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Der Schein trügt. Von dieser Binsenweisheit können Verschwörungstheoretiker ein Liedchen singen. Nichts ist so, wie es aussieht – und hinter allem stecken die Iluminaten. Bei dem gleichnamigen Spiel merkt man dies schon, wenn man die große Spielverpackung vorsichtig öffnet. Denn außer zwei Bögen mit ausstanzbaren Münzen, zwei Würfeln, einer Spielanleitung und einem Haufen Karten ist der Kasten leer. Aber in den überproportionalen Dimensionen sieht alles eben eindrucksvoller aus. Immerhin handelt es sich um ein in den USA preisgekröntes Spiel, das nach 23 Jahren (AHA! Iluminaten!) zum ersten Mal auch in Deutschland auf dem Markt ist. Natürlich geht es bei Iluminati um Macht und um dessen existenzielle Waffe, das Geld. Ziel des Spiels ist es, entweder eine möglichst große Machtstruktur aufzubauen oder ein Sonderziel zu erreichen. Klingt einfach, ist es aber nicht. Zwar erinnert die Grundidee sehr an beliebte Kartenspiele wie Munchkin oder Chez Geek, doch hat Spiele-Guru Steve Jackson die Komplexität deutlich erhöht. Strategie-Fans werden sich darüber mit Sicherheit freuen – aber die Entscheidung hat auch ihre Schattenseiten. Wie genau funktioniert Iluminati also? Mit jeder Menge Karten. Davon gibt es drei verschiedene Arten: Illuminaten, Gruppen und Sonderkarten. Zuerst wählt jeder der drei bis sechs anwesenden Spieler (es sollten nach Möglichkeit fünf sein, sonst wird es schnell langweilig) per Zufall eine von zehn Illuminati aus, die nun miteinander um die Kontrolle einer Vielzahl von unterschiedlichen Gruppen konkurrieren. Jede von ihnen hat pro Runde ein festes Einkommen und eine gewisse Macht. Dazu kommen noch Sonderfähigkeiten. So fällt es den Jüngern Cthulhus besonders leicht, andere Gruppen zu zerstören, während das Netzwerk pro Zug eine zusätzliche Karte ziehen darf. Diese Illuminati bilden das Zentrum der nun aufzubauenden Machtstruktur. Sie versuchen, andere Gruppen auf ihre Seite zu ziehen, die ebenfalls Macht und Geld generieren. Wer als erster eine bestimmte Anzahl von Gruppen kontrolliert oder aber ein je nach Illuminaten-Karte unterschiedliches Sonderziel erfüllt, hat gewonnen. Doch dafür muss man Mafia, Weltraumkolonisten, Teuflische Genies für eine bessere Zukunft, Kammerjäger und Co erstmal für seine Ziele einspannen können. Und genau hier fängt es an, richtig kompliziert zu werden. Denn um solche Übernahmen durchzuführen, bedarf es jeder Menge Rechnerei. Bei so genannten „freien Gruppen“, die nach und nach in der Mitte des Spielfeldes auftauchen, ist das noch kein großes Problem: Ihre Widerstandskraft (ein zusätzlicher Faktor, der auf allen Gruppenkarten notiert ist) wird gegen die Macht der angreifenden Gruppe (und möglicher Boni) verrechnet, dann wird gewürfelt, und wenn das Wurfergebnis kleiner als die Differenz ist, gliedert sich die freie Gruppe in die Machtstruktur des Angreifers ein. Wenn aber ein Spieler eine Gruppe eines anderen Spielers übernehmen will, potenziert sich der Aufwand. Denn sowohl die Nähe der angegriffenen Gruppe zu ihren Iluminaten muss in die Berechnungen mit einfließen als auch das vorhandene Geld, was diese Gruppe (und die Illuminaten) bisher angesammelt haben. Denn mit Geld lässt sich Macht erkaufen. Da wird kalkuliert, kreuz- und querfinanziert, Sonderkarten ins Spiel gebracht und diverse Boni zusammengerechnet, die aus Gesinnung und transferierbarer Macht der Struktur aufgebaut sind – und wenn dann noch ein dritter Spieler mit in den Kampf einsteigt, ist das Chaos komplett. So interessant die Spielidee auch ist, hat Jackson hier zu viel gewollt. Einfaches Drauflos-Spielen wie bei Munchkin ist nicht möglich. Vor allem das ständige Transferieren der Geldströme stört den Ablauf enorm. Zudem werden die Karten schnell von all dem angesammelten Geld zugedeckt, so dass man nur noch mit Mühe die entsprechenden Werte herausfinden kann. Für unerfahrene Spieler ist das in der Regel zu viel. So lustig es auch ist, mit dem von Bayern kontrollierten kriminellen und regierungstreuen Finanzamt gegen die von den Schlingpflanzenzüchtern kontrollierten Trekkies vorzugehen: wenn es eine Viertelstunde dauert, um zu einem endgültigen Ergebnis zu kommen, vergeht der Spaß recht schnell. Iluminati ist definitiv nichts für eine komplette Anfängergruppe. Mindestens einer sollte schon erste Erfahrungen haben, um den anderen Mitspielern beratend zur Seite stehen zu können. Denn die Anleitung bemüht sich zwar, schafft es aber auch nicht wirklich, die Komplexität des Spiels zu erläutern. Vor allem fehlt ein konkretes Beispiel. Wie genau könnten die ersten paar Runden aussehen, wie ein Angriff gegen eine feindliche Machtstruktur? Ohne diese Informationen ist man selbst als erfahrener Stratege und Anhänger von Risiko oder dergleichen mehr schlichtweg aufgeschmissen. Hat man einen Experten zur Hand und die ersten Runden mit ordentlichem Coaching hinter sich gebracht, sorgt Iluminati sicherlich für jede Menge Freude – vor allem dann, wenn man der Spielanleitung folgend nicht nur mit den ersten Verschwörungen, sondern auch mit dem Schummeln anfängt. Denn die wichtigste Regel bei dem Spiel um die Macht lautet „es gibt keine Regeln“. Dann macht es auch nichts, wenn eine Partie mal locker drei bis vier Stunden dauert. Für einen ruhigen Abend in der Familie oder der WG, bei der man so nebenher mal was spielt, ist Iluminati dagegen gänzlich ungeeignet. Schade eigentlich, immerhin geht das ja bei Munchkin, bei dem die Spieler zwar auch ordentlich rechnen müssen, aber deutlich schneller zu einem Ergebnis kommen. Wer sich von solchen Problemen nicht zurückschrecken lässt, sei dazu eingeladen, seinen Platz in der Weltverschwörung einzunehmen. Aber denke daran – es ist nur ein Spiel. Oder? Iluminati Verlag: Pegasus Alter: ab 12 Jahren Spieleranzahl: 3-6 Spieler Dauer: 1-3 Stunden Preis: ca. 22,95 €
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