campus-web Bewertung: 3,5 / 5
   
Als vermeintliche Leiche beginnt die Reise des Protagonisten auf einem Karren, der von zwei Gnomen in Richtung einer riesigen Leichenentsorgungseinrichtung geschoben wird. Umringt von Fliegen findet man seinen in Lumpen gehüllten Körper bald in einem Haufen verwesender Leichen wieder und begibt sich von dort – unwissend um das eigene Schicksal – auf die Suche nach der eigenen Identität. Mit Kingdoms of Amalur: Reckoning bringt das Entwicklerteam von Big Huge Games ein Open World-Rollenspiel mit unerwartet umfangreichem Zweikampfsystem.

Die Erschaffung einer tausende Jahre alten Welt

Hinter der Welt von Kingdoms of Amalur: Reckoning> stecken einige namhafte kreative Köpfe. Curt Schilling, der Ex-Baseballspieler und Gründer von 38 Studios, erfüllte sich mit Reckoning einen Traum. Für die Erschaffung der 10.000 Jahre alten Welt von Amalur holte er den überaus erfolgreichen Fantasy-Autor R.A. Salvatore an Bord. In Bilder gefasst wurden Salvatores Visionen von Comiczeichner Todd McFarlane, unter anderem bekannt als Zeichner des Amazing Spider-Man. Als Game Designer wurde Ken Rolston engagiert, der schon Lead Designer zweier Titel der Elder Scrolls-Reihe war und somit reichlich Erfahrung im Bereich der Rollenspiele mitbrachte.

Durch diese Anhäufung von Talent entstand eine umfangreiche und farbenfrohe Welt mit zahlreichen erkundbaren geheimen Orten, Verliesen, Höhlen, Wäldern und einer großen Anzahl freundlicher sowie feindlicher Kreaturen. Doch die 10.000 Jahre alte Geschichte bleibt oft oberflächlich und obwohl man einiges nachlesen kann, fühlt es sich nicht wie eine zehntausendjährige Geschichte an.

Kämpfer, Schurke, Magier

In Amalur gilt das Schicksal eines Geschöpfes von Geburt an als besiegelt. Der Tod und die durch einen Gnom herbeigeführte Wiedergeburt des Protagonisten, führten jedoch zum Verlust seines Schicksals. Dies gibt ihm allerdings die Möglichkeit, sein Schicksal selbst zu formen, was durch das Wählen von Schicksalskarten geschieht. Wer den direkten Kontakt zu seinen Feinden sucht wird am besten Kämpfer, da dieser gut austeilen und ebenso gut einstecken kann. Wer Nahkampfwaffen langweilig findet, dem ist es als Magier möglich, seine Feinde mit roher Magie dem Erdboden gleich zu machen.

Einen weiteren Weg bietet die Schicksalskarte des Schurken, der sich seine Feinde vornehmlich aus sicherer Distanz vorknöpft. Eine klare Grenze zwischen den Schicksalen gibt es jedoch nicht, so ist es auch möglich ein Magier-Schurke, ein Kämpfer-Magier oder ein Kämpfer-Schurke zu werden und verschiedene Kräfte und Fähigkeiten zu vereinen. Wem das alles noch nicht genug ist, der wählt am besten die Karte des Alleskönners. Diesem sind nämlich alle Wege offen. Je nach Kampfstil werden dem Spieler verschiedene Waffen und Fähigkeiten zur Verfügung gestellt, mit denen der Feind niedergeschmettert werden kann.

Fazit

Für den ein oder anderen, der sich zuletzt in den dunklen und tristen Welten von Skyrimverloren hat, bedarf es einer starken Umstellung auf das Farbenfeuerwerk, welches dem Spieler in Amalur entgegenströmt. Reckoning leuchtet und blinkt vielerorts und der comichafte Stil bildet einen starken Kontrast zu der realistisch anmutenden Welt von Skyrim. Und obwohl alles bunt und lebendig aussieht, fehlt eben diese Lebendigkeit. Etwas Unerwartetes geschieht selten und beim erkunden neuer Städte wird man wenig dezent auf wichtige Personen hingewiesen, denen große Ausrufezeichen und Pfeile über den Häuptern schweben.

Reckoning will alles unter einen Hut bringen – eine ergreifende Story, packendes Gameplay und eine riesige, erkundbare Welt. Oft fühlt man sich aber durch das Design der Welt auf einen bestimmten Pfad geführt, eine wirkliche Erkundung ist kaum möglich, denn springen kann man nur, wo es die Entwickler vorgesehen haben und so muss man sich mehr oder minder an die vorgegebenen Wege halten. Die statischen Stadtbewohner, die nur darauf warten vom Spieler angesprochen zu werden und die trotz der Größe sehr begrenzt wirkende Umgebung verhindern das völlige Eintauchen in eine unbekannte Welt. Und wieso sind Truhen am Wegesrand mit wertvollen Gegenständen gefüllt? Nach kurzer Zeit sind die Taschen sowie der Geldbeutel voll und man ist im Besitz von zahlreichen Gegenständen mit langen Namen. Obwohl es in Amalur unheimlich viel zu tun gibt, besitzt Reckoning leider nur wenig Tiefe und plätschert so vor sich hin. Kingdoms of Amalur: Reckoning ist ein Spiel für Sammler und diejenigen, die den Levelbalken gern nach oben schnellen sehen. Es gibt viel zu tun, aber wer Tiefe sucht, sucht hier vergeblich.


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