Kurz vor Showbeginn flimmert ein mehrminütiger Rückblick auf die vergangene Wrestlemania über die Videoleinwände der Lanxess-Arena. Die Veranstaltung ist gut besucht, wenn auch nicht ausverkauft, und das Publikum offensichtlich bester Laune. Bereits der Video-Einspieler provoziert die ersten lautstaken Fan-Reaktionen. Dann betritt Lilian Garcia, die bekannte Ringsprecherin der WWE, den Ring und eröffnet die Show. Den Anfang machen Ted DiBiase und der Wrestlemania-Überraschungsgewinner Fandango, der zu Tangorhythmen in den Ring tanzt und dafür von den WWE-Fans mit viel Gelächter und lauten Buh-Rufen bedacht wird. Publikumsliebling ist in diesem Fall definitiv Ted DiBiase, der sich mit Fandango einen recht ansehnlichen, wenn auch etwas kurzen Fight liefert, den schließlich der Tango tanzende für sich entscheiden kann.

Geburtstagsständchen und Vorwärtssalto

Als nächstes kündigt Mrs. Garcia ein Tag-Team-Match an: Justin Gabriel und Alex Riley treten gegen Epico und Primo an. Alex Riley hat heute Geburtstag und das scheinen auch ein paar Fans mitbekommen zu haben, die ein Ständchen für den nun 32-jährigen anstimmen. Das Match hält was es verspricht. Alle vier Akteure sind technisch recht versierte WWE-Superstars und so bekommt man einige sehenswerte Aktionen zu sehen. Besonders eindrucksvoll ist Justin Gabriels 450-Splash: der Südafrikaner steigt auf den Ringpfosten, machte einen anderthalbfachen Vorwärtssalto und schlägt auf dem Gegner ein. Damit ist der Kampf natürlich entschieden, allerdings bleibt den Siegern Gabriel und Riley nicht allzu viel Zeit zum Feiern. Plötzlich taucht die super-gemeine Drei-Mann-Gruppierung The Shield auf und prügelt auf das Gewinner-Team ein. Justin Gabriel kassiert eine Triple-Powerbomb und während er sich unter Schmerzen am Boden rollt, gibt Shield-Anführer Dean Ambrose bekannt, dass sein Team heute Abend gegen Billy Gunn, Road Dogg und Publikumsliebling Randy Orton antreten wird. Man darf also gespannt sein.
Auf das nicht wirklich bemerkenswerte Divas-Match zwischen Layla und Aksana folgt das inoffizielle „Comedy-Match“ des Abends.

Der gigantische Big Show nimmt es in einem 2 on 1 Handicap-Match mit den Usos Jimmy und Jey auf. Normalerweise liegt das Handicap bei dieser Matchart bei demjenigen der alleine gegen mehrere Gegner antritt, in diesem Fall gestaltet sich die Sache etwas anders. Jey und Jimmy Uso haben keine Chance gegen den Riesen, der die beiden quasi vorführt und nach allen Regeln der Kunst vermöbelt. Interessanterweise ist das Publikum dabei eindeutig auf Big Shows Seite, obwohl dieser in seiner Heimat aktuell als „Heel“, also als Bösewicht, unterwegs ist und dort nicht gerade die Gunst des WWE-Publikums genießt. Das deutsche Publikum mag ihn trotzdem und so zeigt sich der sonst so grimmige Big Show ebenfalls von seiner freundlichen Seite. Auf dem Rückweg vom Ring posiert er gut gelaunt für Fotos mit den Fans und verteilt Autogramme. Auf Big Show folgt das nächste Schwergewicht: “the world´s strongest man“ Mark Henry. Der ist allerdings nicht gut gelaunt. Dafür kommt bei den Fans Freude auf als sein Gegner Sheamus die Bühnenrampe entert. Das Match zwischen den beiden lebt vor allem von beidseitigen Kraftdemonstrationen: Henry schleudert Sheamus quer durch den Ring, der wiederum schultert den 190kg-Koloss einfach mal so. Das ist schon beachtlich, auch wenn das Match nicht so richtig in Fahrt kommen möchte. Sheamus siegt und das Publikum wird halbwegs zufrieden in die Halbzeitpause entlassen.

“We The People“

Nach der Pause steigen Wade Barrett und Santino Marella gegeneinander in den Ring. Diesmal geht es sogar um einen Titel, den Intercontinental Championship. Dessen aktueller Inhaber Wade Barret gibt wie gewohnt den übel gelaunten britischen Brawler, während Santino Marella mal wieder den Clown spielt. Das Publikum ist primär auf Santinos Seite, doch auch die Unterstützung der Fans kann nicht verhindern, dass Wade Barrett seinen Titel in diesem etwas unspektakulären Match erfolgreich verteidigt.

Zum Aufreger des Abends: Der “All-American American“ Jack Swagger ist momentan der wohl unbeliebteste unter den WWE-Superstars. Mit gutem Grund: Swagger hat sich mit dem rechtspopulistischen Manager Zeb Colter zusammen getan und wirbt in den WWE-Sendungen unter dem “We The People“-Banner für härtere Einwanderungsgesetze in den USA! Verständlicherweise kommen Swagger und Colter mit ihren Ansichten beim deutschen Publikum auch nicht besser an als beim heimischen und Colters Rede („I´ve seen many people today in Cologne that do not belong here!“) geht in einem Buh-Konzert unter. Via Twitter darf das Publikum abstimmen, ob Colter den Ring verlassen muss oder nicht und es überrascht wenig, dass Colter nach Auswertung der Abstimmung des Ringes verwiesen wird. Während der Großteil des Publikums die aktuelle Entwicklung Jack Swaggers augenzwinkernd mit Humor nimmt – letztendlich spielt Swagger einfach “den Bösen“ in einer Soap (und das sehr gut!) – gibt es aber auch Fans, welche die Angelegenheit etwas kritischer betrachten. Nach der Veranstaltung gibt es auf der Herrentoilette jedenfalls hitzige Diskussionen über Swaggers und Colters “We The People“-Initiative. Und leider gibt es auch ein paar Vollidioten im Publikum, die Rechtsrock-Shirts zur Schau tragen und völlig ironiefrei Jack Swagger anfeuern.

Zurück zur Action und die findet nicht auf der Herrentoilette statt. Der Mexikaner Alberto del Rio hat Swagger bereits bei Wrestlemania 29 besiegen können und möchte dem Über-Amerikaner nun ein weiteres Mal das Maul stopfen. Das Match ist ein sogenanntes No Disqualification Match, was bedeutet, dass quasi alles erlaubt ist, der Einsatz von Gegenständen eingeschlossen. Vor ein paar Jahren waren solche Matches stets ein Garant für harte Fights, bei denen nicht selten sogar Blut floss. Mittlerweile fährt man einen zahmeren, kinderfreundlicheren Kurs und auch dieses Match zeigt einmal mehr auf, dass die vermeintlich härteren Matcharten ohne eine gewisse Härte einfach nicht funktionieren wollen. Beim Schlagen mit dem berüchtigten Kendo-Stick (einem Bambus-Schlagstock) zieht del Rio sehr offensichtlich absichtlich nicht voll durch, der Tisch, durch den Swagger am Matchende kracht, ist erkennbar angesägt. Auch sonst fehlen die Höhepunkte, Sieger ist am Schluss del Rio. Der Stimmung tut das durchschnittliche Match übrigens keinen Abbruch. Die ist nach wie vor sehr gut und auch die Akteure im Ring scheinen insgesamt ihren Spaß zu haben. Ein bisschen mehr Härte à la “Attitude-Era“ wäre trotzdem wünschenswert.

Es folgt das bereits angekündigte Mainevent, das Match zwischen The Shield und Billy Gunn, Road Dogg und Randy Orton. Zuerst betreten Billy Gunn und Road Dogg, die New Age Outlaws den Ring. Die beiden sind echte WWE-Veteranen, in den letzten Jahren allerdings nicht sehr häufig in Erscheinung getreten und so scheint es tatsächlich einige Fans zu geben, die mit den beiden “Oldies“ gar nichts anzufangen wissen. Der Applaus fällt daher etwas sparsam aus. The Shield, die anschließend aufmarschieren, rufen da schon lautere Publikumsreaktionen wenn auch vorrangig Ausbuhen – hervor. Ohne Vorwarnung attackieren die drei Shield-Mitglieder die New Age Outlaws, die sich natürlich gleich zur Wehr setzen. Dann ertönt Randy Ortons Einmarsch-Thema und unter lautem Jubel sprintet der wohl beliebteste Teilnehmer dieser Tour in den Ring um seinen Team-Partnern zu helfen. Nachdem der Ringrichter etwas Ordnung ins Chaos im Ring gebracht hat, startet das Match nun nach regulären Regeln.

Unterm Strich

An sich macht das Match Laune. Jeder WWE-Superstar zeigt seine besten Moves und es kommt keine Langeweile auf. Leider ist das Match viel zu kurz. Shield-Mitglied Roman Reigns setzt unerlaubterweise einen Klappstuhl als Waffe ein, weshalb The Shield disqualifiziert wird. Randy Orton lässt es sich trotz des Matchabbruchs nicht nehmen, seinen Finishing-Move, den RKO, zu zeigen, was in Anbetracht des kurzen Mainevents schon etwas versöhnlicher stimmt. Ich persönlich hätte Orton lieber in einem Einzelmatch gesehen. In dieser Konstellation war er gerade mal ein paar Minuten im Ring aktiv.

Fazit: Eine durchwachsene Veranstaltung. Auf der einen Seite war die Stimmung super und richtige Ausfälle waren unter den Matches auch nicht dabei (vom Divas-Match mal abgesehen). Andererseits fehlten ein wenig die Highlights und womöglich auch ein paar bekanntere WWE-Superstars wie zum Beispiel Kane und Daniel Bryan, die ursprünglich für die Show in Köln angekündigt waren. Während bei dieser Veranstaltung ausschließlich Superstars aus dem Smackdown-Roster dabei waren, findet die nächste WWE-Tour unter dem WWE LIVE-Banner statt. Daher können theoretisch alle WWE-Superstars – also auch die RAW-Stars- als Tour-Teilnehmer infrage kommen. Für München und Wien ist bereits Superstar John Cena bestätigt! Zuvor haben deutsche WWE-Fans eine weitere Möglichkeit, mit einem WWE-Superstar auf Tuchfühlung zu gehen: Vom 31. Mai bis 2. Juni wird The Miz den Besuchern der YOU-Messe in Berlin am WWE-Stand für Meets & Greets zur Verfügung stehen.

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