Campus-Web Bewertung: 1/5
   
Was macht einen guten Schatz-Jäger aus? Panama-Hut, Revolver, eine Peitsche und der raubeinige Charme eines gewissen Dr. Jones. Ja, das waren noch Zeiten… Die nächste Generation steht aber schon in den Startlöchern und dies bereits zum zweiten Mal.

In der Fortsetzung von „Das Vermächtnis der Tempelritter“, die seit dem 24. Januar in den deutschen Kinos läuft und den Titel „Das Vermächtnis des geheimen Buches“ trägt, (Original-Titel „National Treasure“) spielt Oscar-Preisträger Nicolas Cage wieder den Schatzjäger Ben Gates. Cage zählt zu der Top-Garde der Hollywood-Mimen, allerdings beweist er seine Vielseitigkeit gelegentlich indem er sein Talent fürs Gurken-Fach entdeckt, wie vor einigen Jahren bereits in „Con Air“. In dieser Vermächtnis-Fortsetzung findet sich das komplette Team aus dem ersten Teil wieder ein. Die gut aussehende aber substanzlose Diane Kruger, John Voigt, Harvey Keitel, Produzent Jerry Bruckheimer („Fluch der Karibik“) und Regisseur Jon Turteltaub. Verstärkung erhält die Combo von Hellen Mirren und einem weiteren Top-Darsteller Hollywoods, Ed Harris.

Diesmal dreht sich alles um das Tagebuch des Mörders von US-Präsident Abraham Lincoln. Auf bisher verschollenen Seiten – welche plötzlich auftauchen – findet sich der Hinweis, dass ein Vorfahre von Ben Gates ebenfalls an diesem Attentat beteiligt war. Auf der Suche nach Beweisen, die dies entkräften sollen und den Namen von Gates Vorfahren, eigentlich einem Helden des amerikanischen Bürgerkrieges, wieder reinwaschen, entwickelt sich eine Mischung aus archäologischer Schnitzel-Jagd und hanebüchener amerikanischer Geschichtsstunde. Gates und Konsorten gelingt es dabei wie selbstverständlich, sowohl in den Buckingham Palace und ins Arbeitszimmer der Queen einzudringen als auch im Weißen Haus, im Oval Office, wenig behelligt ihren Nachforschungen nachzugehen. Und wenn das nicht reicht, so kann man immer noch den amtierenden Präsidenten auf seiner eigenen Geburtstags-Party eben mal kidnappen, um an weitere Infos zu kommen.

Selbst ein James Bond samt MacGyver und den Agenten aus „Mission Impossible“ würden gemeinsam nicht so viel genialisch-tollkühne Raffinesse entwickeln können. Hier wird dem Zuschauer reichlich Goodwill abverlangt. Man muss schon sehr in der Lage sein, den eigenen Verstand auszublenden, um das Dargebotene auch nur annähernd plausibel zu finden. Die Krönung setzt dem ganzen die Deutsche Diane Kruger, bekannt aus Wolfgang Petersens „Troja“, auf. Gekonnt hält sie zwar das hübsche Näschen in die Kamera, viel mehr aber auch nicht. Die liebe Diane brilliert schauspielerisch so, wie ein Schimpanse Talent für Fliegen beweist. Und wenn man sich vor Augen hält, dass die Amerikaner in den 60er Jahren tatsächlich einen Schipansen in den Orbit geschossen haben, dann fragt man sich ernstlich, wer von den beiden einen besseren Job machte.

Weniger schockierend als eher traurig ist das, was Ed Harris (ebenfalls Oscar-Preisträger) abliefert oder abliefern muss. Harris stand schon einmal, im Action-Kracher „The Rock“, gemeinsam mit Cage vor der Kamera. Vermutlich unterschrieb Harris den Vertrag im Suff, nachdem Cage ihm in 'ner Spelunke zwei bis drei Flaschen Wodka verabreicht hatte. Anders lässt sich kaum erklären, wie sich einer der besten Charakter-Darsteller Hollywoods in solch eine Produktion verirrt. Harris Auftritte im Film sind ohnehin vorsichtig dosiert und wann immer er zu sehen ist, setzt er sein Potenzial höchst sparsam ein. Kein Wunder! Würde Harris sein wahres Können voll entfalten, verblassten die anderen Akteure noch mehr und er würde jede Szenerie – oder besser, Clownerie – mit seiner Präsenz dominieren.

Spoiler!: Interessant ist allerdings die Veränderung von Harris Figur gegen Ende des Films. Obwohl eigentlich zwielichtiger und durchtriebener „Schurke“, wandelt er sich plötzlich und rettet der Truppe das Leben. Es scheint eine Art Mode geworden zu sein, dass alle Bösewichter in Wirklichkeit innerlich zerrissen sind und ihre wahre Natur lediglich entdecken müssen. Dieses pseudo-psychologische Fahnden nach dem guten Kern im üblen Burschen scheint ein wenig den aktuellen gesellschaftlichen Zeitgeist wiederzuspiegeln, nervt aber allmählich! Zu den Zeiten eines raubeinigen Peitschen-Schwingers war Gut wirklich noch Gut und Böse dementsprechend Böse. Spoiler Ende.

Technisch ist an „Das Vermächtnis des geheimen Buches“ wenig auszusetzen. Die Action-Sequenzen sind handwerklich gekonnt inszeniert und die Trickeffekte einwandfrei. Leider jedoch ist auch nicht eine neue Idee hinzugekommen. Man wird das Gefühl nicht los, alles, aber auch wirklich alles, schon mal in der einen oder anderen Form gesehen zu haben. Als hätte man ein Dutzend Filme zerstückelt, wieder neu zusammengesetzt und lediglich ein paar komödiantische Elemente hinzugefügt, die aber diese geistlose Collage auch nicht mehr retten können. Vielleicht soll uns dieser Happen aber nur das Warten auf den vierten und wahrscheinlich letzten Teil der „Indiana Jones“ Saga verkürzen. Na hoffentlich vergeht einem nicht der Appetit darüber… Bitte, Dr. Jones, mach es besser!

Film-Facts:
Originaltitel: "National Treasure: The Book of Secrets"
Darsteller: Nicolas Cage, Ed Harris, Jon Voight, Helen Mirren, Diane Krüger, Harvey Keitel
Genre: Action/Abenteuer, 124 Minuten
Verleih: Buena Vista Film
Produktion: Jerry Bruckheimer
Regie: Jon Turteltaub

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