Campus-Web Bewertung: 4/5
   
 

   
 

   
1977 - drei Jahre nach seinem Rücktritt in Folge der Watergate-Affäre - ließ sich der stahlharte und überaus redegewandte Ex-Präsident Richard Nixon nach einer Zeit des Schweigens auf eine exklusive Reihe von Fernsehgesprächen ein, um über seine Amtszeit zu sprechen. Nixon (Frank Langella: Good Night, and Good Luck; Die neun Pforten) wählt als Moderator des TV-Duells den bis dahin eher als windig bekannten britischen Moderator und Entertainer David Frost (Michael Sheen: Die vier Federn, Timeline, Blood Diamond) - wahrscheinlich in der Erwartung, leichtes Spiel mit ihm zu haben, um sich so ohne große Gegenwehr einen Platz in den Herzen und Köpfen der Amerikaner zurück erobern zu können. Im Sommer 1977 sorgten die TV-Interviews von Frost und Nixon für die höchsten Einschaltquoten einer Informationssendung in der Geschichte des amerikanischen Fernsehens. Über 45 Millionen Zuschauer verfolgten vier Abende lang gespannt den verbalen Boxkampf zwischen Nixon und Frost, um Einzelheiten über die Hintergründe des Spionagefalls zu erfahren. Frost/Nixon blickt vor und hinter die Kulissen dieser denkwürdigen Begegnung, die für beide zum öffentlichen Moment der Wahrheit wurde.

Oscarpreisträger Ron Howard (A Beautiful Mind, Apollo 13, In einem fernen Land) bringt Peter Morgans (Die Queen, Der letzte König von Schottland) Interpretation eines der faszinierendsten Duelle des Talkshow-Journalismus in die Kinos. Howard spickt seinen packenden Film mit vielen Original-Aufnahmen und lässt seine Charaktere immer wieder in kurzen Einspielern rückblickend über die Geschehnisse berichten. Somit wird der Zuschauer immer stärker in die Handlung gesaugt und der Film erscheint fast als dokumentarische Retrospektive auf das TV-Interview.
Frost/Nixon, USA 2008
Verleih: Universal
Genre: Politdrama
Filmlaufzeit: 122 min
Regie: Ron Howard
Darsteller: Michael Sheen, Frank Langella,
Kevin Bacon, Sam Rockwell, Oliver Platt,
Matthew Macfadyen
Kinostart: 05.02.2009


Als herausragend erweist sich die schauspielerische Leistung sämtlicher Akteure, allen voran die Hauptdarsteller Frank Langella und Michael Sheen, die beide auch in der Broadway-Vorlage die Hauptrollen des Richard Nixon und David Frost spielen. Michael Sheen überzeugt stets mit blendendweißem Talkshowmaster-Dauergrinsen, welches seine Lippen selbst in ernsten Momenten immer noch als Schatten umspielt. Frank Langella zeigt Nixons sture Arroganz genauso eindrucksvoll wie seine Einsamkeit - hinter Beratern verschanzt, abgekapselt von seiner Familie. David Frost wandelt sich vom erfolgshungrigen Lebemann zum wahrheitssuchenden Ankläger – trotzdem versucht der Film nicht, ihn als Helden darzustellen. Frost/Nixon gelingt es fernab von klassischer Schwarz-Weiß-Malerei, beide Charaktere mit ihren Stärken und Schwächen zu beleuchten. Auch die Nebenrollen erweisen sich als ausgesprochen gut besetzt: Auf Nixons Seite überzeugt Kevin Bacon (Apollo 13, Sleepers, Mystic River) als eiskalter Stabschef Jack Brennan, der fanatisch versucht, das Bild des Politikers in der Öffentlichkeit wieder gerade zu rücken. Doch das Team um Frost - bestehend aus Frosts britischem Produzenten John Burt (Matthew Macfadyen: Stolz und Vorurteil, Sterben für Anfänger), dem erfahrenen Reporter Bob Zelnick (Oliver Platt: Flatliners, Kinsey) sowie dem Idealisten James Reston Jr. (Sam Rockwell: Geständnisse - Confessions Of A Dangerous Mind, Die Ermordung des Jesse James…) - nimmt den Kampf mit dem übermächtigen Gegner auf.

Ruin oder Triumph. Das Publikum wird Zeuge der spannenden Vorbereitung des TV-Events. Die Existenz aller Beteiligten hängt davon ab, wie das Duell ausgeht – und es kann nur einer gewinnen. So wird aus dem "höflichen, staatsmännischen" Geplänkel ein spannendes Tauziehen zwischen Aufdeckung und Vertuschung. Drehbuchautor Morgan beschreibt den Film als "eine Art intellektueller Rocky". Allerdings sollte sich selbst der politisch gebildete Zuschauer vor dem Kinobesuch mithilfe von Wikipedia nochmals über die Nixon-Ära informieren, denn explizites Hintergrundwissen zum Watergate-Skandal und seinen Folgen setzt der Film voraus und nur mit entsprechender Vorabrecherche entfaltet der Film sein volles Potential und zieht auch Nicht-US-Bürger in seinen Bann.

Polit-Dramen haben ja bekanntlich recht gute Karten beim Wettlauf um den Oscar (siehe Good Night, and Good Luck, Oliver Stones Nixon, JFK) und so sollte es nicht wundern, wenn Frost/Nixon 2009 mit der einen oder anderen Nominierung ins Rennen geht.

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