Campus-Web Bewertung: 1,5/5
   
 

   
 

   
Sechs Jahre lang hat man von zwei der berühmtesten FBI-Agenten der Fernsehgeschichte nichts mehr gehört. Fox Mulder (David Duchovny) und Dana Scully (Gillian Anderson) haben irgendwann ihre Fälle zu den X-Akten gelegt und die US-Bundesbehörde verlassen: Keine Geisterjagden mehr, keine paranormalen Phänomene, keine Werwölfe und Aliens. Doch eine der erfolgreichsten Mystery-Serien aller Zeiten muss man ausschlachten, solange das Fleisch noch einen Hauch von Wärme von sich gibt, und so holt Produzent Chris Carter, der dieses Mal sowohl das Drehbuch als auch den Regiestuhl für sich beanspruchte, in einem neuen Kinofilm die beiden Agenten wieder zurück. Dabei wäre es besser gewesen, wenn die Akten geschlossen geblieben wären. Denn manche Wahrheiten sollten ungenannt bleiben.

Zum Beispiel die, dass sich das Erfolgskonzept Akte X nicht in eine Langfassung pressen lässt. Das hat bereits der erste Kinofilm vor zehn Jahren bewiesen, der nur von Hardcore-Fans als akzeptabel angesehen wurde. Der Spannungsbogen der erfolgreichen ersten Staffeln (im späteren Verlauf der Serie nahm die Qualität leider deutlich ab) ist genau für 45 Minuten konzipiert, und das ist auch gut so. 60 Minuten Verlängerung bedeutet nämlich, dies zeigt Jenseits der Wahrheit ganz deutlich, vor allem eins: Jede Menge langweiliger Sequenzen, angefüllt mit überlangen Diskussionen zwischen Scully und Mulder. Nicht um den Fall, nein – um ihre Beziehung.

Denn ja, dieses Geheimnis sei verraten: Scully und Mulder sind zusammen. Sie leben im selben Haus, schlafen im selben Bett und nennen sich weiterhin fröhlich beim Nachnamen. Scully ist als Ärztin in einem kirchlich geführten Krankenhaus tätig, Mulder sitzt zu Hause und sammelt Beweise für die Existenz von übernatürlichen Phänomenen. In der Hinsicht ist also alles beim Alten. Dann jedoch braucht das FBI erneut die Hilfe von "Spooky" Mulder: Eine Agentin ist verschwunden, und die einzige Verbindung scheint ein bekennender pädophiler Ex-Priester zu sein, der auf einmal Visionen von der Vermissten hat. Prompt verschwindet auch noch ein weiteres junges Mädchen. Ooh, gruselig.
Akte X – Jenseits der Wahrheit
(The X-Files – I want to believe), USA 2008

Verleih: Fox
Genre: Mystery-Thriller
Laufzeit: 105 min
Regie: Chris Carter
Darsteller: David Duchovny, Gillian Anderson,
Amanda Peet, Billy Conolly, Xzibit
Kinostart: 24.07.2008

Genau dies muss man jetzt eigentlich sagen, denn mysteriöser wird es einfach nicht. Die meiste Zeit über reden alle Beteiligten darüber, ob Vater Joseph Crissman (Billy Connolly) ein Spinner, Täter oder Opfer ist. Er selbst glaubt, dass die Visionen von Gott kommen müssen, Mulder glaubt an eine PSI-Begabung, Scully glaubt wie gewöhnlich an gar nichts außer der Wissenschaft und Agent Mosley Drummy (Rap-Star Alvin "Xzibit" Joiner) glaubt an eine Mittäterschaft. Und Regisseur Chris Carter glaubt wahrscheinlich, mit dieser Konstellation ins Schwarze getroffen zu haben. Weit gefehlt.

Besonders schwer ist es im Film für Scully. Sie stellt Mulder vor die Wahl, ihre Beziehung zu retten oder dem FBI zu helfen (die Entscheidung ist jedem Akte X-Fan klar) und muss außerdem in ihrem Krankenhaus dafür kämpfen, dass ein Junge mit einer seltenen Krankheit eine experimentelle Behandlung erhält, von der sie glaubt, dass sie helfen könnte. Warum Carter diesen zweiten Handlungsstrang einfügte, ist nicht wirklich klar. Zwar ergibt sich so später die Lösung des Rätsels um die verschwundenen Frauen, aber ansonsten stört diese Nebenhandlung mehr, als dass sie dem Film hilft. Denn Tempo generiert sie keineswegs.

Ohne allzu viel vorwegnehmen zu wollen sei an dieser Stelle verraten, dass an dem Fall auch ein paar Russen (natürlich) mit Gerätschaften beteiligt sind, die wahrscheinlich schon vor 30 Jahren ausgemustert wurden. Diesmal also keine Aliens, keine neue Technologie – aber eben auch keine andere Form von Spannung. Die liegt genauso am Tiefpunkt wie die Temperaturen am Drehort Vancouver. Daher werden selbst Hardcore-Fans ihre liebe Mühe mit der neu geöffneten Akte haben. Vielleicht hat Chris Carter dann endlich ein Einsehen und lässt sie in einer dunklen Ecke verschwinden und die Geheimnisse ruhen, die sich noch auf den vergilbten Seiten der X-Akte befinden.

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