeln. So wurde zuletzt das Hamburger Abendblatt für Lokalthemen mit einer monatlichen Abo-Maut ausgestattet. Über all diese (sinnlosen) Versuche ist in diversen Magazinen und Medien genügend debattiert worden. Sie werden kaum die Lösung für die zum Teil selbst verschuldeten Umsatzeinbrüche der Printmedien sein, die sich in den letzten Jahren kaputt gespart hat.

Die Rolle der geplanten GEZ-Erhöhung
Generell sind solche Entwicklung der gerne als angestaubt geltenden Öffentlich-rechtlichen Sender zu begrüßen. Bereits das ZDF hat durch die „Mediathek“ Maßstäbe für das Netz gestellt, die von den Privaten inzwischen aufgegriffen wurden.

Einen faden Beigeschmack bekommt der Streit durch die anstehende Gebührenerhöhung. Die Pläne sehen eine Anpassung des Satzes für „neuartige Empfangsgeräte“, sprich Computer, Handys etc., an den Fernsehtarif vor. Dafür bedarf es aber an fundierten Begründungen. Kritiker sehen deshalb die Ankündigung der ARD als Ausbau der Multicast-Angebote, der Netzinhalte. Eine iPhone „App“, die bestenfalls mehrere Hunderttausend Nutzer erreichen würde, käme als Rechtfertigung gerade recht.

Fazit
Bereits das Medienmagazin „Zapp“ hatte festgestellt, der eigentliche Gewinner der Diskussion sei Apple durch die kostenlose Werbung. Denn: eine solche „App“ würde zumindest vorerst nur auf Apples Handy laufen, was an der mangelnden Kompatibilität und verschiedenen Programmiersprachen liegt.

Die „Tagesschau-App“ ermöglicht einen schnelleren und vereinfachten Zugriff auf bereits kostenlos im Netz existierende Inhalte. Die Kosten zur Herstellung des Programms sind gering. Aber man sollte das Gesamtbild nicht aus den Augen verlieren. Die Medienbranche ist im Umbruch, und die Verlage reagieren mit alten Finanzierungsstrategien und Kritik an Neuerungen. Sie haben das Internet nicht verstanden.

Eine Anpassung des ermäßigten Gebührentarifs auf Grund solcher beschränkten „Apps“ ist allerdings eine Frechheit. Nicht jeder Computer geht ins Internet. Nur die wenigsten benutzen im Netz tatsächlich die Mediathek. Das Internet ist nicht Fernsehen. Rundfunkgebühren dürfen nicht zur finanziellen Schranke für weltweite und freie Informationen werden. Die neuen Techniken stellen mehr denn je das GEZ-System in Frage. Noch versucht auch das öffentlich-Rechtliche, Wege zur Wahrung der seit Jahren sinkenden Einnahmen zu finden. Langfristig aber führt kein Weg an einer Umstellung der Finanzierung vorbei. Da helfen auch keine benutzerfreundlichen Applikationen als Rechtfertigung.

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