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Wenn ich ein neues Buch das erste Mal in die Hand nehme, achte ich immer auf die gleichen Dinge. Zunächst einmal auf das Cover und den Titel. Der erste Eindruck zählt schließlich. J.D. Daniels neues Werk "Die Korrespondenz" setzt bei beidem auf Schlichtheit. Optisch an ein Reclam Heftchen erinnernd, lässt auch der Titel viel Interpretationsspielraum. Vielleicht ist ja der Klappentext aussagekräftiger. Doch auf den wird direkt gänzlich verzichtet. Stattdessen stehen dort Lobeshymnen auf das Werk, von Leuten, deren Funktionen gar nicht erst angegeben werden. Sind Sie Chefredakteure der New York Times? Sind sie seine Nachbarn? Man weiß es nicht. Wer trotzdem einen Blick ins Buch wirft, stößt dann auf auf der ersten Seite doch noch auf eine Art Klappentext. Diesen zu lesen erinnert allerdings an das Hören einer politischen Rede. Es fallen viele Worte, nicht jedes davon versteht man und am Ende ist der Leser/Hörer so schlau wie vorher. Nützt ja alles nichts, gelesen wird’s trotzdem... Brief, Tagebuch, Short Story oder vielleicht was ganz anderes? J. D. Daniels: Die Korrespondenz Die Story ist schnell erzählt. In sechs "Briefen" - wie J.D. Daniels seine Texte selbst nennt - berichtet der Autor über verschiedene Ereignisse, welche ihm so tatsächlich widerfahren sind. Ausnahmen bilden zwei Short Stories, die fiktiv sind. Dabei sind die Themen vielfältig: Von seiner Trainingserfahrung in einer Kampfschule bis hin zu seinem Leben auf einem Fischkutter ist alles vertreten. Verlag: Suhrkamp Erschienen: Juni 2017 Genre: Briefe ISBN: 978-3-518-12713-1 Bindung: Brochiert Preis: 14,00 € Warum seine Texte "Briefe" heißen, weiß vermutlich nur Daniels selbst. Es gibt weder einen direkten Adressaten noch eine Grußformel. Auch das Gefühl, dass er mit jemandem direkt kommuniziert, bleibt aus. Am nächsten kommen seine Schilderungen vielleicht einem Tagebucheintrag, in dem er das Erlebte Revue passieren lässt. Wo ist er denn? Daniels ist in seinen Erzählungen sehr sprunghaft. Mal ist er in der Gegenwart, mal in der Vergangenheit und für den Leser ist es nicht einfach, ihm dabei immer zu folgen. Am meisten stört es jedoch, dass es relativ schwer ist, dem Hauptcharakter - also Daniels selbst - etwas abzugewinnen. Nur Stück für Stück erfährt der Leser Informationen aus Daniels Leben, die wenigsten davon lassen ihn sympathisch wirken. Zu offensiv präsentiert und zelebriert er sich als Verlierer. Wo es in anderen Büchern gerade dadurch zu Sympathiepunkten kommt - wer mag bitte nicht den Underdog und Loser, der später was aus seinem Leben macht? - ist der Protagonist hier einfach nur anstrengend. Zu oft erwähnt er, dass er in seinem Leben nichts auf die Reihe bekommen hat, zu oft, was er für eine Enttäuschung für seine Familie ist. Pluspunkte gibt es allerdings für die Kürze der einzelnen Kapitel und die Themenvielfalt. Auch mit seiner unverblümten Sprache, bei der es öfters etwas derb zu geht, kann er überzeugen. Dass Daniels Dinge beschönigt, kann ihm auf jeden Fall nicht vorgeworfen werden. In der ein oder anderen Szene muss der Leser auch mal schmunzeln. Roter Faden? Fehlanzeige. Sympathische Hauptcharaktere? Fehlanzeige. Interessante Themen? Prinzipiell schon. Leicht zu lesen? Auch das. Am Ende bleiben viele Fragen offen. Eine der Wichtigeren für einen Rezensierenden ist die, wem er oder sie das Buch empfehlen soll. Bei diesem Buch gibt es darauf keine eindeutige Antwort. Für Menschen die Romane lesen, ist es nicht fesselnd genug. Für Freunde von Biographien bleibt es zu oberflächlich. Auf dem Buchrücken meint John Jeremiah Sullivan dazu: "Jeder, der sich für das moderne Leben interessiert, sollte diese Briefe lesen." (John Jeremiah Sullivan) Das sei mal dahin gestellt. Aufgrund der Kürze der einzelnen Unterkapitel, bietet sich das Buch gut als Lektüre zum auf den Bus warten oder für kürzere Zugfahrten an. Wer ein Anhänger zusammenhängender Geschichten mit Tiefgang ist, wird von diesem Buch jedoch enttäuscht werden.
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