N.W.A – mit diesen drei Buchstaben verbinden viele die Anfänge des Gangsta-Rap. In der Filmbiografie "Straight Outta Compton" verbindet Regisseur F. Gary Gray mit der Abkürzung der Hip-Hop-Crew "Niggas Wit‘ Attitudes" so viel mehr als das: Es ist ein Film über den Aufstieg des Rap als kommerzielle Musikrichtung und die Probleme des Erfolgs, ein Film über Konkurrenten und Freunde und die Liebe zur Musik – auch über den Tod hinaus.

Home of Rap and Crime

Compton, Vorort der kalifornischen Millionenstadt Los Angeles, ist Geburtsstätte von Bandenkriegen, Drogenmissbrauch und den drei Hauptakteuren des Films. Am Mischpult im Jugendzimmer von André Romell Young, der heute nur noch unter dem Markennamen Dr. Dre bekannt ist, in vollgetexteten Notizblöcken von O'Shea Jackson alias Ice Cube und im Drogengeld von Dealer Eric Lynn Wright, Eazy-E genannt, liegt der Grundstein für die neue Popularität der Stadt. Zusammen mit den Rappern DJ Yella und MC Ren gründen die drei Freunde die Hip-Hop-Crew N.W.A - "Niggas Wit‘ Attitudes". Ihre Einstellung ist eindeutig: Für ihr Zuhause Compton und seine Einwohner und gegen Polizeigewalt und Vorurteile gegenüber der schwarzen US-Bevölkerung. Unter Eazy-E‘s Label "Ruthless Records" vertreibt die Crew Rap, dessen Texte so rücksichtlos ehrlich und real sind wie ihr Heimatort. Das kommt an. Der Erfolg der ersten Single "Boyz-n-the-Hood" macht Musikmanager Jerry Heller nicht nur auf das musikalische, sondern auch wirtschaftliche Potenzial der Jungs aufmerksam. Mit seiner Hilfe produzieren sie ihr erstes Album, "Straight Outta Compton" und starten ihre Tournee – einen Vertrag hat bisher aber nur Eazy-E.

Vom Streetfight zum Rechtsstreit

Album und Tournee ermöglichen den Rappern endlich den Ausbruch aus dem Ghetto. Doch damit kommen die echten Probleme, die die von Erfolg und Drogen berauschten Freunde erst nicht erkennen. Frauen, Waffen und Drogen – aus jedem Hotelzimmer wird ein kleines Compton. Die Mischung aus Gangsta-Rap und Musikbusiness ist explosiv und weder Jerry Heller noch die Band ahnen, worauf sie sich beim jeweils anderen eingelassen haben. Als Ice Cube nach einem Gespräch mit dem Musikproduzenten erfährt, dass er der letzte ist, der einen der ausbeuterischen Verträge unterschreiben soll, mit denen die Crew abgespeist wird, während Eazy-E und Heller sich gegenseitig die Taschen füllen, verlässt er seine Bandkollegen und Freunde mit dem Satz "Wir sind N.W.A, die sind Ruthless!". Mit "Priority Records" veröffentlicht Ice Cube (s)ein erfolgreiches Solo-Album und der Krieg der Anwälte und Labels beginnt. Während die Produzenten vom musikalischen Diss-Battle der Rapper profitieren, leidet deren Freundschaft.
Straight Outta Compton
Verleih: Universal Pictures
Genre: Drama
Regie: F. Gary Gray
Darsteller: O'Shea Jackson Jr., Corey Hawkins, Jason Mitchell, Neill Brown Jr., Aldis Hodge
Filmlaufzeit: 141 Minuten


Freunde mit geschäftsmännischer Attitüde

Die Haltung der "Niggas Wit‘ Attitudes" wird in "Straight Outta Compton" als zwiegespalten präsentiert. Nachdem Erfolg und Geld die ehemaligen besten Freunde getrennt haben, bringen sie die Liebe zur Musik und die AIDS-Erkrankung von Eazy-E wieder zusammen. In den letzten Minuten wird der Film zu einer Art Appell für die Liebe und zu einer Warnung vor ihren Gefahren. Trotz dem Tenor der Freundschaft spiegelt sich die geschäftsmännische Attitüde im Filmprojekt an sich wieder: Dass "Straight Outta Compton" von Dr. Dre und Ice Cube produziert wurde, merkt man ihm an. Eazy-E kommt vergleichsweise schlecht weg, während die Bad-Boy-Behaviour von Cube und Dre als Kavaliersdelikt präsentiert wird oder sogar ganz unter den Tisch fällt. Es ist auch fraglich, ob Dr. Dre im kriminellen Umfeld der Crew wirklich der Schwiegermutterliebling ist, als der er dargestellt wird. Neben überteuerten Kopfhörern versucht der Salesman auch sich selbst zu verkaufen.
Gleiches gilt für Ice Cube, dessen Filmfigur sich von Eazy-E und Jerry Heller übergangen fühlt, während er selber im realen Leben den N.W.A-Mitbegründer Mik Lezan, alias Arabian Prince, aus der Crew verdrängte und dem Film ausschloss – seine Person taucht gar nicht erst auf.

Ein Leben für den Rap

Dass die Band auch über den Tod hinaus bestehen bleibt, verdeutlicht der Film durch die ständigen Einspieler ihrer Tracks. Die Ursprünge vom Regisseur F. Gary Gray im Musikvideo-Genre tragen ihren Teil dazu bei, dass "Straight Outta Compton" auch ein musikalisches Erlebnis ist. Beim Anblick und im Rhythmus von Lowridern wippend, wird der Zuschauer Teil einer großen Hip-Hop-Familie, die durch Gastauftritte von 2Pac- und Snoop Dogg-Doubeln sowie 50Cent und Eminem ergänzt wird. Also – wer mit derben Sprüchen und "dopen Songs" etwas anfangen kann, der sollte sich diesen "Shit" unbedingt geben!



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