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Das englische Universitäts-Städtchen Oxford kann ein ziemlich besonderer Ort sein. Kultur lauert hinter jeder Ecke, die Kirche thront im historischen Stadtkern, und es wimmelt von Professoren, Doktoren und Lordschaften. Inspektor Robert Lewis sieht sich da schon mal als Außenseiter. Dabei verbindet ihn selbst viel mit Oxford – Assistent des berühmten Inspektor Morse war er gewesen, eine Familie hatte er. Doch dann starben Vorgesetzter und Ehefrau kurz nacheinander. Erst nach mehreren Jahren Auszeit kehrte er zur Oxforder Mordkommission zurück. Robert Lewis könnte man dementsprechend aus "Inspektor Morse" kennen, einer Romanreihe von Colin Dexter, die auch im Fernsehen großen Erfolg hatte. "Lewis" spielt wiederholt auf frühere Erlebnisse oder sein eigenes Alter an, Vorkenntnisse braucht man jedoch nicht. Die vier Fälle der zweiten Staffel funktionieren auch als abgeschlossene Krimis. Der Mord an einem Wagner-Experten mit ostdeutscher Bekanntschaft, eine Verschwörung, die sowohl einen Wartungstechniker als auch eine Kunststudentin unter die Erde bringt, der Selbstmord eines religiös verwirrten Homosexuellen sowie ein offensichtlicher Racheakt am Hauptverdächtigen in einem Vergewaltigungsfall – mindestens zwei Straftaten werden pro Folge eingeplant. Stets hängt alles zusammen, jeder neue Tote steht garantiert im Zusammenhang mit der Hauptgeschichte. In der ersten Folge, "Partitur des Todes oder Deckname Siegfried", fällt der Bezug zu Lewis und seinem Assistenten Hathaway noch schwer. In den weiteren Episoden gewöhnt man sich schon eher an das Ermittler-Team. Der Inspektor steckt irgendwo im Niemandsland zwischen ehrwürdig und hemdsärmelig. Gegenüber Zeugen verhält er sich unterkühlt bis unfreundlich, vor allem, wenn er die Nachricht eines Todesfalls überbringt. Privat oder unter Kollegen taut er dagegen auf. In der Originalfassung klingt die Stimme von Darsteller Kevin Whately sogar ein wenig unfreiwillig komisch. Assistent Hathaway, gespielt von Laurence Fox, wirkt auf den ersten Blick wie ein Sparkassen-Azubi, entpuppt sich aber schnell als abgebrühter Gesetzeshüter mit trockenem Humor. Somit haben beide auch ziemlichen Spaß miteinander, genau wie zu Hathaways "Public School"-Zeit in einer Mischung aus Respekt und Respektlosigkeit. Lewis – Der Oxford Krimi: Staffel 2 GB 2008 Verleih: edel motion Genre: Krimi-Serie Filmlaufzeit: 369 min/4 DVDs 1. Partitur des Todes oder Deckname Siegfried 2. Der Kuss des Mondes 3. Wer mit dem Feuer spielt 4. Mord in bester Gesellschaft Darsteller: Kevin Whately, Laurence Fox Altehrwürdiges Oxford, ein wenig altbacken Auch wenn das oberflächlich gesehen ungleiche Duo nur über den Beruf zusammengefunden zu haben scheint, verbindet sie mehr. Hathaway liebt an Oxford am ehesten die Genauigkeit der Turmglocken, genau wie Lewis ist er nicht Teil der geschlossenen Gesellschaft. Auf der Geburtstagsfeier der Gerichtsmedizinerin flüchten beide schnell zum nächsten Polizei-Einsatz. Lewis versucht es mal mit neuen Verabredungen, mal mit einem eigenen Schrebergarten. Hathaways Freundeskreis wird erst durch den bereits erwähnten Selbstmord offenbart – das Opfer war ein Jugendfreund des Polizisten, und schnell bemerkt man, dass Hathaway schon lange keinen Kontakt mehr zu seinen früheren Freunden hatte. Vorteil für Gelegenheitszuschauer, Nachteil für Wegbegleiter der kompletten Serie: Die Figuren, ihre Beziehungen und ihre Lebensumstände entwickeln sich von Folge zu Folge nicht weiter, selbst ein großer Vertrauensbruch Hathaways wird nach wenigen Minuten schon gar nicht mehr erwähnt. Die vier Fälle fassen teilweise "moderne" Gedanken auf – die Untersuchung im homosexuellen Milieu wirft sogar die Frage nach Hathaways sexueller Orientierung auf. Inspektor Lewis spricht jedoch definitiv ein älteres Publikum an, das traditionelle Krimi-Unterhaltung wünscht. Vereinzelt kann er beweisen, dass Alter Lebenserfahrung und Wissen bedeutet, und dabei direkt der alten Zeit nachweinen. Auch die Inszenierung kommt recht altbacken daher, die konservative TV-Regie findet ihre Höhepunkte in den Panorama-Ansichten und Kran-Schwenks quer durch das alte Oxford. Die Explosion eines abbrennenden Hauses in der Episode "Wer mit dem Feuer spielt" steht da als vereinzelte Action-Szene schon sehr unpassend im Raum. Punktabzug gibt es auf jeden Fall für die Musik, die ziemlich sinnfrei vor sich hindudelt und die Gefühle des Zuschauers in kitschiges Drama und Wohlbefinden lenken will. Jede Folge bemüht sich redlich, in ihren 90 Minuten Spielzeit für Wendungen und falsche Fährten zu sorgen. Mal funktioniert das besser, mal schlechter. Manchmal hat man das Gefühl, die entscheidenden Hinweise kämen aus dem Hut gezaubert, manchmal ahnt man selber schnell, wie die Puzzle-Teile zusammenpassen. Solide Unterhaltung für Krimi-Liebhaber, allerdings eben nur Fernsehfilme. Freunde Großbritanniens dürfen sich über den Original-Ton auf den DVDs freuen. Vor allem für die "Siegfried"-Folge, in der ein Bogen von Wagner über eine eingewanderte ostdeutsche Familie schließlich bin ins Berliner Stasi-Archiv geschlagen wird (die deutsche Ko-Produktion lässt grüßen), macht das eindeutig Sinn. Gelegenheits-Kriminologen sollten sich dagegen eher auf das umfangreiche TV-Angebot verlassen oder nach etwas peppigeren Alternativen Ausschau halten. Der Kauf von "Lewis" bleibt eingefleischten Oxford-Fans vorbehalten.
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