Kult, Phänomen und "Mythos" Indiana Jones kehrt ins Kino zurück.

|
|

|
|
Wurden wir nicht schon reich beglückt? Oder um es mit anderen Worten auszudrücken, „Never say never again!“ Letztes Jahr stieg ein 60-jähriger Boxer noch einmal in den Ring, um den weichgespülten amtierenden Schwergewichtschampion ordentlich aufzumischen und kurze Zeit später kehrte John Rambo noch einmal als Ein-Mann-Armee in den Urwald zurück. Womit eines bewiesen ist: „Es ist erst vorbei, wenn es wirklich vorbei ist!“ Auch ein nicht mehr ganz so frischer Cop namens John McLane heizte einer Terroristentruppe noch einmal richtig ein, „Yeepee ya yeah Schweinebacke!“ Und damit nicht genug, der einzig wahre und echte Indiana Jones feiert am 22. Mai, 19 Jahre nach seinem letzten Kinoabenteuer, ein Comeback.
„Junior, zähl bis zwanzig – auf Griechisch!“ Kein Problem für einen 15-jährigen der einmal als Professor Jones, alias Indiana, Nazis vermöbeln, Wehrlose beschützen und sogar die Welt retten wird. Wer in seinem vorherigen Celluloid-Leben den Millennium-Falken überlichtschnell durchs All chauffieren und das Imperium das Fürchten lehren kann, dem ist nichts zu schwer. Vor allem wenn man als Schauspieler alle Vorzüge der fein ausgearbeiteten Figur eines Han Solo, so nahtlos in die neue Rolle überführen darf und noch ein paar weitere interessante Charakterfacetten seiner cineastischen Wiedergeburt hinzuzufügen hat. Wie würde es ein gewisser Dr. Freud möglicherweise ausdrücken? Indiana Jones ist ein idealer Archetypen-Mix aus ureigenst maskulinen Charakteren. Man findet den Jäger und Krieger, den Lehrer und Priester und natürlich auch den Paladin und Beschützer. Diese Figur vereint die prototypische Merkmale in sich, die die meisten Männer unterbewusst als vorbildhaft ansehen und welche die meisten Frauen als attraktiv empfinden.
Wenn sich dann noch der raubeinige Charme eines rechtschaffenen Schurken und Prinzessinnenbetörer hinzugesellt, dann muss man diese Figur einfach lieben. Diejenigen, welche in den 70ern und 80ern von diesen beiden Helden verzückt wurden, werden erwartungsgemäß die Kinosäle stürmen, um die Wiederkehr ihres Idols zu feiern. Wird der vierte Teil der Saga aber die Erwartungen, die sich in den Himmel schrauben, auch halten können? Harrison Ford sagte hierzu einfach, Die Erwartungen sollten nicht zu hoch gesteckt werden, es ist einfach ein weiterer Indiana Jones Film. Und tatsächlich scheint diese Tatsache die größte Gefahr für den Film zu sein.
Die drei Vorgängerfilme, Jäger des verlorenen Schatzes (1981), Der Tempel des Todes (1984) und Der letzte Kreuzzug, spielten in den 80ern 1,2 Milliarden Dollar ein. Und die Macher, Steven Spielberg und George Lucas, die mit Harrison Ford schon bei Star Wars erfolgreich zusammengearbeitet haben, wollen natürlich nicht nur an den Charme der Vorläufer anknüpfen, sondern selbstverständlich auch an dem kommerziellen Erfolg dieser. Ob das gelingen wird, bleibt abzuwarten. Die Pressevorführung auf den 61. Filmfestspielen in Cannes, kurz vor der offiziellen Weltpremiere, sorgte nur für verhaltenen Beifall. Zwei Stunden mit Längen und leicht angestaubte Effekte, waren die Statements nach der Aufführung.
Die Handlung ist diesmal in die 50er Jahre verlegt worden, passend zu Harrison Fords realem Alter, inzwischen satte 65, ist Indy natürlich auch gealtert. Und die Gegner sind, inmitten des Kalten Krieges nicht mehr die Nazis und ihre Schergen, sondern logischerweise die Russen, angeführt von der Agentin Balko (Cate Blanchett). Um einem jugendlichen Publikum den Einstieg in die Indiana-Welt zu ermöglichen, agiert als jugendlicher Rabauke neben Harrison Ford der aus Transformers bekannte Shia LaBeouf. Möglicherweise und einen Erfolg des vierten Teils vorausgesetzt, wird damit ein Generationenwechsel eingeläutet. George Lucas schließt einen fünften Teil nicht obligatorisch aus. Allerdings soll dann Harrison Ford eine ähnliche Rolle übernehmen, wie Sean Connery seinerzeit im dritten Teil.
Ursprünglich sollte Ford überhaupt nicht den Indiana geben. Tom Selleck war eigentlich vorgesehen, dieser war aber wegen der Dreharbeiten zu Magnum nicht abkömmlich. Wenn das mal für die Karriere nicht die schlechtere Entscheidung war. So kam Ford an die Rolle und dessen Karriere ging steil bergauf. Nach dem dritten Teil schien es aber endgültig vorbei mit Indy zu sein. Ford arbeitete ständig an anderen Projekten und auf ein passables Drehbuch konnte sich lange nicht geeinigt werden. Nach vielen Jahren des Wartens ist es aber nun soweit und alles fiebert dem Startschuss entgegen.
Das Königreich des Kristallschädels, wie der ein wenig an Harry Potter erinnerte Subtitle lautet, wird vermutlich die Lager spalten. Den "Hardlinern" unter den Indy-Fans wird es möglicherweise nach den 19 Jahren Wartezeit nicht "Indy-charakteristisch" genug sein. In diesem Lager gilt ohnehin der erste Teil als der einzig Wahre. Vergleichbar mit den Meinungen zu der Stirb-Langsam Tetralogie. Nachdem aber in der Zwischenzeit derart viele (zweitklassige) Aufgüsse ihr Debüt feierten, wird es zumindest noch einmal ein schönes und sentimentalisches Ereignis, den alten Peitschenschwinger wiedersehen zu dürfen.