Hörspiel: „Etwas löste sich aus dem nass-kalten Grau. Ein undeutlicher Körper schob sich langsam immer näher auf Derek zu“, hört man den Erzähler sprechen. „Frischfleisch in Lederjacke,“ antwortet eine andere Stimme düster.
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campus-Web Bewertung: 4/5
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Ein Witz natürlich, den sich die Jungs Tom Cole, Derek Ashby und Jay Lawrence miteinander erlauben. Um einen Geist handelt es sich also beileibe nicht. Noch nicht. Denn gemeinsam mit Vater Callahan geraten sie nicht nur in eine dichte Nebelfront, sie bekommen es außerdem mit einer waschechten Geistererscheinung zu tun.
Aufmachung, Coverdesign und drei Jungs, die Rätsel lösen – alles das erinnert natürlich stark an die drei Fragezeichen aus Rocky Beach. Jay, Tom und Derek haben ihr Detektivbüro allerdings nicht auf einem Schrottplatz. Und sie haben keine Visitenkarte. Sie betreiben statt dessen einen Radiosender in einem Leuchtturm. In der neuen Folge „Eiland der Gespenster“ gilt es für die drei Helden wieder ein Rätsel zu lösen. Diesmal führt sie der Weg an einen geheimnisvollen Stausee, in dem einst eine Frau verunglückte und ertrank. Kehrt sie nun als Geist zurück, um ihren Mann heimzusuchen? Oder spielt ihnen jemand einen bösen Streich?
Die Spannung des Krimis baut sich langsam auf. Es bedarf keiner atemlosen Action, keinen reißerischen Effekten. Point Whitmark Hörspiele sind vielmehr der Edgar Wallace oder die Miss Marple unter den Hörspielen. Es häufen sich dezente Hinweise, es wird mit Anspielungen gearbeitet. Der Zuhörer ist angehalten, selbst mit zu denken. Eine hochgradig bildhafte Sprache und ein intelligenter Plot tun ihr Übriges.
„Ihr Antlitz zerfaserte wie feine Spinnweben“ sowie: „Das Wasser war eiskalt. Der Nebel schloss sich über ihm wie eine dunkle Faust,“ sind Beispiele für die visuelle Kraft in den Worten. Um sich nicht in diesen schönen Beschreibungen zu verlieren, setzt Regisseur Volker Sassenberg zusätzlich auf lebendige Dialoge. Die Sprecher verstehen ihr Handwerk, haben sie doch unter anderem Erfahrung als Synchronsprecher für Leonardo Di Caprio. Das Resultat ist ein Hörspiel, das die Qualität eines Kurzfilmes hat.
Point Whitmark will nicht auf Teufel komm raus gefallen. Die Serie scheint das Selbstbewusstsein zu haben, sich einer wachsenden Popularität langsam zu nähern. Anstatt durch übertriebene Stilmittel waghalsig in die Vollen zu preschen, nehmen sich alle Beteiligten zurück und stellen die plausible Handlung und sensible Dialoge allem voran.
Der obligatorische Lacher am Ende darf trotz allem nicht fehlen. Ganz gleich, wie unheimlich und spannend die Geschichte auch gewesen sein mag. In „Eiland der Gespenster“ zeigt sich Vater Callahan mit einer mexikanischen Kohlsuppe mit Zwiebelringen und Bohnenragout bei den drei Jungs erkenntlich: „Bleibt nur noch zu erwähnen, dass die nächste Radiosendung im Leuchtturm bei geöffneten Fenstern stattfinden musste.“