Kurz vor der Turnübung auf dem Polizisten war bereits eine frühere Direktorin wegen Betruges zu einer Geldstrafe verurteilt worden, wie die Frankfurter Neue Presse berichtete. Weitere Vorwürfe gegen die Direktorin drehten sich um Altbekanntes: Krankenkassenbeiträge und Arbeitnehmerentgelte. Schon 2007 wurde ein Insolvenzverfahren angestrebt – aber es gab schlicht keine Insolvenzmasse.

Der Pseudo-Trick

Dahinter scheint eine Masche der Betreiberfamilie Spindler zu stecken. Man greift zurück auf etwas, was wie ein Zaubertrick klingt: einen Pseudo-Direktor. Den braucht man, wenn die Pseudonyme Barelli für Spindler und Harry für Henry nicht mehr ausreichen. So werden Pfändungen verhindert, weil schlicht kein Besitz auf Namen der Familie existiert. Das Verfahren erklärt auf einer alten Barelli-Homepage der ehemalige Direktor B. Wünsch: Ursprünglich als Artist eingestellt, habe die Familie auf unrechte Art und Weise dafür gesorgt, dass er die Altschulden von 100.000 Euro und die wirtschaftlichen Verantwortung übernehmen musste. Zudem seien hinterrücks alle Rechnungen auf seinen Namen ausgestellt worden, obwohl offiziell Henry Spindler Eigentümer war, führt Wünsch in einer längeren Erklärung aus. Dabei handelt es sich um genau jenen Spindler, der auch zuletzt den Zirkus leitete. Als aufgrund unbezahlter Rechnungen Vollstreckungsbescheide gegen Wünsch ergingen, quittierte dieser den Dienst bei Barelli. Trotz einer Unterlassungsklage hätten die Spindlers seinen Namen weiterhin als Rechnungsadressaten verwendet.

Der Untergang der heilen Zirkus-Welt

Das Hütchenspieler-Image lassen sich die Spindlers wohl nur ungern aufdrücken, die Klaviatur des Opfertums beherrschen sie aber virtuos. Selbst die Medien können sie für ihre Sache einspannen, wobei sie nicht vor der Inszenierung von Klischees zurückschrecken. So schildert ein Bericht der Mittelbayrischen Zeitung aus dem Winterlager 2010 den verzweifelten Kampf des Zirkusliebhabers Henry Spindler, der sich als Direktor nicht zu schade ist, mit einer klimpernden Spendenbox in der Hand und einem Lama an der Leine durch die winterkalten Straßen zu ziehen. Der Titel: "Die heile Zirkus-Welt geht leise unter". Aber kein Wort davon, dass Barelli einen großen Batzen Schuld daran trägt. Vielleicht gab es die heile Zirkus-Welt hinter dem zweitgrößten Zelt des Landes gar nie.

Einen Verdacht, den auch die Tierschützer von PETA hegen. Im Rahmen einer allgemeinen Kampagne für das Verbot von Wildtieren im Zirkus beobachte man Barelli schon länger, erklärte der zuständige Kampagnenleiter Peter Höffken gegenüber Campus Web. In den letzten Jahren seien mehrere Fälle von Tierquälerei bekannt geworden, weil die Tiere "wie Betriebskapital" behandelt würden. Höffken zieht den Vergleich zu den anderen Verfehlungen: "Der skrupellose und tierquälerische Umgang mit den Tieren ist bei Circus Barelli nicht verwunderlich, wenn man sich das Zirkuspersonal genauer anschaut." Aus aktuellem Anlass weist Direktor Spindler Vorwürfe der Tierquälerei zurück. "Die Tiere sind einem hervorragenden Zustand.", heißt es in einer PR-Mitteilung vom 6. Juni. So laute das Ergebnis einer Prüfung durch das Veterinäramt der Stadt Nürnberg. Sein Rechtanwalt erwäge nun rechtliche Schritte gegenüber PETA wegen Ruf- und Geschäftsschädigung.

PETA: Tiere behandelt wie Betriebskapital

Penibel dokumentiert dagegen die PETA-Homepage alte Verstöße: Tiger rissen aus zu kleinen Käfigen aus, ein offenbar mangelernährter Elefant starb, bei Kontrollen durch Veterinäre wurden zwischen 2002 und 2004 mehrfach fehlende Genehmigungen und Verletzungen bei Tieren festgestellt. Entsprechend erleichtert nahm Aktivist Höffken die Schließung auf: "Es war längst überfällig, allerdings ändert sich für die Tiere nichts, die noch immer bei Circus Barelli sind." Bereits unmittelbar nach der Razzia hatte PETA gegenüber den Veterinärbehörden die Schließung des Zirkusses samt Beschlagnahmung der Tiere gefordert.

Im dritten Teil geht es um die Scherben der Rückkehr des „zerfetzten Dompteurs“, altes Wasser in neuen Schläuchen und das Warten auf die Namensjonglage. Den dritten Teil findet ihr hier.

Lest im ersten Teil von einer Razzia, dem freien Fall freier Mitarbeiter und der Schlagkraft des Clowns im Falle der Freikarte. Den ersten Teil findet ihr hier.

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