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Die Welt wird immer schnelllebiger, Arbeit steht oft an erster Stelle. Da bleibt für manche nicht mehr allzu viel Zeit sich um die sozialen Kontakte zu kümmern – oder gar die große Liebe zu finden. Die Flucht ins WWW bietet daher für viele eine willkommene Abwechslung. Datingportale und –apps sprießen nur so aus dem Boden. Ob Tinder, Brenda oder Lesarion – auch für das lesbische Publikum gibt es mittlerweile die Möglichkeit im Internet die Traumfrau oder ein schnelles Abenteuer zu finden. Doch kann sowas funktionieren? Ablenkung vom gebrochenem Herzen Die erste Hürde ist geschafft. Ich, 1, 73 Meter groß, Straßenköterblond, blau-graue Augen, das Gewicht gebe ich lieber nicht an. Lohnt sich ja auch nach dem Festtagsessen über Weihnachten und Silvester gar nicht. Mehr möchte die Dating App Brenda, die eigens für homosexuelle Frauen konzipiert wurde, von mir gar nicht wissen. Ich kann weder durch Hobbys, noch mit anderen tollen Infos zu meiner Person glänzen. Ein Bild gibt es noch dazu, fertig. Dann heißt es: Abwarten. Die App sucht nach Damen in der Nähe. Schon nach zehn Minuten habe ich die erste Nachricht im Posteingang. „Hi, du siehst süß aus. Wollen wir chatten?“ lautet die einfache Frage. Klar, denke ich mir, schließlich wohnt die Frau, nennen wir sie Melanie (Name von der Redaktion verändert), nur acht Kilometer entfernt und sieht eigentlich ebenfalls ganz „süß“ aus. Nach einer halben Stunde kenne ich auch ihre gefühlte Lebensgeschichte. Ich weiß, wo und als was sie arbeitet, wo und wie sie gerne weggeht, dass sie sich vor kurzem von ihrer Freundin getrennt hat und nun nach einem schnellen Abenteuer sucht. Als Ablenkung gegen ein gebrochenes Herz. Der nächsten, mit der ich schreibe, geht es ähnlich. Sie ist auf der Suche nach einem schnellen Abenteuer. „Ich glaube eh nicht mehr an die große Liebe“, gesteht sie. Gibt es denn nur noch gebrochene Herzen und enttäuschte Menschen? Von der Suche nach der Traumfrau Nein, zumindest bei Jana (Name von der Redaktion verändert) ist es nicht so. Sie sucht tatsächlich die Traumfrau. Auf der Suche danach hat sie auch schon alle Plattformen durch. „Lesarion, Parship, Elite Partner, ich hatte sie alle“, gesteht sie lachend. Doch Mrs. Right ist bisher nicht dabei gewesen. „Oft denkt man, wenn man ein Profil gelesen hat: Wow, das ist sie. Sie spricht dir so aus dem Herzen. Wenn dann noch ein nettes Bild dabei ist, klar, kann man sich dann mal treffen.“ Bei dem Treffen im echten Leben folgt aber bisher immer die große Ernüchterung. „Oft hat es dann einfach doch nicht gestimmt. Oder das Bild war schon seeeehr alt.“ Vielleicht läuft es bei einer anderen App besser. Tinder funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip wie Brenda, jedoch ist diese App „für alle offen“. Die App sucht ebenfalls in einem bestimmten Umkreis nach Flirtpartnern. Diese erscheinen dann mit einem Bild auf dem Handy und man kann in einer Art „hot or not“-System die Leute zur Seite wischen. Wenn sich beide Seiten für gut befunden haben, so hat man ein „Match“. Klingt simpel, ist es auch. In einer Minute hat man so gut 15 Damen „weggewischt“ unter die sich auch der ein oder andere Herr verirrt. Tinder, Tinder, du willst doch nicht meine Orientierung anzweifeln? Letzter Ausweg Lesarion . Dies ist eine Seite für Frauen, die Frauen lieben – und für Transgender, Intersex und für die unentschlossenen. Hier wird sich in Foren über Themen ausgetauscht, die die Welt bewegen. Diese Seite will gleich viel mehr von mir wissen. Nach den üblichen Grundsatzbeschreibungen meiner Person muss ich mindestens sechs Textfelder ausfüllen. „Was machst du in deiner Freizeit“, „Deine Traumfrau“ oder „Dein Coming Out“ sind nur einige der Auswahlmöglichkeiten, die man beantworten kann. Nun ist Geduld gefragt. Während die Apps mir schon sofort Frauen präsentieren, muss man sich bei Lesarion selbst um die Damen bemühen. Wenn sich eine auf meine Seite verirrt, kann ich das zwar sehen, doch die Interaktion fehlt. Ich fasse mir ein Herz und schreibe eine junge Frau an. Schließlich muss mir doch eine die Hoffnung wiedergeben, dass ich sich nicht nur enttäuschte oder abenteuerlustige Frauen auf solchen Seiten tummeln, sondern es auch noch welche gibt, die die wahre Liebe suchen. Und siehe da: Greta (Name von der Redaktion verändert) ist ein Lichtblick. Seit über einem Jahr ist sie mit ihrer Freundin zusammen und hat diese tatsächlich hier kennengelernt. „Seither bin ich hier nur noch zum Prokrastinieren.“ Über die Seite habe sie vor ihrer Beziehung bereits mehrere Frauen kennengelernt und „rund 12 bis 15 davon getroffen und gedatet. Manchmal war es das, aber aus einigen sind Affären oder gar feste Beziehungen entstanden.“ Dennoch gibt sie zu, dass es schwierig sei. Fast jede hat Greta selbst angeschrieben. Sie hat dabei sogar ein ganz eigenes Muster entworfen. „Erst habe ich das Profil studiert, danach habe ich versucht, auf etwas davon Bezug zu nehmen in meinem Schreiben. Fand ich nichts interessantes, habe ich einfach provoziert. Einer schrieb ich mal etwas wie "Wenn ich 'bitte' sag, fütterst du mich dann mit Weintrauben?" Es war plump, billig und hatte keinen Bezug zu ihrem Profil, doch anscheinend muss das irgendwas in ihr ausgelöst haben. Wir haben uns dann in den Folgemonaten sehr oft verabredet“, erklärt sie. Dabei haben nicht die Frauen die höchsten Chancen gehabt, angeschrieben zu werden, die das schönste Profilbild hatten, sondern eher die mit dem interessanten Humor. An ihrer Freundin hat sie gereizt, dass diese ein Fakeprofil hatte. In der Folgezeit hätten sie sich nur sinnfreies Zeug geschrieben, gibt G. offen zu und sie wusste: Die ist so cool drauf, die muss ich treffen. Seitdem sind die beiden ein Paar. Schöööön, denke ich mir und werde direkt aus meinen hoffnungsvollen Träumen gerissen. Ich habe eine neue Nachricht von „Brenda“. „Wollen wir uns treffen? Ich bin heiß.“ Nein, danke, denke ich mir und freue mich, dass ich mich dort nicht mehr in gefühlten zehn Zeichen wiedergeben muss. Ich mache Computer und Handy aus und freue mich auf die Arme meiner Freundin. Sie habe ich auch im Internet kennengelernt.
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