Khaled flieht nach Finnland. Eigentlich flieht er vor dem Krieg aus Syrien und landet zufällig und aus versehen dort. Er beschließt, dass seine Flucht auch einmal zu Ende sein muss und Finnland ein geeignetes Land zu sein scheint, um dort seine nächste Zukunft zu verbringen. Khaled meldet sich bei der Polizei und stellt einen Asylantrag.
Gleichzeitig, komplett unabhängig, trennt sich Waldemar Wikström von seiner Ehefrau. Er verkauft seinen Vorrat an eingeschweißten Herrenhemden und vervielfacht das Geld, das er dafür erhalten hat, beim Pokern. Mit Anfang 60 kauft der bisherige Handelsvertreter eine Bar.
Als Khaleds Asylantrag abgelehnt wird, beschließt dieser illegal in Finnland zu bleiben und von dort seine Schwester zu suchen. Seine Schwester und er sind gemeinsam geflohen, wurden in Osteuropa aber voneinander getrennt. Seit dem hat Khaled nichts mehr von ihr gehört.
Beim Kauf der Bar erhält Wikström drei Mitarbeiter inklusive. Durch Zufall ist Khaled sein erster neuer Angestellter. Der Finne und der Syrer haben mehr als nur sprachliche Barrieren zu überwinden, aber ihre Gemeinsamkeiten, ihr Verständnis von Menschen und Gerechtigkeit, überwiegen.

Ein Regisseur mit Handschrift

Auf der anderen Seite der Hoffnung
Verleih: Pandora Filmverleih
Genre: Drama
Darsteller: Sherwan Haji, Sakari Kuosmanen, Ilkka Koivula
Regie: Aki Kaurismäki
Filmlaufzeit: 110 Min.
In Finnland ist die Zeit stehen geblieben. Zumindest in dem Finnland, das Aki Kaurismäki zeigt. Die Polizei arbeitet noch mit Schreibmaschinen, Hemden werden im Einzelhandel ver- und gekauft und alle wollen nach Amerika, weil es dort wärmer ist.

Kaurismäki gehört zu den Regisseuren, die eine sehr eigene Handschrift entwickelt haben: Die Figuren sind auf eine liebenswerte Art und Weise verschroben. Es wird nicht viel gesprochen, dafür umso mehr gezeigt. Die Gesichter und Haltungen der Figuren erzählen, was nicht gesagt wird. Das Licht erinnert immer ein wenig an eine Theaterbühne und die karge Ausstattung erweckt den Anschein, der Szenenbildner hätte zu wenig Budget gehabt. Aber alle Details sind genau und akzentuiert. Die Farben sind sehr reduziert. Verschiedene Blautöne bilden die Grundstimmung. Die Geschichte steht im Vordergrund und kein überladenes Szenenbild lenkt von ihr ab. Musik gibt es nur, wenn sie auch in die Handlung integriert ist. Mehrere Bands und Solokünstler treten in Bars, auf kleinen Festivals oder auf der Straße auf und spielen ihre Lieder - immer ähnlich melancholisch, wie die gesamte Stimmung des Films.

Missstände in einer verbesserungsfähigen Welt

Die Jury der diesjährigen Berlinale hat Kaurismäkis Regiearbeit für "Die andere Seite der Hoffnung" mit dem silbernen Bären ausgezeichnet. Der Regisseur selbst sagt: "Es ist ein Film, der ohne Skrupel die Ansichten und Meinungen seiner Zuschauer verändern will, indem er, um dieses Ziel zu erreichen, ihre Gefühle manipuliert. Ein solcher Versuch muss natürlich scheitern." Aber Kaurismäki scheitert nicht. Er macht auf die Entmenschlichung aufmerksam, die entsteht, wenn Erfahrungen von Flüchtlingen kategorisiert und bewertet werden. Und er macht es aus Sicht eines Landes, dass sich bisher (auf Grund seiner Lage) noch nicht mit Flüchtlingen konfrontiert gesehen hat. Dabei ist Kaurismäkis Sichtweise keine belehrende. Er nutzt seinen leisen Humor, der eher mit dem Begriff Komik zu beschreiben ist, um von seinem Blick auf die Welt zu erzählen. Ein rundum gelungener Film.



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