Klingt nach einem Angebot, das man nicht abschlagen kann: Seit Kurzem frohlockt der Internetbetreiber „picabee“ mit der kostenlosen Entwicklung von Digitalfotos. Wir fragten uns, um welchen Preis. Wie viele Andere fotografiere ich mittlerweile hauptsächlich digital. Und trotzdem möchte ich die Digitalfotos entwickeln, damit sie eben nicht jahrelang in einem Ordner auf meiner Festplatte, leider größtenteils unbeachtet, verkommen. Und jetzt gibt es ein Unternehmen, das meine Digipics, wie früher, ganz altmodisch, auf Glanzpapier bringt? Und das auch noch gratis?! Jippie jippie yea!!!. Das heißt, dass ich die entwickelten Fotos einmal Freude strahlend und zu Tränen gerührt in den Händen halte... um sie anschließend größtenteils unbeachtet in der Fotokiste ganz unten in meinem Bücherregal zu lagern.

Als Förderer der Nachhaltigkeit, möchten wir natürlich nicht, dass ihr vielen Fischchen im großen Datenstrom ungewarnt am Haken hängen bleibt. Deshalb warfen wir uns ins Getümmel und machten den Verbrauchertest.

Man kennt das von Internet-Communities und vielleicht auch vom Schachclub um die Ecke: Nichts geht ohne die anfängliche Registrierung, schon gar nicht, wenn es was umsonst gibt. Vorname, Name, Anschrift, Handynummer, Geburtsdatum sowie die Email-Adresse sind erforderlich, um ein Passwort bei „picabee.de“ zu erhalten. Letzteres benötigt der digitale Schnäppchenjäger zur finalen Bestätigung der Registrierung. So weit keine große Überraschung. Doch in Zeiten der hiesigen Datenschutz-Debatte lohnt es sich, die AGB's genauer durchzulesen. Ganz innovativ nennen die sich bei „picabee“ sogar Datenschutzbestimmungen und enthalten erstmal nichts, das stutzig macht.

Doch der verflixte Punkt sieben, offenbart den ersten Stolperstein. Dort heißt es „Im Rahmen der Registrierung (...) kann der Besteller aufgefordert werden, weitere Daten, zum Beispiel Hobbys, persönliche Interessen etc. abzugeben.“ Hier wird also definitiv, was man vorher schon vermutet hat: Die kostenlose Digitalfoto-Entwicklung ist werbefinanziert! Ich bin das zu werbende Objekt und die Picabee GmbH der Vermittler. Punkt sieben erklärt also, dass die Werbung im Zuge der Foto-Entwicklung auf meine Bedürfnisse, Hobbys und andere werbeoptimierende Kennzeichen abgestimmt wird. Oder anders: Mit der Einwilligung der Datenschutzbestimmungen werde ich zur wohlwollenden Werbungshure. Frei nach dem Motto „Sag mir was du kaufst , denn ich hab alles, was du brauchst...(und was du ohne diese Werbemaßnahmen gar nicht kennen und deshalb auch nicht kaufen würdest.)“

Auch Punkt acht verhindert das Weiterlesen ohne Stirnfaltenentwicklung. Hier wird beschrieben, dass die Picabee GmbH „Cookies“ verwendet, durch die festgestellt werden kann, „welche Einstellungen der Besteller gewählt hat, welche Webseiten er nutzt, für welche Produkte er sich interessiert und welche Produkte er kaufen möchte.“ (...) Und weiter heißt es: „Der Besteller erklärt sich mit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung vorgenannter Daten, die durch die Verwendung von „Cookies“ (...) gesammelt werden, einverstanden.“ Wenn für Zweifler und Hartgesottene noch nicht nach Punkt sieben, nach Punkt acht bin ich allemal offiziell Teil der riesigen Werbe-Prostitutions- Maschinerie. Daran ändern auch die nachfolgenden Punkte nichts mehr, in denen erklärt wird, dass mir auf Nachfrage „unverzüglich und unentgeltlich“ Auskunft über alle von mir erfassten und gespeicherten Daten erteilt wird. Toll. Außerdem kann ich jederzeit einen schriftlichen Widerruf an die Picabee GmbH richten.

Doch es nützt alles nichts, ich will die Gratis-Fotos und setze den werbebejahenden Klick zum großen Lauschangriff. Somit bin ich „vorregistriert“ und warte erstmal, bis ich per Email die Bestätigung erhalte. Besagte Email benachrichtigt mich über die Vorregistrierung (danke) und erklärt zudem, dass picabee „regelmäßig“ neue User registriert. Kein kleiner Hinweis, der mir sagt, wie viel Wartezeit bis zur Registrierung nun auf mich zukommt. Aha, es geht auch anders: Wenn ich meinen picabee-Account sofort und ohne unbestimmtes Warten freischalten möchte, kann ich das gerne tun. Doch, wie könnte es anders sein, die Werbemaßnahmen beginnen schon jetzt. Ich kann mich bei einem großen Internet-Musik-Anbieter registrieren -Aber ich registrier' langsam gar nichts mehr und warte lieber.

Eine Woche später erhalte ich neue Nachricht von picabee: Mein Account wurde eingerichtet und kann nun eigenständig von mir freigeschaltet werden. Super, ich klicke sofort los, lege online mein erstes picabee-Album an und lasse den Urlaub Freude strahlend Revue passieren. Anschließend habe ich die Möglichkeit, bis zu 30 Fotos zur Gratis-Entwicklung zu geben. Das erledige ich umgehend und erneut ist Warten angesagt. Klar, ich bin kein Unmensch, mit ein paar Tagen kann ich mich arrangieren, immerhin bezahle ich ja kein Geld, sondern lediglich mit Personendaten...

Fünf Tage später hab ich einen dicken Umschlag im Briefkasten. Endlich. Die Fotos sind da! Gespannt reiße ich die Verpackung auf und erkenne mich wieder, im Urlaub, ach wie war das schön. Aber irgendwie gefalle ich mir nicht neben einer rosanen Rasierer-Werbeapplikation. Ich blättere alle Bilder durch und bin abgelenkt. Die am rechten Bildrand angebrachte Werbung hebt sich farblich ab von meinen Landschaftsbildern und ich frage mich: Ist die auf mich und meine Bedürfnisse abgestimmt Werbung nun ein Spiegel meiner selbst? Immerhin wurde ich ja ausgespäht. Dabei fällt mir ein, ich muss noch die schriftliche Widerrufsbelehrung absenden. Und schon wieder habe ich einen Anruf in Abwesenheit ohne Nummer... Aber erstmal muss ich aufräumen, die Fotos kommen natürlich in die Fotokiste.

Finales Fazit also: Tatsächlich zeigt der Gebrauchstest, dass picabee.de, alles hält, was es verspricht, nämlich eine Foto-Entwicklung zum Nulltarif. Den Preis muss sich schließlich Jeder selbst ausrechnen. Im Endeffekt wird man zum Werbeobjekt und erhält Fotos, auf denen ein zusätzlicher Werberand angebracht ist. Ganz pragmatisch betrachtet, kann man eine Schere nehmen und sich gar nicht von der Werbung beeindrucken lassen. Die Qualität der Fotos lässt schließlich keine Mängel erkennen. Man kann der Picabee GmbH auch keine unzureichende Belehrung vorwerfen, immerhin offenabren die Datenschutzbestimmungen die Werbe-Vorhaben mit den User-Daten. Schlussendlich klickt sich jeder selbst in die Bewerbung im fototechnischen Sinne.

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