Die 5 Platten des Jahres

1. alt-J – An Awesome Wave
Das experimentelle Debüt des britischen Alternative-Quartetts aus Leeds ist hintergründig, melancholisch, bedrückend. Mal dunkler und mal heller, stets nuancierter Gesang von Frontmann Joe Newmann und dicht arrangierte Instrumentierungen pulsieren, beben nach.


2. Jasmin Tabatabai & David Klein Orchester – eine Frau
Jasmin Tabatabai verblüffte bereits vor etwa 15 Jahren mit selbst komponierten Pop-Perlen wie "Another Sad Song" oder "After You Killed Me". Die deutsch-iranische Schauspielerin ("Fremde Haut", "Bandits", "Gripsholm"), Sängerin und Autorin erhielt 2012 für "eine Frau" den ECHO Jazz. Ganz Diva haucht sie auf dem Album lasziv Klassikern wie "Ich weiß nicht zu wem ich gehöre" und "Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben" betörendes Leben ein. Stimmungsvoll unterstützt wird sie dabei vom Schweizer Musiker David Klein, der neben dem Titelsong auch die Musik für drei weitere verlockende Lieder komponierte.


3. Putumayo Presents – Bluegrass
Putumayo Records begibt sich zurück zu ihren heimatlichen Ursprüngen. Das New Yorker Plattenlabel veröffentlichte mit "Bluegrass" eine Sammlung von US-amerikanischen Volksliedern. Auf den dreizehn Tracks finden sich Songs von Country-Größen wie Alison Krauss oder James Alan Shelton. Eine weitere gelungene Weltmusik-Compilation des 1993 gegründeten Labels. Putumayo World Music unterstützt mit seinen Sammlungen zu unterschiedlichen Stilrichtungen auch NGOs und Programme, wie etwa zur Verbesserung der Handelsbedingungen für afrikanische Länder.


4. Deichkind – Befehl Von Ganz Unten

Hier schließe ich mich gerne Fridtjof an, denn auch ich finde die neue Deichkind "Zum Teil Geil".

5. Garbage – Not Your Kind Of People / Keane – Strangeland / The Cranberries – Roses / Norah Jones – Little Broken Hearts

Es gab durchaus einige lässig-coole und aufregende Comebacks in diesem Jahr…


Die 3 besten Songs des Jahres

1. Fiona Apple – Periphery
Die US-amerikanische Singer-Songwriterin Fiona Apple kombiniert auf ihrem neuen Album "The Idler Wheel Is Wiser […]" poetische Lyrics mit ungewöhnlichen Songstrukturen und überrascht dabei auch durch plötzliche Tempowechsel. Beim kraftvoll und dicht instrumentierten "Periphery" singt Apple voller Intensität schmerzvoll-wütende Textzeilen: "Oh, the periphery/ They throw good parties there/ Those peripheral idiots/ Always have a bite to bear/ Bear it if you can/ If you really want to/ Go to the periphery/ Have them celebrate your name/ Have them forge you a pedigree and then you'll be/ Left to run the races lame/ Run it if you want/ If you think it’s worth it/ But not with me […] Oh, the periphery/ Stole you away […]"
Fiona Apples Song ist dabei sehr eingängig und bewegend – Mein Song des Jahres 2012.


2. Glen Hansard – You Will Become
"You will become" ist ein dynamischer Auftakt für das gefühlvolle Solodebüt "Rhythm and Response" des irischen Folksängers Glen Hansard, besser bekannt als Hauptdarsteller des Independentfilms "Once" von 2006.


3. Neneh Cherry & The Thing – Dirt
Die schwedische Hip Hop-Künstlerin Neneh Cherry covert zusammen mit dem Trio The Thing den Song "Dirt" der legendären Rockband The Stooges von 1970. Die Jazz-Interpretation büßt nichts von der Coolness des Klassikers ein, obwohl sich das Quartett viel Raum für freie Improvisation nimmt. "Dirt" ist so einer der stärksten Songs des Albums "The Cherry Thing" von 2012.


Die Konzerte des Jahres

Ein Highlight war in diesem Jahr wieder das Bonner Jazzfest. Auf einem Fazioli-Flügel, angeblich der Rolls-Royce unter den Flügeln, improvisierte der Jazzpianist Joachim Kühn eindrucksvoll im Collegium Leoninum. Die Jazzmusikerin Olivia Trummer präsentierte äußerst charmante, deutschsprachige Lieder von ihrem "Poesiealbum" (2011) in der Bundeskunsthalle. Ein weiteres Hörerlebnis war ein Konzert des mongolischen Pferdegeigenvirtuosen und Obertonsängers Enkh Jargal in der Passionskirche in Berlin-Kreuzberg, bei dem Jargal zusammen mit Ravi Srinivasan stimmliche und musikalische Klangwelten auslotete. Auch in diesem Jahr begeisterte mich ein Event im Kult 41. Das Bonner Akustik-Duo A Precious Few spielte im Vorprogramm von Catford bemerkenswert starke selbstkomponierte Arrangements. Unvergessen sind auch folgende Konzerte: Feist im Kölner Tanzbrunnen, die Dandy Warhols im Düsseldorfer Zakk und Suzanne Vega in der Kölner Kulturkirche.


Das Ärgernis des Jahres

Ganz hinten in der Deutschen Oper Berlin sitzen, beim Besuch von Mozarts "Die Zauberflöte". Platziert zwischen zwei Schulklassen gibt es neben der ohnehin suboptimalen Akustik einen konstanten Geräuschpegel. Die Schüler frotzeln, spielen auf Handygeräten und unterhalten sich während der gesamten Aufführung. Auch jene Sitzgenossen der letzten Reihe, die Mozarts Zauberflöte lieben, können die Vorführung nur in bescheidenem Maße genießen.


Das peinliche Lieblingslied

Der Queen-Klassiker "Another One Bites The Dust", eingespielt in der Inszenierung "Todesfalle" am Berliner Kriminaltheater. Zu den Klängen diverser Queen-Klassiker lässt Wolfgang Rumpf in seiner Inszenierung von Ira Levins Thriller Deathtrap die Schauspieler Thomas Gumbert und Felix Isenbügel mal angespannt, mal euphorisch, einmal sogar unverhüllt über die Bühne tänzeln, was reizvoll anzuschauen und der Spannung durchaus zuträglich ist.


Das Lied vorm Feiern gehen

Santigold – Disparate Youth

Erfrischend elegant groovt Santi Whites Single-Auskopplung aus "Master of My Make-Believe", obwohl ihre zweite Platte nach dem gefeierten Debüt insgesamt hinter den Erwartungen zurück blieb.

Das Plattencover des Jahres

Dead Can Dance - Anastasis

Ein Sonnenblumenfeld mit verendeten Blüten in Schwarz-Weiß. Spannungsvolle ästhetische Farbkontraste. Vielleicht dachten Lisa Gerrard und Brendan Perry ja prophetisch, dass 2012 doch der Tod tanzen sollte.













Das Video des Jahres

Scissor Sisters – Baby Come Home

Eine Tour de Force nach Hause… Dabei gibt es auch allerlei Selbstgebrautes…

Scissor Sisters - Baby Come Home from paydirt on Vimeo.




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